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Mene Steucrprojecte.
Vom Geheimen ObersinanZrath Spintifcx.
Die Reichsregicrung hat die Frage in Erwägung gezogen, ob »ich! ein
Verbot des inländischen Tabakbaues angebracht sei. Die Wirkung hiervon
wurde dm Rahmen der Beliebtheit, dessen sich der neue Kurs erfreut, be-
deutend erweitern. Zunächst würde der Tabakszoll kolossale Mehreinnahmen
ergeben, und das; diese nnscrn StaatShaushältern zu gönnen sind, dürfte
keines Beweises bedürfe». Ferner höre» alsdann die »lagen der Rancher
über das verfängliche Aroma der Pfälzischen und Ilckermärkischcn Auslese
auf, und nur edle fremdländische Tabaksorten gelangen zur Verarbeitung.
Damit wird erreicht, daß die »lagen des arme» Mannes über den schlechten
Tabak vcrslnttimcn, und getrost darf er cs wagen, sei» Kraut in Brand zu
sehen, ohne Rasenrümpfen besser gestellter Leute hcrvorzurnfcn. Der Ar-
beiter bietet fortan, ohne eine Zurückweisung befürchten zu müssen, dem
Grasen eine Cigarre an und umgekehrt, kurz die allgcincinc Zufriedenheit
verbreitet sich, und der sociale Ausgleich beginnt mit den. Anzünden der
Friedenspfeife.
Was geschieht nun mit den Ländereien, die vorher zum Anbau von
Tabak benutzt wurden?
Ten Gedanke», die Gesilde der Pfalz in Oedländcrcicn zu verwandeln,
sic unbebaut zu lassen, die Pfälzer als Cvlonisten im Posenschcn anznsiedeln
und so für den Kriegsfall im Westen die schon von Mülac begehrte Wüste
als Friedensbürgschaft zu schaffen, hat man in RegicrnngSkreisen zwar er-
wogen, aber lvicdcr fallen lassen. Es ist nämlich unzweifelhaft, daß die
Pfälzer mit dem Getreidebau großartige Geschäfte machen werden, wie alle
andern früher» TabakSbaucrn. Die frcinden Nationen werden begierig die
Gelegenheit ergreifen, ihre Tabaksprodnction zu erhöhen und das dafür
nöthige Land dem Getreide entziehen. Dadurch wird die Getreideeinfuhr
nach Deutschland abnchmcn, der Preis für das inländische Getreide steigen
und eine llcbcrprodnction von Tabak stattsindcn, die seinen Preis hcrab-
drücken muß.
Also auch nach dieser Seite hin wird für das Wohlcrgehn des Volks
schließlich gesorgt werden.
Die Rcichsfiuanztechnikcr begnügen sich übrigens nicht mit diesem ciucit
so fruchtbaren Gedanken, sondern sollen auch ein Verbot des inländischen
Weinbaues ins Auge gefaßt haben. Erhöhte Zolleinnahmen und Preis-
rückgang der ausländischen Weine werden hier sich gleichfalls mit Leichtigkeit
erzielen lassen. Es scheint dies in der That der einzige Weg zn sein, um
auch dem Arbeiter seinen Wasscrkrng mit billigem italienischem und öster-
reichischem Landwein zu füllen.
Hat man erst auf diese Weise den Anfang geniacht und haben selbst
die Conscrvativen den Nutzen einer derartigen Finanzpolitik cingesehen, so
wird nian ohne Schwierigkeiten zum Verbot des Kartoff'elbaues schreiten
können. Allerdings müßten hierbei die großen Brennereien von Rcichs-
ivegeu entschädigt werden, aber unsere Großbrcnncr sind dazu mit rühmlichst
bekanntem Opfermut!) eben so bereit wie die Rübenproduccnten, die ihrer-
seits kein Bedenken hegen, unter mäßigen Bedingungen, auf den Ban der
Rübe» zu verzichten.
Vergleichsweise.
Die russische Regierung läßt amtlich erklären, daß die von der „Swoboda"
veröffentlichten Schriftstücke gefälscht sind.
„Wenn ich Gift in ineinen Zahnen hatte, mnßtc ich ja selber sterben,"
sagte die Klapperschlange zum Kaninchen.
„Ich bin das harmloscstc Thier von der Welt," erklärte die Tarantel,
„ich reize blos zum Tanzen."
„Ich suche die scttcstcn Weiden auf, lveil Gras meine Licblingsspcisc
ist," brüllte der Löwe.
„Ich habe den Schnupfen," heulte die Hyäne, als sic beim Aufwühlcn
des Schindangers gefaßt wurde.
Ter Bischof Haffner hat auf der Katholiken-Versammliing zu Mainz
im Interesse des confessionellen Friedens allen Andersgläubigen gerathe»,
katholisch zu werden. Vielleicht entschließt sich der hochwürdigc Herr dazu,
dafür zu plädircn, daß die gcsammte Bevölkerung ohne Ausnahme Soldat
werden muß, damit die Klagen über die Hecreslastcn endlich verstummen.
