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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 1.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.8036#0021
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^ 2s -t-

X

XI^III. Iabrgang. München, den s5. März 1894

Nr. 3.

Bczug dec „Zeirschrifc" sammr Der „'Rilnftgewcrblicben Rundfchau": Durch den
Buchbandel, die f)ost oder die Geschafisftelle M. Schorß verlag, München, Röniginftr. 55,
Mk. s6 p. n.: die Mitglieder des Baver. Aunstgewerbe-Dereins (Iabresbeitrag Mk.)

wenn dieselben spätestens vicrzehi, Tage nach Erfcheinen der folgendcn r-7ummer
auf dem vereinssekretariat angemeldet werden.

HcrauSgebcr: Bayer. Aunstgewerbe-Verein, (f)fandhausftraße 7). — Redaktion:
prof. L. Gnielin, Luisenstraße ^8). — Druck: Anorr Sc ^irth; sämmtliche in München.
verlag: M. ^chorß, München, Aöniginstraße 55.

Singhalese,! nnf Leylon, welchc sich nach alter Nebcr-
lieferung uls Ncichkommen dcr siegreich eingedrungenen
( indischen Uricger, der Singhs, ansehen, haben in früherer

Zeit, soweit die Lchre dcs Buddhismus, der Zölibat der
Priester nnd das Aussterben der königlichen Aaste es zuließen, ein
sorgsältig gegliedertcs Aastenwosen entwickelt, wovon noch einige Reste
und Lrinnerungen namentlich in waffen und Aostümen crhalten siud.
Bclege hiezu gobcn die in diescr Nummcr abgcbildeten Stücke, welche
von Or. AI. Buchner, Lonservator des Lthnographischcn Museums in
lNünchcn, vor mehreren Zahren in Lczüon crworben worden sind.
vie Nummern ; und 2 sind im Besitz des Bayorischon Gewcrbe-
museums in Nürnberg; dic übrigen gehören dem cthnographischen
INusoum zu INünchen, in welchem etwa 20 ähnliche Stücke aufbewahrt
werden. — Sämmtliche Stücke tragcn den gleichcn Drnamentcharakter.
namentlich im Relief der lhandgriffe, an welchen die stereotypen in-
dischen verzierungen mit ihren gckräuselten Lndungen, bald mehr
rnndlich — wie an den ksorn- und Beingriffen — bald mehr scharf-
kantig — wie an den Metalltheilen — stets wiederkehren.

Das Messer auf S. 22 Fig. 2 stellt sich dar als das Aasten-
messer dcr priester. Dcr Griff ist von schwarzem gcschnitztom Bein
mit Silberbeschläge, das Derbindungsstück zwischen Griff und Alinge
besteht aus Silber mit reliesirten jdflanzenarabesken und an dcm dar-
an sich anschließenden Alingentheil ist ein seines Arabeskenbeschläge
aus gerauhtcm Grunde aufgcschlagcn. In gleicher weise ist auch
der RLcken der Alinge behandelt. Neben diesem Messer enthält
die Scheide, die ihr volles Silberbeschläge noch hat, oinen griffelartigen
Stift mit schön prosilirtem und ornamentirtem Griff.

Das Messer diente dazu, die jdalmblätter rechteckig zuzuschneiden
und der Griffcl dazu, auf dicse Blätter in frischem Zustande zu schreiben.
Solche Büchor aus Palmblättern befinden sich in fast allen größern
Nuseen und auch die Schriften darauf sind noch vielfach lesbar.

Die übrigen Messer gehören andern Aasten an. Das größte
desselben (Fig. s) besitzt einen dunkelbraunen lhorngriff, reich ge-
schnitzt und mit Silber belogt (oin Theil des obern Silberbelags ist
leider abgerissen); von Silber ist auch die Iwinge, welche den Griff
an dem im Ganzen derberen verbindnngsstück zwischen kseft und
Alinge abschließt. Das genannte verbindungsstück besteht aus Messing,
welches durch die in zierliche Schnörkel auslaufende Vrnamentirung
in Gravirung und Silber-Tauschirung verfeiert erscheint. Die Vrna-

mcnte aus dem Rücken der Alinge, in dcr singerförmigen Rinne (ncbcn
dem Rücken) und auf der ebenen Fläche des Alingonansatzes sind aus
Silber, theils getricbcn, theils gravirt; das letztgenannte Vrnament
ist unten durch eincn Nessingstreifen begrenzt.

Lharakteristisch ist diesem Messcr aber die verziernng des Alingcn-
ansatzes. Ls wurde nämlich dieser Theil mit einem Reliefornament
auf vertieft ausgeschnittenem Grund versehen und über dassclbe nach
Art der persischen Tauschirarbeiten ein dünnes Silberblech aufgeschlagen.
Das über diesem Vrnamente weiter vorlaufende Band wurde vcrtieft
ausgegraben und ebenso mit Silber eingelegt, ähnlich wie dcr Rücken
der Alinge.

Das lheft des kleinsten Messers (Fig. -1) besteht ganz aus Silber.
— Das letzte Nesser (S. 27) besitzt cinen goldig braun gedunkelten
Llsenbeingriff in reicher Schnitzeroi mit Silberauflage in der Mitte; alles
übrige Vrnament, auch das anf die Alinge tauschirte, besteht aus Messing.

Lines der interessantesten Stücke ist unstreitig der prunksäbel,
den unsere Abbildung ; zeigt. Nicht blos die Form des Griffes und
die so charakteristische Ausbildung der angebrachten Thierköpfe, sondern
noch mehr die technische Ausführung erregt nnser Lrstaunen. Der
ksauptsache nach besteht der Griff mit dom originellen Drachenkopf
aus Palmenholz; auf diesen Aern sind feingetriebene Silberxlättchen,
gegossene Messingverzierungen und kleine Nessingplättchen befestigt.
Die Schutzspange besteht aus Lisen nnd knnstvoll ausgeschnittenen Ver-
zierungen aus vertioftem Grund, auf welche wieder dünne Silberplättchen
aufgeschlagen und tauschirt sind, diese nämliche Technik sotzt sich auch
über die Verbindung der Alinge mit dem Griffe fort. Jn stilistischer
Beziehung ist die Markirung dieser vorbindung durch zwei in die
Alinge einbeißende Drachenköpfe bemerkenswerth. Der Griff des dem
Nünchenor Museum entnommenen Säbels (Fig. z) ist dekorativ ans den-
selben Llementen zusammengesetzt; er besteht indessen ganz ans Silber.

Dieso herrliche Industrie, wovon unsere Abbildungen Proben
geben, ist leider längst eingegangen; selbst Reparaturen alter Stücke
können in Leylon nicht mehr ausgeführt werden. Für unsere moderne
Jndustrie sind direkte Nachbildungen diesor Gegenstände zu Gebrauchs-
zwecken ausgeschloffen; ein tüchtiger und phantasievoller Aunsthand-
werker wird aber aus denselben die fruchtbringendsten Anregungen
schöpfen können, wenn er das stilistische Schöne von den nationalen
Ligenheiton und Iuthaten abzuscheiden versteht und Lrstores weiter-
zubilden sich bemüht.

llnAilcslK Mcffcr

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Aunstgewerbliche Rundschau Nr. 5.
 
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