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Dämonenbeschwörer und Exorzisten im 18. Jahrhundert

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Ein alter, weißbärtige Magier in der Kleidung römischer Opferpriester vollzieht
mit bedecktem Haupt die Beschwörungsriten. Mit halbgeöffnetem Mund murmelt er
die Zauberformel und schlägt mit seinem Stab einen magischen Kreis mit geome-
trischen Figuren darin. Kerze, Zauberbuch, Gläser und Flaschen mit Zauberingre-
dienzien stehen am Boden. Die menschlichen Skelette und der Gehenkte gehören
offenbar zu dem Beschwörungsvorgang. Hinrichtungsstätten waren beliebte Orte für
schwarzmagische Betätigungen. So werden in einer Zeichnung Werners dem Ge-
henkten die Fußnägel abgeschnitten, die man zum Zaubern braucht. <Kat. 136,
Abb. 69 > Auch in Salvador Rosas »Hexensabbat* vollzieht sich der Hexenspuk an
einem Galgen.910 Noch 1739 erschienen in Österreich Kriegsartikel, deren § 25
lautete: »...das Höllische Laster der Hexerei wird mit dem Feuertode bestraft, sowie
alle diejenigen, die nachts unter dem Galgen vom Teufel verblendete Mahlzeiten und
Tänze halten, oder Ungewitter, Donner und Hagel, Würmer und anderes Ungeziefer
machen.*911
In Locatellis Gemälde sitzt ein Teufel in Gestalt einer Ziege912 auf dem Galgen
und »scheißt* dem Gehenkten in den Nacken. Offenbar ist der Moment geschildert,
in dem die Beschwörung des Alten zu wirken beginnt. Ein Hundeskelett scheint ins
Leben zurückzukehren und sich auf den magischen Kreis zuzubewegen. Die Begleiter
des Magiers wirken entsetzt. In dem dunkel gekleideten Mann, der in Richtung des
Betrachters blickt, vermutet man ein Selbstbildnis Locatellis.913
Hinter dem Magier, für ihn und seine Begleiter noch nicht sichtbar, tut sich in der
Außenmauer der Basilika eine dunkle Höhle auf, der Eingang zur Hölle, aus der
Teufel und Dämonen heraufbrechen. Sie werden von einer weiblichen Gestalt mit
Schlangen in den Händen und an den Hüften angeführt. Eulen, Fledermäuse und
andere tierköpfige Dämonen folgen ihr. Über der Höhle ist ein fensterartiges Loch
offen und gibt ein Stück des Himmels frei. Zu dieser Maueröffnung reitet eine
Frau914 auf einem Ziegenbock hinauf ins Freie. Zwei Affen turnen im Gebälk her-
um und deuten mit entsetztem Gesichtsausdruck auf eine Schleiereule, die in magi-
schen Kontexten als Hexe angesehen werden kann.915 Bereits bei Plinius, Ovid und

910 Vgl. Abb. in: Gaunt, 1974.
911 Soldan-Heppe, 1972, Bd. II, S. 277.
912 Vgl. zur Ikonographie des Teufels als Ziege die Hexenszene im Titelholzschnitt zu Paulus
Frisius: »Deß Teuffels Nebelkappen.« Frankfurt 1583. Abb. in: Schade, S. 1983, S. 109.
913 Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Rüdiger Klapproth, Stuttgart.
914 Vgl. Hansen, (1901), 1963, S. 321, 326. Der Hexenflug auf Ziegenböcken war auf Frauen
beschränkt.
915 Vgl. Taylor, in: Bächtold-Stäubli, (1929-30) 1987, Bd. 2, s.v. »Eule«, Sp. 1073-1079, besonders
 
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