Da noch immer die Analphabeten unangenehm auffallcn, empfiehlt es sich
vielleicht, das Erlernen des Schreibens zu verbieteii, damit die erwünschte
Gleichmäßigkeit hcrgestcllt wird. Es sollen auch bereits Petitionen von
Taubstummen im Umlauf sein, die ein allgemeines Sprechverbot als
wünschcnswcrth hinstcllcn. Daß die Ausübung jeglicher Musik demnächst
untersagt wird, mit Rücksicht auf die Hunde, die am Ohrcnzwang leiden,
erscheint zweifellos.
J>as Mencontrc auf dem H'amir.
von »Iiferm Augenzeugen.
An einen, Nachmittag, als cs sehr heiß war. begaben sich neunzehn
Kosaken anf den Pamir, um sich zu erfrischen; denn es ist dort gewöhnlich
kühl und die Aussicht bei klarem Horizont prächtig. ES heißt nicht z» viel
behaupten, wenn man sagt, daß nian vom Pamir aus über dreißig Kirch-
thünnc sehen würde, wäre daS Land nur einigermaßen bewohnt. Daß dem
nicht so ist, daran ist weder der Pamir schuld »och Rußland, sondern der
Kleine Daniel und die Geographie überhaupt.
Wie gesagt, »ennzch» Kosaken spazieren nach Bccudiguug des Kaffec-
skatcs auf dem Pamir, um Luft zu schöpfen. Auch darin liegt nichts Aus-
falleudcs, daß cs Kosaken ivarcn. In Rußland gibt cs viele Kosaken, jeden-
falls ivcit mehr als ncnnzchn. Selbstverständlich ivarcn die Kosaken be-
waffnet. Run, wer nur einigermaßen mit den Verhältnissen dort hinten
bekannt ist, der weiß, daß cs unbewaffnete Kosaken überhaupt nicht gibt.
Also neunzehn bewaffnete Kosaken kommen auf den Pamir. Der Zufall
will es, daß die Afghanen, die nicht weit davon ihre Buden haben, an
demselben Nachmittag gleichfalls einen Pamirbunimcl unternehmen. In
dcrNähc dcS WirthShanscS „Zum Dach der Welt", der einzigen Kneipe,
die cs überhaupt dort gibt, stößt man auf einander. Nun muß man Kosaken
und Afghanen kennen, um zu begreifen, daß es nicht bei bloßen Redensarten
bleibt. Ein Wort gibt das andere. ES kommt znm Hauen, und cs wird
derbe gehauen. Das Ende ist dies, daß die Afghanen, obgleich in der Ueber-
zahl, vom Pamir hinnntergcworfen werden. Drei Kosaken erhalten bei
dieser Gelegenheit Verletzungen. Das ist allerdings bedauernswert!), sehr
bedancrnswerth, aber die Haare brauche man sich doch nicht deshalb aus-
zuraufen und ebensowenig den Telegraphen in Bewegung z» setzen.
lind über diese einfache Rempelei schlägt Europa einen Lärm, als stände
die Welt in Flammen. Allerdings ist cs die saure Gurkcnzeit, und wer
Europa auch nur von Ansehen kennt, wundert sich nicht darüber.
Mattenrnoral.
Eine a£le E-escliicHte in neuer Norm.
Sprach da die Ratte, die voll und rund,
Zu einer andern mit tönendem Mund:
„Das viele Essen ist ungesund.
Zwar gab es Zeiten vor fünfundzwanzig
Jahren, da stand am Napf voll Glanz ich,
lind keine Butter schien mir ranzig.
Da half die Ratte emsig der Ratte,
Weil keine genug zn leben hatte,
Nur Hungrige gab eS und nicht Satte.
Die weißen Natten reichten den rothcn
Willig beim Klettern hin die Pfoten;
Gegenseitig ward Hilfe geboten.
Und die Stimmung war allgemein,
Es müffc allen, groß und klein.
Den Napf zu erklettern gestattet sein.
Aber wenn man zu Jahren kommt,
Stellt sich ein die Weisheit prompt,
Daß selber essen alleine frommt.
Magst du selber nicht mehr saufen,
Laß den Wein in die Gosse laufen:
Er ist nichts für den großen Haufen."
l'Ivoö! Ist beendet der Schmaus,
Schlägt unter allgemeinem Applaus
Ter Böttcher dem Faß den Boden ans.
Die Gerichtsbehörden sind angewiesen, über alle Klage», die wegen
Schulden mittelbarer oder unmittelbarer Staatsbeamte» angestrengt werde»,
den Vorgesetzten Behörde» derselben Mittheilnng zu niachen. Ebenso ist cS
mit den Zahlungsbefehlen zu halten, die gegen Beamte erlassen werden.
Die Nachricht von dieser Anordnnng hat viel böses Blut bei den Be-
amten gemacht, aber nur deshalb, weil man die wahren Motive nicht kennt.
Selbstverständlich werden die Behörden hierbei nur von den, Wunsche ge-
leitet, bedürftigen Beamten durch Gehaltserhöhungen und Gratificationcn
kräftig unter den Arm zu greifen. Nur um den Angestellten das peinliche
Bitten und Betteln zu ersparen, wählt man diesen indirekten Weg, einen
Einblick in ihre Verhältnisse zu gewinnen.