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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1852 (Nr. 84-94)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1512#0042
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Jn allen Stauden zählt Daiern viele der wärmsten Dombau-Frennde,
unter Lene» aber vor allen Marti» Joseph »on Reider in Bam»
berg genannt zu werdcn verdient. Der enthusiastische Kunstfreund, ein
rüstiger Sechsziger, ist ein durch und durch gebildeter Lrchitekt, bei wel-
chem die Lheorie selöst frisch griint, der mit einer, man darf sagen:
jungfräulicheu, heiligen Begeisterung für altdeutsche Kunst lebt und
strel^, und namentlich daß innere, noch so wenig gekannte Wesen alt-
Leutscher Baukunst lebendig erfaßt hat. Den grö'ßten Theil seines, in
jeder Ruckflcht anspruchslos, aber um so fruchtbringender wirkenden
Lebens — er ist Lehrer Les technischen Zeichnens an der bamberger LanL-
wirthschaft- und Gewerbeschule — hat er dem Studium der altdeutschen
Kunst und vorzüglich ihrer Bauweise gewidmet, und mit Opfern aller
Art, vislleicht selbst mit Entbehrungen, eine Sammlung vo» Werken
«ber diesen Kunstzweig, von Wlänen, Grund- und Aufrissen altdeutscher
Dauwerke zu Stande gebracht, die als einzig in ihrer Art bezeichnet
werden kann «nd der mehr als aufvpfernde» Liebe des Edleu für dieses,
erst seit Lem Deginne nnsereS Jahrhundcrts wieder gewürdigte, in seinen
unerreichten Werken so großartige Kunststreben das rühmlichste Zeug.
uiß gibt.

Die Ergebnisse seines unermüdlichen Bienenfleißes hat der eben so be-
scheidene als verdienstvolle Mann, eine wahre, aber seltene deutsche
Künstler-Natur, in zwei Schulprogrammen der Anstalt, an welcher er
wirkt, u»ter dem Litel: „Die Bemühungen in Erforschung der Denk-
mäler altdeutscher Baukunst, vorzüglich ihrer Bauregclu" lBamberg, ge-
druckt i» der Humann'schen Offici». 4. 1841 «nd 1847), niedergelegt.
Jn diesen Abhandlungen findet der Freund altdeutscher Kunst ein mög-
lich vollstandiges Berzeichniß aller Werke, die besonders in Deutschland,
dan» in Frankreich und England über das Wesen der altdeutschen Bau-
kunst, ihre Ornamentik u. s. w. bis znm Zeitpunct ihres Erscheinens
herauSgegeben wurden, mit höchst schätzenswerthen Andeutungen.

Gar Mancher mag sich sonst bei dem eben so leutseligen als dienstfer-
tigen Manne schon Rath geholt und Aufschlüsse gefunden haben, die cr
anderwärts vergebens suchte; gar Mancher mag sich schon mit v. Reider's
Berdiensten geschmückt haben, während dieser selbst sein hö'chstes Glück
einzig Larin findet, für die Wiederbelebung echt deutschen Kunststrebens,
für die wahre Würdigung, das Werständniß altdeutscher Bauwerke an-
regend und fö'rdernd wirken zu kö'nnen. v. Reider war es, dessen um-
sichtigen Rath der leider zu friih heimgegangene Erbauer der Uukirche
in München, Oelmüller, dei diesem einfach schönen Baue freudig und
dankbar beuutzte; v. Reider lieferte sehr schätzbare Beiträge zu dem
anerkannt tüchtigen Werke deS auch schon verstorbenen Friedrich Hoff-
stadt: „Gothisches ABC-Buch, das ist: Grundregeln des gothischen
Styls für Künstler und Werkleute", und ducch v. Reidcr's umfichti-
gen Rath unterstützt, vollendcte der Modelleur Schropp aus Erfurt auch
in Bamberg das große Dom-Modell, das, als einzig in seiner Art, jetzt
in Kö'ln bewundert wird.

