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VI. Dämonenbeschwörer und Exorzisten im
18. Jahrhundert
In Italien gingen die Hexenverfolgungen bereits im 16. Jahrhundert zurück.905
Cellinis Beschreibung einer Dämonen- oder gar Teufelsbeschwörung zeigt, daß die
Beschwörung böser Geister in das Repertoire von Heldentaten aufgenommen werden
konnte und nicht unbedingt als Hexerei verstanden werden mußte.
Das Interesse der Künstler am Hexenwesen und speziell an der magischen Schatz-
suche ist nicht direkt von der Veränderung der rechtlichen Situation abhängig.
Behringer wirft sogar die Frage auf, ob sich die katholische Kirche jemals dogma-
tisch vom Hexenglauben getrennt habe.906
So entstehen in Italien zu einer Zeit, als auch im übrigen Europa die Verfolgung
von Schatzgräberei als Hexerei eingeschränkt wurde, noch einmal Schatzgräberdar-
stellungen, die das Ausmaß des zeitgenössischen Gespensterglaubens vor Augen
führen.

1. Andrea Locatelli (1695-1741) <Kat. 150, Abb. 81 >
Das heute Andrea Locatelli zugeschriebene Gemälde einer Beschwörungsszene aus
der Stuttgarter Staatsgalerie könnte beinahe als überzeichnete Illustration zu Cellinis
Dämonenbeschwörung im Colosseum gelten.907 Die Dämonen haben allerdings bei
Locatelli deutlich teuflichen und hexenhaften Charakter, während Cellini seinen
Lehrling sogar tröstet, alles was er sehe sei nur »Rauch und Schatten«.908
Der Ort der Beschwörung ist nicht das Colosseum, sondern eine zerfallene Basili-
ka, die als Hinrichtungsstätte genutzt wird. Die erhaltenen Balken des Dachstuhls die-
nen als Galgen. Die Architektur setzt sich in dem steinernen Bilderrahmen fort, der
wie ein Tor Einblick in die Szene gibt und die Zahl der Schiffe der Basilika auf drei
begrenzt. Die Scheinarchitektur des Bilderrahmens ist eine Mischung aus Tor- und
Fensterrahmen. Auf einfachen Tragsteinen liegt eine Sohlbank. An den gemauert
wirkenden Laibungen wachsen Blumen mit langen glatten Blättern empor. In der
Mitte des gesprengten Giebels sitzt auf einigen unregelmäßig aufeinandergelegten
Ziegeln ein Uhu, im Volksglauben der Verkünder des Todes.909

905 Vgl. Behringer, 1987, S. 31.
906 Vgl. Behringer, 1987, S. 31.
907 Vgl. Busiri Vici, 1976, Gaunt, 1974. Abb. S. 50.
908 Goethe / Cellini, 1981, S. 136: »Diese Kreaturen sind alle unter uns, und was du siehst ist
Rauch und Schatten.«
909 Peuckert, Bächtold-Stäubli, (1936-37) 1987, Bd. 8, s.v. »Uhu«, Sp. 1291, 1292.
 
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