Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

%

2

Nur keine innern Krisen!

Der llebereifer der Canalfrennde.

Herr Vülow ist der neue Mann,

Er wird gescholten dann und wann
Und dann und wann gepriesen.

' Er' aber lächelt nur und spricht:

„Ihr kennt mein Herz noch lange nicht.
Nur keine innern Krisen!"

Das Nausen ist des Bayern Lust.

Beim Kirchweihfeste schwoll die Brust,
Die Musikanten bliesen,

Zum Schlagen hob sich jeder Arm,

Da sprach versöhnend der Gendarm:
„Nur keine innern Krisen!"

Im Lande der Ostelbier,

Da leidet Noth so mancher Herr
Von Aeckern und von Wiesen.
„Verpfändet Hab' ich meine Saat,
Auslösen mutz sie mir der Staat.

'Nur keine innern Krisen!"

„Du willst den Hausschlüssel von mir,"
So spricht die Frau, des Hauses Zier.
„Ich werde dir was niesen."

Da bleibt der Mann still im Gemach,
Er seufzt: „Der Klügere gibt nach,

Nur keine innern Krisen!"

Es sah der Kirchenbauverein
In seine Kassen still hinein,

Die manche Lücke wiesen. -
„Die Pfandbriefcourse niedrig stehn,

O hält' ich nimmer sie gesehn!

Nur keine Innern Krisen!": - •

Die schlechten Erfahrungen, die die Regierung mit der Maßregelung
der Canalgegner gemacht/ und der üble Eindruck, den sie dadurch hervor»
gerufen hat, lassen es räthlich erscheinen, den Boden für die Canal-
vorlage neu zu bearbeiten. Dazu gehört in erster Linie die Zügelung
des Uebereifers der Canalfreunde, und mit Mißfallen sind darum agi-
tatorische Versuche in den verschiedenen Ministerien bemerkt worden.
Daß kein einziger Eeheimrath es mehr wagt, sich in Wort oder Schrift
für die Vorlage auszusprechen, ist klar: jeder fürchtet den Unwillen
Irgend eines Vorgesetzten zu erregen, der vor Jahr und Tag im Land-
tage als Landrath mannhaft die Regierung bekämpft hat und nun als
Geheimer Oberregierungsrath eifrig bestrebt ist, in demselben Sinne
wie früher weiterzuwirken. Journalisten, die wegen Informationen
vorsprachen, werden mit bedauerndem Achselzucken abgefertigt und be-
deutet, ihre Kraft auf bessere Gegenstände zu verwenden, und Herr
v. Thielen selber ist Tag und Nacht beschäftigt mit der Abfassung
einer Denkschrift, worin die Unfähigkeit der Wasserbautechnikcr nach-
gewiesen wird. Sein berühmtes Wort „Gebaut wird er doch" wird
von ihm spöttisch glossirt, und mit einem neckischen „Aber wann?" wird
der Uebereifer unberufener Canalschwärmer In so köstlicher Weise ge-
dämpft, daß in den Kreisen der Conservativen bereits die Frage erwogen
wird, ob sie nicht diesmal aus Mitleid mit der Negierung und aus
Opposition für die Vorlage eintreten sollen.

Lord Roberts hat bei einer Feier, die ihm zu Ehren Im englischen
Consulat zu Funchal auf Madeira veranstaltet wurde, einem englischen
Zeitungscorrefpondenten gegenüber geäußert, er habe niemals gesagt:
„Der Krieg ist vorüber", sondern nur: „Der reguläre Krieg ist
jetzt beendet."

Sollte sich der edle Lord nicht auch in dieser Ansicht getäuscht haben?
Wie will er es sonst erklären, daß seine Generale noch immer von
den Buren reguläre Prügel bekommen?

Zu Dasbach sprach Herr Roeren schlicht:
„Ich schlug' dir gern In dein Gesicht."

Das sind zwei Centrilmsriesen!

Als man dies in der Zeitung las, .

Da wacks ein brüderlicher Spaß.

„Nur keine innern Krisen!"

