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1866

Die nächsten Nuinmern des Lt. beschäftigen
sich natürlich mit den kriegerischen Ereignissen und
ihren autzerordentlichen Folgen, aber BiSmarck's
Persönlichkeit sindet bis Ende August keine bildliche
Darstellung. Der ungeheure Umschlag in der ganzen
Lage ist genngend gekennzeichnet, wenn wir das
vorige Bild mit den beiden nachfolgenden vergleiche».

— Zn Nr. 39, vom 26. August, „Ein Mis;-
verständniß", erscheint BiSmarck als der energische
deutsche Mann, der den schäbigen HandelSmann
im Westen, welcher nachträglich einen Profit sür
sich heransschlageu möchte, einfach von der Thüre
weist!

Älach Wiedererössnung des Landtages am
6. August wnrde in der Thronrede dcs Königs das

der Landesvertretung nach § 99 zustehende Recht
ausdrücklich anerkannt und demselben die Vorlage
angekündigt, durch welche die Regierung das HauS
um die nachträgliche Genehmignng (Jndemnität)
zum Etat ersuchen werde. Erst am 1. Scp-
tember ivurde im Abgeordnetenhause die Jndemnität
angenommen (mit 230 Stimmen gegen 75), aber
schon

— in der Doppelnummer 36 und 37, vom
12. August, brachte d. Blatt das nebenstehende Bild,
welches sich von sclbst erklärt.

— Jn Nr. 41, vom 9. Sept., nach der erfolg-
ten Annahme der Jndemnität, erschien das nach-
folgende Gedicht:

Der Freiheit Nlorgenröthe
Lrhebt sich, lichtbeschwingt
Des Friedens Zauberflöte
Durch alle Gauen kliugt.

Da stellcu sich die Säuger
Zu inuiitern Friedensreihöi
ttnd auch der Vogelfänger,
Iserr paxageno ein.

Zuin Dönhofsplatze wallen
Sie Alle froh und dicht;

Zu diesen heil'gen Lsallen
Rennt man die Rache nicht.
Die hundertköxf'ge kiyder
Der Zwietracht ist erlegt,

Die streckt die kalteu Gliedcr
Am Boden unbewegt.

Die Geier und die Greife,

Bie sind erstarrt zu Stein;

Des vogelfängers pfeise
csat sie geschläfert ein.

Ilnd init posaunenschallen
Löwe-Barastro spricht:

Zn diesen beil'gen Lsallen
Rennt inan die Nache nicht.

Doch von dem grünen Tische
Trklingt das süße Wort:
von deiner Stirne wische,

M Volk, die Falten fort!
kaß ab, dich zu versenken
Zn böser Tage Graus;
tösch' deines Leids Gedeuken
Und all dein Grollen aus.

Rach dem, was vorgefalleu,

Indemnitiit.

Führt Liebe mich zur pflicht!
Zn diesen heilg'en Lsallen
Uennt man die Rache nicht.

Wohl habeu wir zwei Beide
von kiebe nichts gewußt:
lvas dir geschah zu Leide,
Geschah oft mir ;ur tust.
lvas du für dich erflehtest,
Behielt ich gern für mich;

Und wie du mich verschmähtest,
So auch verschmäht ich dich.
Fortan will ich vor Allen
Dich lieben als mein Licht!

Zn diesen heil'gen bsallen
llennt man die Rache nicht.

Za, Liebe ist mir nöthig,

Die sollst du traut mir weih'n.
Zch bin dafür erbötig,

Auch dir gerecht zu sein.
vergiß, wenn ich dich schmerzte;
D schenk mir ohne Scheu
Die Liebe, die verscherzte,

Und schenk' mir deine Treu'.
Selbander laß uns wallen
Rlit heitrem Angesicht!

Zn diesen heil'gen ksallen
Rennt man die Rache nicht.

Und seht! von allen Bänken —
lver sagt, wie das geschah? —
Welch sröhlich Tücherschwenken!
Welch jubelnd lautes: Za!

Nur Fünfundsiebzig bliebeu
Da sitzen stumm und trist;

Bie wollen halt nicht lieben
Und subeln nicht zur Frist,

Zndeß der Freude Lallen
Das ganze ksaus durchbricht:

Zn diesen heil'gen Isallcn
Uennt man die Rache nicht.

Zndemnität! vergessen! —

D Wort, so brüderlich!

An ihre bserzen pressen
Die ält'sten Feinde sich:

Der Löwe und ein Zunker,

Die liegen Arm in Ülrm,

Dem Wagner deckt Lserr Duncker
Den Nlund mit Uüssen warm.
Rlan hört der Uüsse Achallen
Bis hin zum Btadtgericht!

Zn diesen heil'gen bsallen
Uennt man die Rache uicht.

Zndemnität! vergeben —
vergessen — ach! wie lang'
bsarrt manch verlornes keben
Auf dieser Worte Ulang!

Wann öffnet sich die pforte
Dem, der in Nacht versenkt ?

Dem freudenreichen Worte,

Das ihm die Freiheit schenkt? —
bsorch! Horch! Die Riegel falleii
Und eine Stimme spricht:

Zn diesen heil'gen ksallen
Uennt man die Nache nicht!

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