Möchte sich Herr v. Reider nur veranlaßt sehen, zum wahren Nutzen
und Frommen altdeutscher Kunst, zur Förderung des wahren Berstand-
nisses ihrer Bauweise und deren Werbreitung seine eben so gründlichen
als seltenen Kenntniffe, seine mit einem so unsäglichen Zleiße gesammclten
Schätze und Erfahrungen in einem umfassenden Werke dekannt zu machen,
damit ein so überreicher Schatz nicht mit ihm verloren gehe, Lamit dem
Daterlande Gelegeuheit geboten werde, sein Werdienst um altdeutsche
Kunst kennen zu lernen und zu würdigen.

Zeder Kunstfreund, der auf seinen Wandernngen das so malerisch ge-
legcne Bamberg befucht, findet in Herrn v. Reider den leutseligsten
«nd kenntnißvollsten Eicerone. Er kennt Damberg «nd seine Geschichte
auswendig, ist bis zu den kleinsten Details mit Lem massenprächtigen
und Loch bauzierliche» Dome, dem vollendctsten Meisterwerke byzantinisch-
romanischer sauweise in Deutschland, vertraut, hat sich selbst umdeffen
Wiederherstelluugsbau iu mancher Weise verdient gemacht. Sein hö'chster
Genuß ist es, Jemandem dke Kunstgenüffe Bambergs zugänglich machen
zu kö'nnen, unter deuen als einzig und wirklich vollständig die Samm-
lung von Kupferstichen und Holzschnitten Dürer's und Cranach'S hervor-
znheben ist, welche sein Freund Heller unter feinem Beistande anlegte,
«nd die jetzt neben vielen merkwürdigeu Manuscripten, Jncunabeln und
bibliographischen Seltenheiten aufder Stadt-Bibliothek aufbewahrt wird.
Wir sind Lem Ehrenmanne für seine rührende Leutseligkeit zu ganz be-
sonderem Danke verpflichtet, der ihm hier öffentlich dargebracht sei.

Daß ein so begeisterter Freuud altdeutscher Kunst, wie Hr. v. Rsider,
auch für unsereu Dom mit Ler ganzen Gluth einer frommen Künstlerseele
schwärmt, wer sollte daran zweifsl». In seiner Sammlnng sindct man
alles, waS nur in entferntester Beziehung zu unserem Dome steht, und
außerdem viele Kuußfchätze aus der Blüthezeit Kölns, die selbst in der
Waterstadt selten.

Er zog, cin frommer Pilger, wit heiliger Sehnsucht nach dem erha-
beusten Heiligthume deutscher Kunst, unserem Dome, als der köuigliche
Protector des heilige» Waues am Sonntag den 4. Septcmber 1842 den
Grundstein zu seinem Fortbaue legte, auf dem, trotz aller Sturmwirren
der Zeit, Gottes Segeu sichtbarlich ruht. Der gottbeseelte Kunstfreund
findet darin eine glückliche Worbedeutung für den Weitcrbau, daß sich
durch Wersetzung der Zahleu 1842 merkwürdiger Weise das Jahr der
ersten Grundsteinlegung 1248 wiederfindct, diese Zahlen sich in geometri-
scher Ordnung folgen und dabei gerade Lie wichtigsten sind, deren sich
die altdeutschen Baumeister bei ihreu Entwurfen bedienten, nämlich das
4 unL 8 Ort; addirt man die Zahlen 1 und 2, so erhält man 3, so wie
drese zu 4 addirt die Zahl 7 gibt. Ernst W->

Köln. im Oetober L8LS.

