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Körte, Gustav; Körte, Alfred; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Gordion: Ergebnisse der Ausgrabung im Jahre 1900 — Berlin, Band 5.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.29677#0238
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SCHLUSSWORT.

Da, wo topographische Erwägungen, durch neue Beobachtungen während
unseres Aufenthalts in der Gegend ergänzt und im einzelnen berichtigt, die alte
Hauptstadt Phrygiens suchen ließen, ist durch unsere Ausgrabung eine städtische
Ansiedelung von beträchtlicher Ausdehnung nachgewiesen worden. Ihre Anfänge
reichen in die Zeit der ersten Besitzergreifung des Landes durch die Phryger, d. h.
mindestens die Mitte des II. Jahrtausends v. Chr. hinauf *; im Beginn unserer Zeit-
rechnung kann, wie das Aufhören der Funde beweist, höchstens noch eine dorfartige
Ansiedelung dort bestanden haben.

Daß diese Stadt in der Tat das gesuchte Gordion sei, darf als sicher gelten,
auch ohne eine direkte inschriftliche Bestätigung, deren Fehlen aus den S. 170
entwickelten Gründen nicht überraschen kann.

Wer sich den alten Mittelpunkt des phrygischen Reiches als eine von ge-
waltigen Mauern umgebene Burg nach Art Trojas gedacht hat, der wird durch die
bescheidenen Reste, welche von uns aufgedeckt worden sind, arg enttäuscht sein.
Diese sind ja freilich nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Ganzen, aber wir dürfen
ohne weiteres schließen, daß die primitive Bautechnik, welche hier, auf dem höchsten
Punkte des Stadthiigels, zu allen Zeiten beibehalten worden ist, auch in den noch
nicht untersuchten Teilen sich wiederfinden werde. Was immer ausgedehntere
Grabungen an interessanten Einzelfunden ergeben mögen, imposante Reste von
Bauwerken werden sie nicht zutage fördern. Als gewiß dürfen wir ferner versichern,
daß zu keiner Zeit eine steinerne Ringmauer vorhanden gewesen ist. Solche sind
iibrigens auch in keiner andern altphrygischen Stadt nachzuweisen (S. 153); alle
liegen gleich Gordion auf niedrigen Hügeln in derEbene (vgl. S. 15). Dem bäuerlichen,
friedlichen Charakter des phrygischen Volkes entspricht alles, was die von uns zum
erstenmale unternommene Untersuchung einer seiner Städte ans Licht gebracht hat.
Der alte politische Mittelpunkt des Landes war auch deshalb fiir eine solche Unter-
suchung besonders geeignet, weil hier während der zweiten Bliitezeit des Landes
unter den römischen Kaisern städtisches Lebcn nicht mehr bestanden hat.

Die im Kapitel I gegebene Darlegung, daß erst lange, ein halbes Jahrtausend
oder mehr nach der Einwanderung die Phryger sich zu einem Nationalstaat zusammen-

') Zu dem S. 6 ff. mitgeteilten Beweismaterial für
die frühe Einwanderung der Phryger in Klein-
asien möchte ich jetzt noch die interessanten
Funde hinzufügen, die Degrand in Thrakien ge-
macht hat. Nacli Coliignons kurzem Bericht
Comptes Rendu de l’ Acad. des Inscr. 1903, S. 81 ff.

miissen die Tumuli bei Jamboli dem von Bos-
öjük in vieler Hinsicht verwandt sein, nur sind
sie nicht Einzelgräber, sondern Massengräber;
meine Erklärung der flachen Tumuli bei Salonik
(s. S. 8) wird hierdurch bestätigt. [A. K.]
 
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