Es häuft das Händlersyndlcat x.
Die schwarzen Kohlen früh und spat
In Schuppen und Remisen.

„Wir schröpfen unser Publimm,

Seid einig, einig,' einig drum.

Nur keine innern Krisen!"

Im Eifenbahnministerium hat neulich eine Conferenz von' S,
verständigen stattgefunden, um die Klagen des Publikums über die
O-Wagen zu prüfen. Man hat Wege geftinden, um diesen Klagen
gründliche Abhülfe zu schaffen. Die Commission des Finanzministeriums
schlug vor, dem gefährlichen Gedränge in den O-Wagen dadurch abzu»
helfen, daß man die Preise der Platzkarten verdreifacht/ aber die Com-
mission beschlyß. ein radicaleres Mittel. Die O-Wagen sollest künftig
V-Wagen .genannt werden. Auf diese einfache und billige Weife sind
die O-Wagen» gänzlich abgefchafft/ ein größeres Entgegenkommen kann
das Publicum nicht verlangen.

Das Hinterland von Puttkamerun erstreckt sich in Folge. neuer
Vermessungen nunmehr von Stolp bis Kiel, wodurch der grenzenlose
§ Zustand, ' der die Einfuhr französischer Bühnenwaare wie Zolas
„Todtschläger" ermöglichte, glücklich beseitigt ist. Die Häuptlinge des
Puttkanicrun - Stammes sind bekanntlich überall da in Thätigkeit
anzutreffen,' wo die heiligsten- Güter der Nation zu wahren sind, ' wenn
auch nur. im polizeitechnischcn Sinne.

Die „Mecklenburgische Schulzcistmg" hält sich über die Ritterschaft
inif, die für die Kinder der Eingesessenen nur so viel Kenntnisse im
Lesen,. Schreiben und.Rechnen nöthig hält, „als sic später im Hof-
dienst brauchen." Warum so unwillig? Die -mecklenburgischen^
Ritter schwärmen für Gleichheit, denn sie lernen ja selber nicht mehr
lesen, schreiben und rechnen, als sie im Hofdienst brauchen.

- Henrik Ibsen hat jüngst einem Ausftager geantwortet, er stehe
. ganz auf der Seite der Engländer und halte das Geschick der Buren-
republiken für wohlverdient. Die Buren hätten einst die wilden Kassern-
stämme verdrängt, jetzt geschehe ihnen einfach dasselbe von den Engländern,
die ihnen in der Kultur bedeutend über seien.

Die Zeitungey wundern sich,.daß der alte Menschenyuäler, der doch
in seinen Stücken oft für die Unterdrückten eintyitt, auf diesem Stand-
Punkt steht, aber die 'Sache erklärt sich sehr einfach: Ibsen fühlt
sich den Engländern verwandt, weil auch er schon seit langer Zeit ganz
spleenig geworden ist.

Die Engländer haben versuchsweise eingeborene Neuseeländer, die
natürlich Menschenfresser sind, nach Südaftika geschickt, um sie dort gegen
die Buren' löszulasseit.

Wir glauben- nicht,- daß England daniit Glück haben wird. Für
Leute, die an englisches Missionarfleisch gewöhnt sind, werden die Buren
viel zu zähe sein, als daß sie Geschmack an ihnen finden könnten.

Nach dem Cternberg-Proceß.

bis wir das wieder

Na, Herr Wachtmeister, das wird lange dauern,
blitzcblank kriegen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Nach dem Sternberg-Proceß
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-3 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Na, Herr Wachtmeister, das wird lange dauern, bis wir das wieder blitzeblank kriegen.
Kommentar
August Sternberg Person anlegen lassen

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stutz, Ludwig
Entstehungsdatum
um 1901
Entstehungsdatum (normiert)
1896 - 1906
Entstehungsort (GND)
Berlin

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Satirische Zeitschrift
Karikatur
Prozess
Polizeibeamter

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2008-10-22 - 2008-10-22
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Kladderadatsch, 54.1901, S. 2
 
Annotationen