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Einleitung

Das Motiv des zu suchenden, verborgenen Schatzes als »das Gewünschte* oder »das
Verlorene* durchzieht seit der Entstehung der frühen städtischen Gesellschaften die
Literatur aller Kulturen und Epochen, wie Nitschke in seiner Untersuchung der
»Soziale(n) Ordnungen im Spiegel der Märchen* feststellt.1 Die ideengeschichtliche
Konstante ist der Schatz als »kostbares Gut*, das vom Mythos des Geheimnisvollen,
Verborgenen, Erstrebenswerten, mit je wechselnden konkreten Inhalten umgeben ist.
Der Schatz ist dabei immer mehr als nur ökonomisches, materielles Gut und mit den
unterschiedlichsten Formen von Erkenntnis verbunden.
Erstaunlicherweise finden sich bildliche Darstellungen der Schatzsuche nicht in
vergleichbarer Häufigkeit wie ihre literarischen Varianten.2 In der illustrativen
Ausführung überwiegt ein bestimmter Erzähltypus: in magisch-phantastisch er Umge-
bung, vor Gräbern, Ruinen oder Höhlen treten der »alte Weise« und ein oder mehre-
re Schüler, manchmal Frauen auf. Zum Repertoire gehören häufig magische Kreise
und anderes magisches Beiwerk, fast immer aber Bücher, die »Weisheit der Alten«
und das Wissen um die verborgenen Schätze enthalten.
Das Thema
In der Arbeit »Schatzgräber, Weisheitssucher und Dämonenbeschwörer« stellte sich
die Frage, ob und inwieweit einerseits eine Zuordnung der Darstellungen zu dem
rechtlichen Begriff der Schatzgräberei als »crimen magiae« ablesbar ist, und in-
wieweit andererseits das hermetische3 Naturbild, wie es sich seit Ficinos Überset-
zung der hermetischen Schriften (1463 übersetzt, 1471 gedruckt) und der darauf
folgenden gemeinsamen Rezeption hermetischer Alchemie und hermetischer Philoso-
phie entwickelte, erkennbar wird.
Der gemeinsame Einfluß hermetischer Alchemie und hermetischer Philosophie auf
die Kunst ist bisher erst vereinzelt4 untersucht worden. Er läßt sich naturgemäß in
1 Vgl. hierzu Nitschke, 1976, Bd. I, Kap. III, 2: »Das Gewünschte und das Verlorene. Frühe Städter.«
Vgl. zur Märchenforschungauch Beit, 1965.
2 Vgl. hierzu Iselin, 1938. Vgl. auch: Winter, 1925 und Hausig, 1973, s.v. »Schatz«.
3 Die Begriffe »alchemistisch« und »hermetisch« überschneiden sich, wenn es um die an Hermes
Trismegistos ausgerichtete Alchemie geht. Auch die Paracelsusnachfolge bezieht sich auf die Hermes
Trismegistos zugeschriebenen Lehren. Das Adjektiv »hermetice« benutzte Paracelsus 1528 für ein mit
»Sigillum Hermetis«, dem geheimnisvollen Siegel des Hermes, luftdicht abgeschlossenes Gefäß. Vgl.
Kluge, 1975. Vgl. hierzu den Begriff »hermetisch« in: Reckermann, 1975, Sp. 1075-8.
4 Hartlaub (1925) deutet Giorgiones »Drei Philosophen« als verschiedene Einweihungstufen einer
 
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