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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 3.1881

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3. Heft (1884)
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Zur Geschichte der kirchlichen Wandmalerei in Tirol
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Miscellen über Altarbauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.26638#0044
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Zur Geschichte der kirchlichen Wandmalerei in Tirol. — Miscellen über Altarbanten.

so daß die Soldaten nicht vordringen konnten. Hinsichtlich der
Formen ist die Gruppe des Herodes sehrAMsch und ebenso mehrere
Köpfe der Soldaten charakteristischen Ausdruckes und auch deren
Rüstungen, somie Bewaffnung sehr iuteressant für den Kunst-
forscher.

28. Gegenüber war der Traum Josephs vor der Flucht
nach Egppten dargestellt, wie nämlich der heilige Bräutigam Mariens
an einem Felsen''hingelehnt schläft und ein Engel neben ihm den
Auftrag zur eiligen Abreise vorbringt. Von diesem Vilde hat sich
nur ein kleines Bruchstück erhalten.

29. Maria breitet ihren Schutzmantel über die Kirche
aus, auf der Nordseite des Schiffes, wo wegen der darunter durch-
führenden Arkadenbogenj in das Seitenschiff, wie bemerkt, nur ein
schmaler Raum sfür Bildschmuck übrig geblieben ist. Es hat zwar
dieses Bildzmit dem uns im Chore bekannten einige Verwaudtschaft,
indessen hier ist der Schutz der.Gottesmutter viel allgemeiner gehalten,
denn ihren weißen Mantel halten die Engel über die Vertreter der
ganzen Kirche weit ausgespannt. Maria, eine kräftige, hochgewachsene
Gestalt im violetten Kleide fleht fehnsuchtsvollen, erbarmenden Blickes
emporschauend um Gnade zum himmlischen Vater, welcher auf Wolken
thronend iu Form von weißen Strahlen verdiente Strafen vernüttelst
eines Pfeilbogens zur Erde zu senden im Begriffe steht. Den Hinter-
grund bildet eine Stadt und eine Wasserfläche vor derselben. Dieß
dürfte uns vielleicht darauf aufmcrksam machen, daß dem Entstehen
dieses Votivbildes ein bestimmtes Ereigniß, ein drohender oder bereits
eingetretener Unglücksfall zu Grunde liegt. Die unten angebrachte
Jnschrift würde bestimmteren Aufschluß ertheilt haben, aber davon
sind nur einzelne Worte noch zu entziffern, z. B.: Um von gott dem
allmächtigen und Maria der mueter gottes. . . . alexander E. . —
Mit Hilfe des beigefügten Wappenschildes kennen wir doch die Stifter-

familie, nämlich die der Herren von Egen, im i5. Jahrhunderte aus
der Schweiz eingewandert. Der Stifter kniet mit seinem Söhnchen
und der Bürgermeisterhalskette geschmückt auf der einen und seine
Gemahlin mit dem Rosenkranze in den gefalteten Händen auf der
anderen Seite. Jm Allgemeinen macht diese Darstellung mit der farben-
reichen Gruppe unter Mariens Mantel eine gute Wirkung, obgleich
einzelnes wie der Kopf Mariens mit dem gleichwie in der Renaissance-
zeit hoch gestellten Heiligenschein nicht mehr den angenehmen an-
ziehenden Eindruck der früheren Bilder an sich hat.

30. Ein darunter besindliches anderes Votivbild, eine bei
den Alten so beliebte Verkündigung Mariens darstellend, spricht
uns noch etwas weniger an; die Heiligenscheine fehlen hier nun
gänzlich, hinsichtlich der Behandlung und Zeichnung ist hingegen
Einzelnes nicht ohne Werth. Dasselbe gilt von einer noch tiefer
stehenden Katharina, dem Kostüme nach ohne Zweifel ein Porträt,
dabei Jahreszahl 1500. Gegenüber ist ein Engel vor einem gothischen
Altar stehend gemalt, mit gefalteten Händen gegen das Volk ge-
wendet. Seine Bedeutung bleibt uns unbekannt.*)

31. Der Farben- und Bildschmuck an den Rippen
und Kappen des kräftig gegliederten Kreuzgewölbes
ist ein den Wänden bestens entsprechender und prachtvoller. Die
Rippen und deren Träger sind sehr hell rothviolett gehalten und
an ersteren zieht sich ein ungemein saftig gewachsenes Ornament hin
in einem etwas dunkleren rothvioletteu Tone, weiß eingefaßt und
mit weißen Lichtpartien verseheu; über eineu grüublauen Grund
hinlaufend hebt es sich prächtig von demselben ab. Die übrige Fläche
ist dunkelblau bemalt und mit vielen Goldsternen besät; einzelne

*) Ueber die ganze Westtvand brcitele sich ein großartig angelegtes GemLlde
aus, wird aber derzeit durch die spLter eingebaute Orgelempore und das Orgel-
gehause verdeckt und der Jnhalt konntc soinit bisher nicht ermittclt werdeu.

