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Das Marienleben

Anschluß an die alte Legende von den Eltern Marias, mit der Darstellung, wie
das Opfer, das Joachim im Tempel darbringen will, vom Hohenpriester zu-
rückgewiesen wird, weil die Unfruchtbarkeit seiner zwanzigjährigen Ehe mit Anna
als ein Zeichen gilt, daß Gottes Fluch auf dem Ehepaare laste. Dann erscheint
dem Joachim, der sich im Kummer über diese Schande von seiner Frau getrennt
und in die Einöde zu den Hirten zurückgezogen hat, ein Engel, der ihm die Ge-
burt einer Tochter vorherverkündet. Ganz prächtig ist in diesem Bilde die Land-
schaft: die langgestreckte Halde, auf der die Schafe weiden, am Saum eines
wilden Waldes, mit Ausblick auf das fern in der Tiefe liegende Meer mit ge-


Abb. SS. Der zwölfjährige Jesus unter den Schrtftgelehrten. Gemälde von 1SVK
In der Gemäldesammlung Les Palastes Barberini zu Rom
Aufnahme Braun L Cie., Dörnach i. E. (Zu Seite S7>

birgiger Küste. Der empfangenen Verheißung zufolge in die Stadt zurückgekehrt,
trifft Joachim unter der Goldenen Pforte des Tempels, die als reicher spätgotischer
Rahmen das Bild einschließt, mit Anna wieder zusammen; während die beiden
sich in herzlicher Umarmung begrüßen, machen die in einiger Entfernung stehenden
Nachbarn — eine prächtige Gruppe — ihre Bemerkungen über die Begegnung,
und ein Bettler eilt mit Hast herbei, um die freudig bewegte Stimmung des Ehe-
paares für sich auszunutzen. Dann blicken wir in einem köstlichen Bild in die
Wochenstube, wo das neugeborene Kindlein gebadet wird, während eine Dienerin
der Mutter Anna die Suppe an das Bett bringt, an dessen Seite die alte Wärterin
eingeschlafen ist, und Gevatterinnen und Basen mit Bier und Kuchen das Ereig-
nis feiern. Das ist recht und schlecht ein Nürnberger Sittenbild aus Dürers Zeit.

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