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Das Marienleben


Abb. S7. Bildnis eines unbekannten Mannes, von 1M7
In der Gemäldegalerie zu Wien
Aufnahme I. Löwy, Wien lZu Seite 8V)

Aber die schöne Gestalt eines Engels, der in einer Wolke oben im Gemach schwebt
und kniend ein Weihrauchfaß schwingt, macht dem Beschauer offenbar, daß hier
kein gewöhnliches Menschenkind das Licht der Welt erblickt hat. Den Zeitgenossen
Dürers war die sinnbildliche Bedeutung des Weihrauches noch allgemein verständ-
lich: der Himmel betet beim Anblick dieses Kindleins, dessen Dasein die Menschen
unten menschlich begrüßen; das zur Welt gekommene Wesen wird von dem Engel
verehrt als die zukünftige Mutter des Gottessohnes. Das folgende Blatt führt
uns in die Vorhalle des Tempels, wo die Wechsler nicht fehlen, die das Bethaus
entweihen; das Heranwachsende Kind schreitet aus der Schar der anteilnehmenden
Verwandten heraus und betritt die zum Heiligtum führenden Stufen, um sich
oben, wo es von den Priestern erwartet wird, dem Dienste Gottes zu weihen. Zn
der Architektur des Tempels und seines Vorhofes hat Dürer sich bemüht, etwas
„Antikisches" — so nannte man damals dasjenige, was wir heute als Renaissance
bezeichnen — zu schaffen. Mehr gotisch als antikisch ist die Kirchenarchitektur
auf dem so einfachen und so schönen Bilde, das die Trauung der zur Jungfrau
herangewachsenen Maria mit.Joseph vor dem Hohenpriester darstellt (Abb. 47).
Das nächste Blatt zeigt Maria, wie sie, in einem weiträumigen Gemach, dessen
Decke auf stattlichen Vogenstellungen ruht, am Betpult sitzend, die Botschaft des
Engels demütig entgegennimmt. Dann folgt wieder ein ganzes Meisterwerk: die
Begrüßung von Maria und Elisabeth vor der Tür von Elisabeths Wohnung, auf
deren Schwelle Zacharias, den Besuch höflich grüßend, erscheint. Maria ist über

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