derselben sind bedeutend größer und zeigen zwischen den goldeuen
auch hochrothe Strahlen, was ihnen zu gefälliger Zierde dient. Die
Mitte einer jeden Gewölbekappe füllt ein Bildwerk aus. Die zwei
ersten Bilder zunächst am Triumphbogen stellen betende und
psa lliren d e Engel aus Wolken dar und ihnen gegenüber an der
Westfront schweben musicirende Himmelsboten. Dann kommen
die vier Evangelisten an die Reihe und merkwürdiger Weise ist
jedem derselben nebst dem bekannten spmbolischen Abzeichen ein
Hauptmoment aus dem Leben Jesu beigegeben; so dcm Matthäus der
Heiland am Kreuze, deni Blarkus Jesus als Kindlein (die Finger
auf dem Munde), deni Lukas der Auferstandene und dem Johannes
Jesus auf dem Regenbogen als Richter. Hernach folgen Johannes
der Täufer, Elisabeth, Jesus in Seinem Leiden von
Leidenswerkzeugeu rings umstarrt, Maria mit dem Kinde in
reicher Glorie, und den Abschluß bilden vier Kirchenväter. Ueber-
raschend schön, luftig und leicht macht sich die Umrahmung der
Evangelisten, des Johannes, der Elisabeth und der Kirchenväter; sie
besteht nämlich aus einer Art eines fünffarbigen Regenbogens, aber
jede verschieden, und setzt sich aus unzähligen, kleinen Plättchen zu-
sammen, die vorne abgerundet und dachziegelförmig über einander
gelegt sind. Der Erwähnung merth ist auch die reich mit zartem
Ornamente bemalte Laibung eines Fensters, in der Mitte die Brust-
bilder von Peter und Paul zeigend, eine wahre mustergiltige Arbeit.

Aehnlich reich bemalt wie das Haupt- war auch das Neb ensch iff,
bis zur Stunde konnte aber erst eine interessante Darstellung aus
dem Leben des heiligen Alexius wiederum hergestellt werden.

Zum Schlusse sei bemerkt, daß sich Maler Hintner große Mühe
gab, an allen Bildern das alte Original wieder herzustellen.

lFortsetzung folgt.)

1

I.

. n einer ganz interessanten, mit hübschen aber leider zu kleinen
Jllustrationen gezierten Broschüre zur Erinnerung an die
sechste Säcularfeier der Einweihung der Elisabethkirche in Mar-
burg beschreibt der Conservator des hessischen Geschichts - Vereins,
L. Bickell, den dortigen höchst merkwürdigen steinernen Hochaltar
und andere dort noch beftndliche oder ehemals bestandene Altäre,
d> wie folgt:

llnser Altar ist einzig in dem Reichthume und der Vollendung
des frühgothischen Ornaments, einzig vor allem in seiner Anordnung
und Construction, welche die Elemente der Reliquien und Retabel-
altäre mit denen der spätereu Wandel- (Flügel-) Altüre verschmilzt


FlsinliiNitcij.

und für Neubauten deßhalb von dem höchsten vorbildlichen Werthe
ist. Leider ist ohne genügende Abbildungen ein näheres Eingehen
ohne großen Nutzen, doch hoffe ich an geeigneter Stelle dieß dem-
nächst thun zu können. Der Altar besteht aus einer von großen
Sandsteinplatten zusammengefügten Mensa und einem hohen als selbst-
ständig charakterisirten Hinterbau. Unter beiden befindet sich ein durch
eine Treppe zugänglicher Hohlraum, entsprechend der alten ooukc^sio,
während der obere Theil der Rückwand zu drei tiefen gewölbten
Nischen ausgebildet ist, welche durch je zwei in Falzen und Friktions-
rollen hinter einander laufende Schieber verschlosseu werden konnten,
indem man letztere von dem Hohlraume aus, in welchem sich die Falze
bis zum Boden fortsetzen, emporschob und mittelst eines Systems

von Riegelu feststellte. Merkwürdiger Weise war nun eine complicirte
und für die ganze Anlage von Grund auf maßgcbende Einrichtung
getroffeu, diese Verschlüsse, wovon man sich den äußeren wohl als
gemalte Holztafel, deu inneren als eisernes Gitter zu denken hat, be-
quem herausnehmen zu können, was nur dann einen Sinu hat, wenn
man annimmt, es sei dieß regelmäßig geschehen, um etwa verschiedene
bemalte Tafeln einsetzen zu könueu, und so einen ähnlichen Effekt zu
erreichen, wie man ihn später durch mehrfache Flügel bei den darnach
genannten Wandelaltären hervorbrachte. Jn den Nischen stehen auf
hohen Sockeln dekorative Steinbilder von Heiligen und vor denselben
bietet eine an der schmalsteu Stelle 23 cuu breite Bank Platz zur Auf-
stellung des wesentlichen Jnhaltes: der Reliquiengefäße, zu deren
 
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