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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1852 (Nr. 84-94)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1512#0012
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wenir Jhre Daten richtig sind, wird zwar mei» LufsaH in anderer Be-
ziehung wesentlich ergäuzt, aber dem kölner Dome am wenigsten dadnrch
geschadet. Er erseHt so durch geistige Auffassung, was ihm an mate-
rieller Grö'ße fehlt. Denn aufrichtig gestanden, wenn ich Sie nicht snr
einen so unterrichteten Mann hielte, so möchte ich an der Wirklichkeit Jhrer
Daten zweifeln. Jch habe die Fa?aden beider Dome gegenüber hangen,
fast stündlich vor Augen, und Morgens, wenn ich erwache, fällt mein
erster Blick auf eine Zeichnung des mailänder Domes, als Hintergrund
einer Darstellung des h. Karl Borromäus, der den Pestkranken beisteht;
aber dennoch wird es mir fast unmö'glich, an jene Größen zu glauben.
Doch die Sache ist sehr natürlich, vielleicht die natürlichste von der Welt;
denn der eine ist, wider die sonst für das System gültige Regel, in der
Breite gehalten, der andere strebt nach aufwärts. Die Fa?ade des mai-
länder Domes kö'nnte ihrem Style nach recht gut die Fayade eines gro-
ßen bürgerlicheu Hauses sein, die des kölner Domes kanu ihren kirch-
lichen Eharakter «nmöglich verläugnen. Wir glauben aber nicht, daß
jenes etwa bloß Zufall ist. Der mailänder Dom ist gerade das, was Zeit
und Landesverhältniß nur aus ihm machen konnten. Dasselbe dürfte ich
wohl von dem Jnnern, dem natürlich die platte Bedachung von außen
entspricht, erhärten.

Aber wir streiten dann vielleicht über Worte, und Sie sind wohl der
Mann, welchcrBegeisterung derBegeisterung entgegenseHen könnte. Damit
aber die Leser dieser Blätter die Üeberzeugung gewinnen, daß jenes bis-
her über den mailänder Dom von mir Gesagte, wenn auch meine eigen-
thümliche Empfindung, doch nicht bloß meine Meinung ist, will ich hier
das Urtheil eines bewährten Kunsthistorikers beifügen, das zwar allge-
mein gehalten, aber bei genauer AuseinanderseHung der Einzelheiten,
obgleich es auch Jhnen, verehrter Herr! gibt, was Jhnen gebührt, sicher-
lich dasselbe sagt, was ich oben bemerkt habe. Jenes Urtheil findet
sich in Kugler's Handbuch der Kunstgeschichte, Seite 571 und lautet
wörtlich so: „Bei Weitem das großartigste und merkwürdigste aller
kirchlichen Mvnumente germanischen Stylcs, welche Ztalien besitzt, ist
der Dom von Mailand, der im Jahre 1Z86 gegründet und in seinen '
Haupttheilen am Schlnsse des 15. Zahrhunderks bcendet ward. Als Leiter
des Baues werden vielfach deutsche, so wie anch niederländische und
französische Meister genannt. Der Dom hat fünf Schiffe und ein drei
schiffiges Querschiff; die Kolossalität seiner Dimensionen, daß edle Ma-
terial des durchweg angewandten weißen Marmors, der Reichthum des
decorirenden Details, das desonders an allen Lheilen des Aeußern hev
vortritt, vornehmlich aber die majestätische Schö'nhcit der Werhältniffe
der inneren Räume sichcrn ihm eine hö'chst bedentende Wirkung. Dennoch
fehlt es auch ihm an einer hö'heren organische» Durchbildung. So sind
die Pfeiler im Jnnern zwar nach deutschem Principe gegliedert, jedoch
bereits in jener unkräftigen Weise, die z. B. am prager Dome bemerk-
lich wird; so tragen sie einen mächtig schweren Capitäl-Bau, aus Labev
»akeln und plastischem Bildwerke zusammengesetzt, so fehlt es den tder
Dimension nach zwar minder bedeutenden) Oberwänden an einer mit die-
ser reichen Formation übereinstimmenden Durchbildung. Das Aeußere ist,
wie bereits angedeutet, mehr decvrativ und mit vorherrschenden Horizon-
tal-Linien behandelt. Die Fayade hat moderne Lheile und ist erst am
Schlusse des 16. Jahrhunderts beendet worden, Ler vö'llige Abschluß des
Baues erst in jüngster Zeit (unter Napoleon) erfolgt/'