Der Rame des Herrn v. Puttrich aus Leipzig ist den Dombau-
Freundcn fchon lrngst durch das großartige Geschenk dekannt, welches
derselbe in feinem Werke über die sächsischen Baudenkmäler
der Bereins-Bibliothek gemacht hat. Das Domblatt hat eine Besprechung
des Werkes durch den Unterzeichnetea und vielfache Auszüge aus dem-

selben gebracht, welche die Leser in den Stand setzen, selbstständig über
deffeu Werth ein Urtheil zu fällen*). Wenige Kenner der vaterländische»
Alterthümer sind mit solcher unermüdlichen Thätigkeit für dieselben ein-
getreten, wie Herr 0. Puttrich, der ihnen einen großen Kheil seines
Lebens und seines Bermögens gewidmet hat, und zwar zu einer Zeit, in
welcher derartige Bestrebnngen nur auf sehr geringe Anerkennung zäh-
len konnten. Es freut uns, mittheilen zu können, daß die Würdigung
des Mannes und seiner Leistungen immer allgemeiner wird, und nament-
lich auch an der Stelle eingetreten ist, von welcher aus am wirksamsten
für die Erhaltung jener Denkmäler gewirkt werden kann, dere» Er-
forschung und Beschreibung das Berdienst des Herrn v. Puttrich ist.
Die königlich sächfische Regierung hat namlich demselben das Ritterkreuz
des Albrechts-Ordens zugeordnet, und zwar Lurch eiu fehr ehrenvolles
Decret, in welchem es u. A. heißt: daß diefe Auszeichnung ihm „k»
Auerkennung der großen Berdienste ertheilt werde, welche
er sich durch fein mit seltener Aufopferung vollende-
tes Werk: ,.„Die Denkmale derBaukunst desMittelalters
in Sachsen"", für die Kunstgeschichte im Allgemeinen, wie
fur die Erweckuog einer größeren Lheilnahme an deu
Kunstdenkmälern sächsischer Wvrzeit erworben hat." Um
dieser Anerkennuug ein um so größeres Gewicht zu verleihen, ließ die
königlich sächsifche Regierung dem Herrn v. Puttrich in einer feierli-
chen Sitzung der jüngft zn Braunschweig Statt gehabten Architekteu-
Berfammlung die Ordens-Decoration durch den königlichen Ministcrial-
Rath v. Schulz überreichen. Der Beifallsrnf der aus ganz Deutsch-
land zahlreich versammelten Architekten folgte der Beglückwünschung des
königlichen CommissarS und lieferte den besten Deweis dafür, wie sehr
Letzterer aus deu Herzen Aller gesprochen hatte. Möge der geehrte För-
derer echt dentscher Kunst noch recht lange die Früchte der Saat rei-
fen sehen, die er, Schwierigkeiten aller Art gegenüber, mit so ausdau-
ernder Lpferwilligkeit bestellt hat! Es möge gestattet sein, dieser Mit-
theilung noch den Wunsch beizufügen, daß Manner sich finden möchten,
welche, im Anschluß an die Leistungen des Herrn Puttrich, für de»
ganzen Umfang unseres Baterlandes das so trefflrch Degvnnene zur
Wollendung bringeu. Die Zeit drangt, denn Tag für Tag fo zu sagen
sieht man die fchätzbarsten Ueberreste der Borzeit dem Bandalismus oder
der Werwahrlosung erliegen. A. Reichensperger.

*) Siehe das „Kölner Domblatt" 1844: Nr. 102, 107, 108, 10S, 184;
Jahrgang 184S: Nr. 20, 23, 26, 27, 33, 35, 37.

I» der Fr. Lintz'fchen Buchhandlung in Trier ist so ebenerschienen

Reichensperger, A..

Die christlich-germamsche Baukuust und ihr Verhältmß
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Friedr.-Wilhelmstraße Rr. 2—.

Werantwortlicher Herausgeber: I. Z. Nellss i» Köln.
Commissions-Werlag des WerlegerS dcr Kvln.Ztg.: Zos. DuMont in Köln.
Druck von M, DnMont-Schauberg in Köln.
 
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