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98

2 SO

Zum Jubiläum der preußischen Alassenlotterie.

Laßt die Becher IMS erheben:

Hoch die Klasscnlottcrie!

Hundert Jahr bestehet sie,

Tausend Jahr noch soll stc leben

Wem das große Loos beschiedcn,
Stimm' in unsern Jubel ein;
Wer cS nicht gewann, zufrieden
Kann er auch mit wen'gcr sein.
Ja, wer auch nur. ein'gc Male
Mit dem Einsatz kam heraus,
Bei dein schäumenden Pokale
Lrech' auch er in Jubel aus!

Chor.

lind wer nichts bisher alS Nieten
Aus dem Rade zog des Glücks,
Harr' getrost des Augenblicks,

Der-ihm alles wird vergüten.

Viel verlangt von uns der Miquel,
Und sein Herz ist kalt wie Stein,

Gold und Silber, ja auch Nickel
Zieht er unerbittlich ein.

Schrecklich wäck die Steucrplage,
Längst schon unerträglich groß.
Wenn uns nicht aus bcssre Tage
Hoffen ließ ein Vicrtclloos. .

Chor.

Brüder, schlagt die Sorgen nieder.
Jauchzend zahlt die Steuern! Sie
Drücken nicht, die Lotterie
Bringt uns zehnfach alles wieder.

Hoch Fortuna, die erfreuend
Wirkt, belebend überall.

Die, willkoiunme Gaben streuend,
Hinschwebt auf krystallnem Ball.
Dieser Göttin laßt, der hehren,
Weihrauch uns und Blumen weihn.
Auf dann zu den Collecteuren,

Unsre Loose zu erneun!

Chor. •

Ha! Verrauscht ist aller Kummer,
Wenn wir einst vergnügten Sinns
In der Liste des Gewinns
Finden unsres Looses Nnnimcr.

Mögen Moralisten schimpfen.

Keinem Edlen geht das nah.

Laßt sie ihre Nase rünipsen.

Denn dazu ja ist sie da.

Uns, die patriotisch fühlen,

Stört das nicht des Herzens Ruh;
Denn der Staat will, daß wir spielen,
lind ermuntert uns dazu.

Chor.

Zankt, ihr grämlichen Philister,

Wie ihr wollt — uns läßt es kühl.
AlS moralisch ist daS Spiel
Anerkannt von dem Minister.

Leg', wer komnicn will zum Ziele,
Nicht die Hände in den Schoos!

Wer noch nie gespielt hat, spiele,
Schnell verschaffend sich ein Loos!
Bald vielleicht nnt reichen Schätzen
.Tritt Fortuna in sein Haus.

Wer besitzen will, muß setzen,

Nur wer wagt, kommt schön heraus.
Chor.

Ohne lang' euch zu besinnen,

Brüder, folget unserm Rath,

Denn ihr nützt dadurch dem Staat
Und ihr könnt vielleicht gewinnen.

rüder, singt ein Lied
der Freude,

Das de? Gegenstan-
des wcrih!

Nach so manchem
Schvicrz und Leide
ein Glückstag
uns beschert.
Hundert Jahre sind
vergangen.

Seit gcschchn die große That,

Seit in Preußen angefangen
Mit dem Glücksspiel hat der Staat.

Kkaööerad«.rtscö.

Gesucht

werden von, Colonialamt Bewerber um zehn neue Verwaltungsstellen in
Kamerun. Die Bewerbungsgesuche müssen schleunigst eingereicht werden
und von eineui ärztlichen Zeugniß über Immunität gegen Tropenkoller
begleitet sein. Auch ist das Maß der Länge und Breite beS Fußes an-
zugeben, um Vergleiche mit den Lcist'schcn Fußtapfcn zu crniöglichen.

Verlangt werden:

1. Ein in der Jnsectenkunde bewanderter Beamter, der sich auf den
Grillcnfang versteht und im Mückcnscihcn die nöthige Routine besitzt. Die
Fertigkeit, Kamele, die ihm an den Kopf geworfen werden, zu verschlucken,
ist gleichfalls erwünscht. Auch auf Körperstärke wird mit Rücksicht auf den
anstrengenden Colonialvicnst gesehen Wer ein Rhinoccros aus sich nehmen
kann, das gelegentlich vom Gouverneur losgelassen wird, erhält unbedingt
den Vorzug.

2. Ein Mann, der auch ohne llcbcrlegen das Richtige trifft und mit
Danien umzugehcn versieht.

3. Ein Wetterkundiger, der mit Flaggcnhisscn Bescheid weiß und vier-
undzwanzig Stunden vorher prophezeien kann, von wo der Wind wehen

' 4. Zwei Supcrnumecare, die im Stande sind, zwölf Stunden täglich
Tintenflaschcn auszuziehen.

6. Zwei Actenhestcr, die ein vicrzehnstündigcs Pensum bewältigen
können.

6. Drei Stenographen, die den Dialekt von Kamerun beherrschen.

Professor Or. Arthur König hat mit Hilfe eines Farbenmischapparats
eine neue Art angeborner Farbenblindhcit entdeckt. Als Vcrsuchs-
object soll der nationalliberal- Candidat Mohr im Wahlkreise Pinncberg-
Lltcnscn gedient haben. Weitere Untersuchungen stehen in Aussicht.

verdiente Anerkennung.

Wie trefflich sich alle staatlichen Institutionen in Bulgarien entwickelt
haben, zeigen vor allem die Leistungen der dortigen osficiösen Preffe, die
nach dem Abgänge Stambulows versicherte, daß Prinz Ferdinand sich
in der herzlichsten Eintracht von seinem Premierminister gcttcnnt habe.

Begreiflicher Weise finden diese Leistungen auch auswärts bei Sach-
verständigen die verdiente Anerkennung. Einer der tüchtigsten und er-
fahrensten Beamten unseres osficiösen Preß-Bureaus in der Wilhelmstraße
äußette sich kürzlich fast begeistert darüber. .Die ruhige Unverschämtheit,'
meinte er, „mit der die Collegen dort unten lügen und schwindeln, ist über
jedes Lob erhaben. Wären wir hier nicht so ausgezeichnet versorgt, so
müßte man den einen oder andern zu engagircn suchen. Es ist ein Jammer,
daß so ausgezeichnete Kräfte aus einen so engen Wirkungskreis ange-
wiesen sind!"

vr. Sigl beklagte sich ans einer Bauernversammlung zu Landsberg am
Lech, daß er bei der Debatte über den russischen Handelsvertrag durch die
Tücke des Centrums erst am vierten Tage zum Worte gekommen sei, und
zwar beim Kapitel „Schweinsborsten", worüber er allerdings nicht viel zu
sagen gewußt habe.

Das wundert uns. Jeder Schriftsteller weiß doch sonst von seiner
Feder viel und interessant zu erzählen.

In der socialdcmokratischen Partei soll sich eine antisemitische Richtung
kundgcbcn. Bebel wird für den Anstifter gehalten.

Wir glauben Letzteres nicht.- Wahrscheinlicher ist es, daß der schlauere
Singer dahinter steckt.
 
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