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Schnitze. Also „jede Wahl an sich ist ein Unglück"?
Müller. Ja, eö iS 'ne edle Selbstverleugnung von diesen Herrn von
Gerlach, des so offen einzujestehen.
Schultze. Edel? Nee! Wenn er hatte edel handeln wollen, denn Halle
er ja-
Müller. Dieieö Unjlück vons Volk abwenden können — meenst du?
Schultze. So io es!

In Wien ist der letzte der Hofzwerge gestorben. So behaupten wenig-
stens Diele bei Hose, die — sich großer dünken als der Verstorbene.

Trubes Sfittfeöen.
In der Eschenheimer Gasse
Wo der Bund begraben ruht.
Hält ein altes Weiblein strickend
Vor der Thür des Hauses Hut.
Grauen herrscht dort jetzt und Oede,
Und von Schauern angesaßt
der Wandrer schnell vorüber
An dem Buntcotagspalast.
Aber drinnen tönt es manchmal
Schaurig durch die Grabesruh*,
Und die Ratten halten Kirmeß,
Und das Eulchen pfeift dazu.
Spinnen haben gute Tage.
Denn es wird dort nie gekehrt;
An vermoderten Perrüten
Nagt das Würmlein ungestört.
Ein Gespenst, daö spuken wollte,
Fing schon an dort umzugehn;
Doch ihm war cs da zu graulich.
Und es ließ sich nicht mehr lehn.
Also herrscht dort ödeS Schweigen
Nimmer tönt dort Sang und Klang;
Nur mitunter seufzt das Weiblein:
£ wie ist der Tag so lang!

In Butow, Krossen und in Straßburg in der Ukermark behaupten
die Mitglieder des Magistrats, sie seien auöerwählt worden, die neue Aera
dec Versöhnung zu schauen.
Die Bestätigung ist leider auSgeblieben.
Dü Akustük düses HörrenhauseS war mür schon lange verdöchtüg, ob-
gleuch öS ummer hüß, dü Hörren können hören, sü wollen aber nücht
hören. Wönn jödoch düse Mütglüder dör Hönkel'schen Bank dü Gesetz-
vorlage, betreffend dem Wuchergesötze, ablöhnen, so iist öS würklüch nücht
ßu verftöhen, wönn man ühncn nahe ftöht. Zwickauer.

Aelier die Wuchergesetze
sind uns folgende interessante und beherzigenswerthe Erklärungen von unserem
außerordentlichen Correspondenten in Hinterpommern zugegangen:
ES ist allerdings im Herrenhause die Vorlage über die Wuchergesetze an-
scheinend ziemlich eingebend erörtert worden; dennoch kommt cö uns vor. als
ob gerade daS Zunächstliegende den verehrten Rednern bedauerlicher Weise voll-
ständig entwischt wäre.
Wir sind keine Bücherwürmer, keine Kathederbocker. kein Phrasendrechsler.
Ohne alles weitere Brimborium legen wir dem nachdenkenden Publicum die
Frage vor: Ist es nobel, ist eö christlich, ja, ist cs auch nur einfach ehrlich,
für entliehenes Geld überhaupt Zinsen zu geben? — Nein, nein, nein! lautet
unsere Antwort auf diese Frage. Wir sollten denn deck' denken, daß der jüdische
Geldprotze sich genügen lasten könnte an dem Bewußtsein, seinen schnöden
Mammon in reinliche ritterliche Hände gebracht zu haben! Sollen durchaus
Zinsen gezahlt werden, so geschehe das in altchristlich-germanischer Weise mit
25 Procent — aus den Rücken des Juden. Hei. bei! Ist euch daö noch nicht
genug, ihr demokratischen Wucherseelen?
Dies ist unser uneigennütziges und ungeschminktes Urtbeil über die Sache,
und damit sind selbstverständlich alle weiteren Untersuchungen darüber kurzweg
abgeschnitten.
Wir wollen nur noch beiläufig etwas hinzufügen. Es ist von einer für
uns schmerzlichen Seite darauf aufmerksam gemacht worden, daß durch die
neueren tendenziös liberalen Erfindungen und Fortschritte auch der Grundbesitz
erheblich gewonnen habe. Allerdings läßt es sich nicht leugnen, daß die Butter
heutzutage mehr gilt als zur Zeit des großen Kurfürsten, daß das Schwein
einen höheren Werth hat als zur Zeit der Patriarchen. Hat nicht aber auch
hinwieder der satanische Fortschritt uns zu Ausgaben genöthigt, von denen un-
sere wackeren Vorfahren sich nichts träumen ließen? Ist nicht das Secttrinken
unter uns dermaßen aufgekommen, daß man ganze Hände voll Thaler in die
Tasche stecken muß. um sich in einen nur einigermaßen anständigen Zustand zu
versetzen? Dachte man etwa vor 300 Jahren daran, jährlich ein Paar Mor-
gen Raps in Form von Cigarren zu verbrennen? Hat sich nicht aus der Kar-
toffel daö Proletariat entwickelt. das fick' vom Schweiß der Grundbesitze,; mästet?
Oho! da haben wir euch schön in den Sumpf geritten, ibr Phrasenhelden!
ES ist ferner — wir wisten nicht mehr, in welcher Beziehung — die Rede
darauf gekommen, daß irgendwo Gold in beträchtlicher Menge gegraben wäre.
Wir fragen einfach: Wo ist daS? In ganz Hinterpommern weiß man nichts
davon. Sollten etwa die Demokraten die fraglichen Goldklumpen sämmtlich
eingesackt haben? Möglich wär' eö; wir halten aber, unter uns gesagt, die ganze
Goldgeschichte für ein abgeschmacktes Fischermärchen, welches sich der verehrte
Redner von irgend einem liberalen Lügenblatt hat ausbinden lasten.
Eo thut uns leid, sehr leid, daß Ansichten, die wir mit Abscheu bekämpfen,
bereits in maßgebende Kreise sich einzujchleichen ansangen. Wir sehen den
Staatswagen begriffen, dem Abgrunde zuzurollen. Er rolle! —

