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Nr. 41.

Berlin, den 9. September 1896.

XIX. Jahrgang.


MochenKatender.
Montag, den 10. September.
Die großenTv rannen sind entstehn und
stoben schnell von dannen;
Wer aber stürzt von ihrem Tbron die hundert
kleinen Tyrannen?
Dienstag, den 11. September.
Von Mähren rübmt man bis -ur Pfalz
die Siege untrer Waffen;
Wer schafft die Feinde uns vom Hals, die
wir uns selbst geschaffen?
Mittwoch, den 12. September.
Am meisten krankt, am websten tbut und
schlägt die tiefsten Wunden
Die Rutbe, die im Uebermulb wir selbst
uns ausgebunden.


MochenKalender.
Donnerstag, den 13. September.
Es ist passirt schon manchem Mann, schon
manchem Herrn auf Erden,
Daß ihm im Haust dann und wann selbst
Freunde lästig werden.
Freitag, den 11. September.
Tie falschen Freunde sind gar schwer bienieden
zu erkennen;
Doch könnt' ich, wenn's erlaubt nur war',
sie euch beim 9!amen nennen.
Sonnabend, den 15. September.
Das „innr'eDüppel" unterlag bei Don-
bofS speiender Katze;
Jetzt gilt's dem „i n n e r n B u n d e i t a , nicht
fern vom — Leipziger Platze.
Kladderadatsch.

Hmiwrillisch-salyrische5 Mochcnfilall.

Muchergeseßsiche Unterhaltungen am herrenhäuslichen Herd.

besprochen haben sie; und wer's gelesen,
Und hätte ihre Namen nicht vernommen —
Er würde nicht so leicht dahinter kommen,
Zu welcher Zeit es eigentlich gewesen!
Nicht leicht fand' er, in welchem aller Staaten
Gedacht ward solche Weisheit und gesprochen;
Er hätte lange sich den Kopf zerbrochen,
Eh' er der Redner Vaterland errathen!
Doch wer sie tarnt, und oft schon anr grotesken
Styl dieser Herrn erlabt sich zur Genüge,
Der findet wieder die bekannten Züge
Zn ihrer Rede krausen Arabesken.
Was auch geschieht — nie geben sich die Alten
Der Satanslist moderner Zeit gefangen;
Vom Lichte, das der Welt längst aufgegangen,
Drang nie ein Strahl in ihres Busens Falten.

Vom Morgenrothe künft'ger bessrer Zeiten
Drang in dies Haus auch nicht ein matter Schimmer;
Lichtscheu verstecken sie sich hinter Trümmer
Längst überwundener Vergangenheiten.
Wer eintritt in dies Haus, lass sich genügen
An unfreiwilligen Humors Entfaltung,
An einer derben, pomm'risch-drallen Haltung;
Doch hinter sich lass er das Andre liegen!
Und hinter sich werf' er die Vornrtheile
Der sünd'gen Logik, des Verstandes Ketten!
Kann er das nicht, so eil' er sich zu retten
Vom Opferheldentod der — Langenweile.
Erheiternd Denkinal du, im neuen Staate,
Der guten alten Zeit — für deine Pforte
Weih' ich als Inschrift dir des Dichters Worte
Lasciate ogui spcranza, voi ch’eutrate!
Kladderadatsch.

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