KÖLNISCHER MEISTER UM 1500, DIE ANBETUNG DER HL. DREI KÖNIGE
NEUERWERBUNG DES KAISER-FRIEDRICH-MUSEUMS
ERWERBUNGEN DER BERLINER GEMÄLDEGALERIE
SEIT 19 1 4
VON
EDUARD PLIETZSCH
Künstler erheben manchmal gegen die in den Museen
übliche Aufstellung der Werke nach Schulen und
Epochen Einwände. Sie finden Privatsammlungen, in
denen Gemälde nach dekorativen Gesichtspunkten durch-
einanderhängen, anregender und kurzweiliger. Gegen
diese Forderung Hessen sich mehrere stichhaltige Gründe
anführen; dass aber ein zufälliges Durcheinander guter
Werke in der That einmal ganz anregend und auf-
schlussreich sein kann, beweist die Ausstellung der
wichtigsten Gemäldeerwerbungen im Tiziansaale des
Kaiser-Eriedrich-Museums. Sie enthält deutsche, italie-
nische und' niederländische Werke aus fünf Jahr-
hunderten. Fast jedes der hier gezeigten Objekte hat
ein so persönliches und stilreines Gepräge, dass es als
in sich abgeschlossenes WerknebenSchöpfungenanderer,
gleich starker Individualitäten restlos besteht. Das
„Kircheninterieur" von Emanuel de Witte behauptet
sich zwischen einer Skizze van Dycks und einem Altar-
flügel Lorenzo Venezianos ebenso, wie eine Landschaft
von Jan Siberechts die nächste Nachbarschaft einer
Burgkmairschen „Heiligen Familie" und des grossen Ge-
mäldes „Die Venus mit dem Orgelspieler" von Tizian
verträgt.
Die weit ausladende Komposition, die repräsentative
Haltung lassen das Bild Tizians als das Hauptwerk der
kleinen Ausstellung erscheinen, als das es auch der
Bedeutung und dem Werte nach zu gelten hat (Abb.)
Das Bild tauchte aus völliger Verborgenheit vor etwa
fünf Jahren im österreichischen Kunsthandel auf. Die
Komposition war bereits bekannt. Zwei engverwandte,
auf Tizian zurückgehende Gemälde, von denen das
eine immer als Schulwerk galt, befinden sich im Prado.*)
Da auf allen drei Exemplaren der Orgelspieler andere
* Vrgl. Bode, „Amtliche Berichte", XXXIX, 93.
274
NEUERWERBUNG DES KAISER-FRIEDRICH-MUSEUMS
ERWERBUNGEN DER BERLINER GEMÄLDEGALERIE
SEIT 19 1 4
VON
EDUARD PLIETZSCH
Künstler erheben manchmal gegen die in den Museen
übliche Aufstellung der Werke nach Schulen und
Epochen Einwände. Sie finden Privatsammlungen, in
denen Gemälde nach dekorativen Gesichtspunkten durch-
einanderhängen, anregender und kurzweiliger. Gegen
diese Forderung Hessen sich mehrere stichhaltige Gründe
anführen; dass aber ein zufälliges Durcheinander guter
Werke in der That einmal ganz anregend und auf-
schlussreich sein kann, beweist die Ausstellung der
wichtigsten Gemäldeerwerbungen im Tiziansaale des
Kaiser-Eriedrich-Museums. Sie enthält deutsche, italie-
nische und' niederländische Werke aus fünf Jahr-
hunderten. Fast jedes der hier gezeigten Objekte hat
ein so persönliches und stilreines Gepräge, dass es als
in sich abgeschlossenes WerknebenSchöpfungenanderer,
gleich starker Individualitäten restlos besteht. Das
„Kircheninterieur" von Emanuel de Witte behauptet
sich zwischen einer Skizze van Dycks und einem Altar-
flügel Lorenzo Venezianos ebenso, wie eine Landschaft
von Jan Siberechts die nächste Nachbarschaft einer
Burgkmairschen „Heiligen Familie" und des grossen Ge-
mäldes „Die Venus mit dem Orgelspieler" von Tizian
verträgt.
Die weit ausladende Komposition, die repräsentative
Haltung lassen das Bild Tizians als das Hauptwerk der
kleinen Ausstellung erscheinen, als das es auch der
Bedeutung und dem Werte nach zu gelten hat (Abb.)
Das Bild tauchte aus völliger Verborgenheit vor etwa
fünf Jahren im österreichischen Kunsthandel auf. Die
Komposition war bereits bekannt. Zwei engverwandte,
auf Tizian zurückgehende Gemälde, von denen das
eine immer als Schulwerk galt, befinden sich im Prado.*)
Da auf allen drei Exemplaren der Orgelspieler andere
* Vrgl. Bode, „Amtliche Berichte", XXXIX, 93.
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