Zn Nr.249 der in Hildburghausen erscheinenden Dorfzeitung bietet
die herzogliche Amtöeinnahme „das in diesem Jahre erzielte Pech —
ausgezeichneter Oualität — mit 16 Ctr. 55 Pfd." zum Verkauf aus.
Zur Vermeidung von Jrrthümern erklären wir hiermit, daß unter obigem
Pech nicht dasjenige zu versieben ist, welches in gleicher Güte aber in ungleich
reicherem Maße unsere auswärtige Staatsleitung in diesem Jahre zu erzielen
so glücklich war, und in welches das Land hineingeritten zu haben ihr unver-
äußerliches Verdienst ist.
Mehrere Meininger.
nnctoiii(1 ifrfjc 21 n t c r fj a ff un g c n am fjerrcnfjau8firfjca
Herde.
Don dem Busch in Feuerstammen
Sprach der Herr zum gläub'gcn Heer.
Und ein andachtsvoller Schauer
Faßt die Völker rund umher.
Spricht in legitimer Flamme
Heut der Herr vom Busch sein „Nein",
Dürft' der andachtsvolle Schauer
Höchstens ein — Rundschauer sein.

Briefkasttn. Dr. R. in K., S. in Ziegenrück. L. H. in Osfenbach: Nicht recht geeignet. — B. W. in Leipzig: Nächstens. — O. R. in
Stuttgart: Soll besorgt werden. — C. W. in St. Louis: Sehr gern; wir bezweifeln aber, daß die Sächsische Regierung und speciell der König Johann
uns zu Gefallen etwa- thün werden. — v. H. in A.: Nicht neu. — R. Kr. in Leipzig: Bereits in der^vorigen Nummer abgetban. — Max V. in B.:
Zu unbedeutend. — Tb. L. in Leipzig: Nächstens, wenn auch in etwas anderer Form. — C. W. B. in S.: Zu grausam? — (5. H. in B.: Käme jetzt
etwas zu lange post festum. — H. in E.: Ist für ..Schnitze und Müller auf dem Kriegsschauplatz" benutzt. — A. R. in Constanz: Zu grob. — X. in
Greiz: Lasten wir jetzt genug sein des grausamen Spiels! — I. I. in B...sch: Gruß und Dank für die freundliche Vermahnung. — R. R. in Ham-
burg: Lasten Cie ihnen doch daS kindliche Vergnügen. — N. in Calbe: Also sämmtliche RathSmänner vor der Cholera auSgeristen? Dann ist ja
2hre glückliche Stadt gründlich deöinficirt. — „Aus der Neumark": Bei Gelegenheit. — K. in B. bei B.d: Nicht geeignet.
 
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