Vielleicht wäre in diefem Urtheile eine Bermittlung unferer beidersei-
tigrn Ansichten ausgesprochen, wenn sie nicht der Khat nach doch weiter
aus einander gingen. Dazu fordert es die Gerechtigkeit, wenn ich nun
auch das beifüge, was derselbe und gewiß bedeutende Kunstgeschichtschrei-
ber in demselben Werke Lber den kö'lner Dom sagt. Hier heißt es näm-
lich Seite 550: „Jn vollständiger, durchaus harmonischer und höchst groß-
arkiger Entfaltuug erscheint fodann das System der germanischcn Archi-
tektur am Dome von Kö'ln, der im Jahre 1248 gegründet ward. Die An-
lage desselben folgt zunächst und ziemlich entschieden wiederum demWor-
bilde der bedeutsameren französischen Kathedralen; es ist ein fünfschif-
figer Bau, in der Mitte von einem dreischiffigen, stark vortretenden
Querschiffe durchschnitten, das Chor von jenem Capellenkranze umgeben,
welcher dem Ganzen einen reichen, vielgegliederten Abschluß gibt. Aber
die ganze Ausbildnng läßt eine ungleich höhcre Stufe Ler architektoni-
schen Entwicklung, als dafür unter den französischen Monumenten irgend
«in Beispiel vorhanden ist, erkennen: der Dom ist geradehin als das vvll-
endetste Meisterwerk der germanischen ArchiteLtur — somit als das be-
wundernswürdigste Werk aller Architektur — zu bezeichnen, wenngleich
in seiner Formenbildung, bei der höchsten Gesetzmäßigkeit Les Organis-
mus, noch immer eine gewisse Strenge, bei allem Reichthume des Details
noch immer ein eigenthümlich keuscher Ernst zu Grunde liegt. So hat
Lie Bildung der Pfeiler noch die charakteristische <und an sich allerdings
herbe) runde Grundform, die aber durch stärkere, fast frei vortretende,
Halbsäulen für LieHauptbögen, und durch kleinere für die Zwischengurte,
zum Lheil auch durch Einkehlungen zwischen denselben belebt wird.
Die Lräger der Gewölbgurte des Mittelschiffes steigen frei und «nbe-
hindert aus der Pfeilermasse empor; die Gurte und Bö'gen sclbst ent-
wickeln sich klar und bestimmt, in vollkommen geseHmäßiger Gliederung.
Die Fenster-Architektur erscheint in den edelsten Formen; die unter den
Fenstern des Mittelschiffes angeordnete Galerie ist in deren Architektur
durchaus harmonisch eingeschlossen. Dieselbe klare und durchgebildete Ent-
wicklung zeigt sich an den Kormen des Aeußern, obgleich hier die unte-
ren Strebepfeiler noch auf eine etwas massenhafte Weise gebildet sind;
zum hochsten Reichthume entfaltet sich das System der KHLrmchen über
den Strebepfeilern «nd den (zweifach gedoppelten) Slrebebö'gen. Aber
als ein fast unbegrcifliches Wunder der künstlerischen Conception tritt
uns der Entwurf der Fayade mit ihren beiden mächtigen Ähürmen ent-
gegen; im volligen GegensaHe gegen das zertheilende und trennende Ga-
leriewesen des französischen Fayadenbaues steigt hier das Ganze, unend-
lrch geglredert, aber in durchaus stetiger Entwicklung und mit unabläs-
sigem Bezuge auf den hochsten Gipfelpunct empor. Hier ist der mannig-
faltigste Wechsel der Kherle, der höchste Reichthum der Formen, und doch
nrchts Wrllkurlrches, rrrchts, was nur um seiner eigenen Bedeutung wil-
len La wäre; zugleich sind die Gesammt-Berhältnisse in der glücklichsten
Mitte zwischen Kraft und Festigkert uud zwischen leichter, aufstrsbender

