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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 3.1881

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5. Heft
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26638#0078
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Praktische Notizen.

nach Zusammensetzung, optischen und marphologischen Verhältnissen
den Naturprodukten gleichkommcn, kanu man von Betrug nicht reden.
Und thatsächlich ist es gelungen, Bergkrystall, Topas, Saphir und
Rubin zu erzeugen, die vollkommen mit den natürlichen Steinen
übereiiistimmen, und fich leider nur durch winzige Größe von ihnen
unterscheiden. Da aber diese Experimente sehr kostspielig und deß-
halb auch die Produkte nicht wohlfeil sind, so muß man eben wieder
zum Alten zurückkehren und aus Glasmasse Steine verfertigen, die
in etwas den Edelsteinen gleichkommen.

Diese Glasmasse führt den Namen „Straß" und besteht aus
Kieselerde, Bleimennig, Kali, Borax und etwas Arsenik. Sie hat die
Eigenschaft, das Licht sehr stark zu brechen und zu zerstreuen. Ein
'Zusatz von Thallium vermehrt diese Eigenschaft noch bedeutend,
so daß dem Straß nur die hohe Härte der Edelsteine abgeht, um
sie vollends zu ersetzen. Der Straß ist nämlich wenig HLrter als
gewöhnliches Glas, zuweilen sogar uoch etwas weicher, weßhalb die
Kanten und Ecken der geschliffenen Masse sich leicht abnützen. Aus
obiger Grundmasse bestehen nun die farblosen Jmitationen
für Bergkrpstall, Topas und Diamant. Durch Zusatz von Zinnoxpd
erhält man durchscheinende („op alartige") und undurchsichtige
Pasten. Mit Metnlloxyden gefärbt ergeben sich aus dem Straß alle
beliebigen falschen Edelsteine vom Citrin angefangen bis zum Rubin.
Man hat daher bei der Prüfung eines Edelsteines sich immer die
Möglichkeit gegenwärtig zu halten, daß eine farblose oder gefärbte
Glasmasse vorliege.

Da alle Glaspasten so weich sind, daß sie Feuerstein nicht
ritzen, so beschränkt sich die Prüfung auf die unter II. an-
geführten Edelsteine. Einen Fingerzeig bietet der Umstand, daß man
mit Feuerstein jede Jmitation ritzen kann.

Nehmen wir nun ein besonderes Beispiel, um den Gang der
Untersuchung zu zeigen. Angenommen, wir hätten ein Kruzifix mit
gefaßten Edelsteinen, die der Tradition nach Smaragde, Saphire
und Rubine sein sollen.

Vor Allem steht fest, daß hier weder Bernstein noch Malachit
vorkomme, da letzterer undurchsichtig, ersterer gelb ist. Versuchen
wir nun, ob die fraglichen Edelsteine den Feuerstein ritzen. Zu
diesem Ende führen wir ein passendes Stück der Reihe nach mit
einigem Nachdruck über die einzelnen Steine, und beobachten nach
jedem Stein, ob er eine Ritzlinie auf dem Feuerstein gemacht. Wir
erhalten z. B. folgende Resultate:

N. 3 rothe uud 2 grüne Steine ritzen den Feuerstein.

l>. Die blauen, und die übrigen rothen und grünen äußerten
keine Wirkung.

Es steht also fest, daß entweder eine Unterschiebung, Doublirung
oder Jmitation stattgefundeu haben müsse. Verfolgen wir nun die
Untersuchung weiter. Wir nehmen eine feine englische Feile und
führen sie über die 3 rothen und 2 grünen Steine, natürlich über
eine Kante oder Ecke. Bielleicht schon mit freiem Auge, mindesteus
aber mit einer Loupe gewahren wir ein Ritzpulver, die Schärfe der
Kanten, bezm. Ecken ist verschwunden. die Rubiue haben nach-

Nr. 17.

gegeben und sich als unächt erwiesen: wir habeu weiter nichts
als Grailllten vor uus; nur die zwei Sillarastde sind
ächt. Was haben wir nun von den übrigen zu halten?

Die grünen Steine könnten sein: Chrysolith oder Straß,
die rothen: nur Straß und das gleiche auch die blauen.

Unsere Steine sind schön grasgrün, ja sast smaragdgrttn; der
Chry solith ist aber gelblich, bis bräunlichgrün: bleibt übrig Straß!

Bersuchen wir jetzt noch, ob wir mit Feuerstein die falschen
Steine ritzen können: Richtig, alle geben nach' So ist die Sache
entschieden. Von dem ganzen schönen Schmuck haben sich nur zwei
Smaragde bewährt, die Rubine wurden durch drei Granaten, die
Saphire und die übrigen Steine durch lauter Glaspasten ersetzt.

Dieser Fall ist allerdings unwahrscheinlich; denu wenn es aufs
Betrügen ankommt, so ist es vortheilhafter, gleich konsequent zu sein.
Aber uns war nur um ein Beispiel zu thun. Aus diesem geht aber
hervor, und auch die Erfahrung spricht dafür, daß namentlich rothe,
blaue und grüne Edelsteine leicht verfälscht werden, von den farb-
losen ganz abgesehen. Ueberhaupt dürfte es stets angezeigt sein,
beim Ankaufe verzierter Gegenstände möglichst vorsichtig zu Werke
zu gehen. Wenn es sich der Verkäufer nicht gefallen läßt, seine
Steine mit dem Feuerstein in Berührung zu bringen, schöpfe man
alsogleich Verdacht; es sei denn, daß derselbe aus Mangel an Kennt-
nissen über die Bedeutung einer solcheu Probe nicht hinlänglich auf-
geklärt wäre.
 
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