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Körte, Gustav; Körte, Alfred; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Gordion: Ergebnisse der Ausgrabung im Jahre 1900 — Berlin, Band 5.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.29677#0022
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2

Kapitel I. Gescliichte Phrygiens.

aber fiir die Urzeit wertvolles Material hinzugewonnen, und die Vermehrung des
archäologischen Materials durch planmäßige Untersuchung einer bedeutenden Nekro-
pole und Ansiedlung war das Ziel unserer Arbeiten bei Pebi.

Um aber die neuen Funde richtig auszunutzen, muß zunächst der Versuch
gewagt werden, aus den versprengten Notizen der abend- und morgenländischen
Literatur einige Grundziige der Geschichte des phrygischen Volkes zu ermitteln
und damit gleichsam einen festen Rahmen zu schaffen, in den sich das durch Hacke
und Spaten gewonnene Kulturbild einspannen läßt.

An die Spitze der Untersuchung dtirfen wir die von der antiken Uber-
lieferung behauptete2, durch die moderne Sprachforschung gesicherte3 Tatsache
stellen, daß die Phryger ein indogermanischer, den Thrakern nächstverwandter
Stamm waren. Als ebenso sicher darf gelten, daß die Einwanderung der Phryger
in Kleinasien nicht aus dem Osten, sondern aus der Balkanhalbinsel erfolgte, so
wie es seit Herodot VII 73 die herrschende Ansicht im Altertum war4. Diese
Richtung des Völkerstromes ergibt sich schon aus dem von Kretschmer (S. 174)
gebührend betonten Umstande, daß »die Phryger sich von Norden her gleich einem
Keil in eine ihnen völlig unverwandte kleinasiatische Bevölkerung hineingeschoben
haben«; schwerwiegende archäologische Zeugnisse, auf die ich zurückkomme, treten
bestätigend hinzu5.

Weniger einfach ist die Bestimmung des Umfangs und der Lage von Phrygien,
denn bei den antiken Geographen herrscht hierüber eine merkwürdige Unklarheit,
die nicht weniger durch die Staatlosigkeit der Phryger in historischer Zeit, als durch
die allmähliche Verschiebung des phrygischcn Besitzstandes verschuldet ist. Da
auch die Neueren, wie Kiepert (Lehrbuch, § 102) und Thraemer (Pergamos, S. 292 fr.)
den Rattenkönig der Überlieferung nicht entwirrt haben, scheint mir ein genaueres
Eingehen auf die Frage geboten6. Die Kartenskizze zu S. 4, die ich meinem
Schüler Herrn Dr. Seippel verdanke, wird das Verständnis der geographischen und
auch der nachfolgenden historischen Erörterungen erleichtern.

2) Strabo VII 295, X 471, XII 564.

3) Vgl. vor allem Kretschmer, Einleilung in die
Geschichte der griechischen Sprache, Kapitel VII,
wo die ältere Literatur mitgeteilt wird. — Er-
staunlich ist es, daß Hugo Winclder in seiner
wertvollen Arbeit »Die Reiche von Cilicien und
Phrygien i/u Lichte der altorie/italischen Inschriften«
(Altorientalische Forschungen, zweite Reihe,
Bd. I, Heft 3) die Ergebnisse der Sprachforschung
gänzlich ignoriert.

4) Vgl. bes. Strabo VII 295, fr. 25, X 471, XII 572
(Xanthos), Arrian bei Eust. zu Dion. Perieg. 322,
Konon narr. 1. Wenn alexandrinische Dichter
Midas nach Europa kommen lassen (vgl. die
bei Abel, Makedonien vor K'önig Philipp, S. 57

Anm. 3 notierten Stellen), so ist das ohne Be-

lang.

5) In gleichem Sinne beurteilen die Frage außer
Kretschmer z. B. de Lagarde, Ges. Abh. 276,
Eduard Meyer, Geschichte des Altertums II, S. 58,
Beloch, Griechische Gesch. I 50, Ramsay, Cities
and bishoprics of Phrygia I 7, Perrot, Histoire de
l’art V, 1 ff. Die entgegengesetzte, zuerst von
Abel, Makedonien vor ICönig Philipp, 4iff. ent-
wickelte Ansicht billigten vor allen Kiepert,
Lehrbuch der alte/z Geographie, S. 103 und Duncker,
Geschichte des Altertums I4 383, neuerdings hat
sie Saussure bei Chantre, Mission en Cappadoce 167,
mit unzureicliender Begründung wieder auf-
genommen. Thraemer, Pergamos 359» entscheidet
sich nach keiner Seite.

6) VVeitaus am besten hat Eduard Meyer, Geschichte
der Troas, S. 99 ff. darüber gehandelt, aber auch
ihm kann ich nicht in allen Punkten zustimmen.
 
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