Kührrheit gehalten. Das achteckige Obergeschoß erscheint hier, wenn auch
nicht als ersteS Beispiel, so doch jedenfalls zuerst in seiner vollkommene»
Ausbildung: eben so die mächtige und (wie jenes Obergeschoß) frei durch-
brochene achtseitige SpiHe. — DaS Mittelschiff des Domes hat im Zn-
nern (seiner Gesammtbreite entsprechend) eine HL'he von 161 Fuß kölni-
schen Maßes; seine Länge im Aeußeren beträgt 532 Fnß, und die Höhe
der Lhürme in ihrer Wvllendung würde eben so viel bctragen."

Kein Freund von Wortstreiten, kann ich niin meinerseits hiermit die
Acten schließen. Zch darf Jhnen, wie ich glaube, nicht erst hier die Wer-
sicherung geben, daß ich kein besonderer Liebhaber von negatrven Elemen-
ten bin, und daß r'ch deßhalb Zhre Schlußmeinung in Betreff Ler viel
kleineren Gegenwart als der einst wahrhaft großen Wergangenheit, voll-
kommen theile.

Rheindorf, am Lage des h. Cunibert, 1851.

Prisac, Pfarrer.

Dombau-Angelegerrheiten.

Um den Besuchern des Domes jederzeit oGelegenheit zu bieten, Bei-
träge für den Fortbau dessclben abzugeben, sind in dem Langhause des
Domes fünf Opferstöcke mit der Anfschrift:

Zum Fortbaue -es Domes

angebracht worden, deren Jnhalt in die Dombau-Casse fließt.

Zndem wir dem Publicum hiervon Kenntniß zu geben uns beehren,
ersuchen wir unsere verehrlichen Mitbürger, die etwa in ihrer Beglei-
tung den Dom besr'chtigenden Fremden auf diese Opferstöcke aufmerksam
zu machen und hiedurch behülflich zn sern, von der durch den Anblick
des Domes erweckten Lheilnahme reichliche Früchte zu ärnten.

Der Werwaltung s-Ausschuß
des Central-Domban-Wereins.

Kunst-Anzeige.

Der Dom ju Köln

in seiner zukünstigeu Bollendung,

nach dem ergänzten Bauplane

des Dombaumeisters, Negierungs- und Bau-Rathes
GrnA Krkedrich Zwirner.

Preisr 3 Lhaler; auf chinesischem Papier: 4 Lhaler.

Unter allen bis jeHt erschienenen grö'ßeren und kleineren Abbrldungen
des Kölner Domes ist dies unstreitig die gelungenste, authentische Dar-
stellung des herrlichsten Lempels christlicher Andacht, in welchem die re-
ligiöse und nationale Kunst ihren gemeinsamen höchsten Lriumph feiern.

In beziehen durch alle Buch- und Kunsthandlungen des Jn- und Aus-
landes.

Vorräthrg in Kd'l» ber dem Werleger Franz Carl Eisen,

Domhof Nr. t3--,
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ist erschienen und in allenBuchhandlungen, inKöln in derM. Du Mon t-
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Verantwortlicher HerauSgeber: I. I. Nelles in Köln.
CommisfionS-Verlag des Werlegers der Köln.Stg.: Jof. DuMont in Köl».
Druck vo» M. DuMont-Schauberg in Köln.
 
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