Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Körte, Gustav; Körte, Alfred; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Gordion: Ergebnisse der Ausgrabung im Jahre 1900 — Berlin, Band 5.1904

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29677#0263
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Anhang.

237

der kleinen, von Prof. Körte mitgebrachten, zum Teil mit Lehmerde verunreinigten
Substanzprobe noch ein Quantum derselben Substanz, aber aus größeren Tiefen des
Gefäßes, zu untersuchen. Prof. Körte hat diese Kontrollportion aus Konstantinopel
lcommen lassen. Sie stimmt in ihrer Zusammensetzung mit der erstgenannten überein,
nur ist sie nicht durch hineingefallene Lehmerde verunreinigt und bildet etwas größere
Klumpen.

Welche Deutung sollen wir nun dieser Substanz geben? Ohne Frage ist es
ein gefärbtes Fettgemisch gewesen, welches durch das oftmalige Ilineingelangen
des Grundwassers in die nur schwach gebrannte Amphora genau dieselben LFm-
wandlungen erlitten hat, wie das Fett einer Leiche im Wasser oder im feuchten
Boden, d. h. es ist eine teilweise Umwandlung der Neutralfette in freie Fett-
säuren und dann in fettsaure Salze, d. h. in Leichenwachs, erfolgt. Der dazu
nötige Kalk wurde von dem Grundwasser geliefert, welches dafiir das abgespaltene
Glycerin mit fortschwemmte.

Forschen wir nun in den Schriftstellern des Altertums nach, welches Fett
hier wohl vorgelegen haben kann, so kommt kaum ein anderes in Betracht als die
zuerst von Hippokrates als »Kuhquark« beschriebene und neben dem »Pferdekäse«
erwähnte Butter, ßoutupov, asiatischer Stämme und speziell auch der Phryger. Da
sie im vorliegenden Falle wohl nicht als Nahrungsmittel, sondern als äußerliches
Kosmetikum dienen sollte, wurde sie gefärbt, um ihr ein schönes Ansehen zu geben.
Für quarkartige Butter spricht auch das bröckelige Gefüge unseres Präparates, während
ausgeschmolzener Talg yon vornherein ein festes Ganze gebildet haben und noch
heute bilden würde. Wir haben es hier also vielleicht mit der ältesten Butter
der Welt zu tun. Daß Fette sich so lange halten können, beweist eine Reihe
2000—3000 Jahre alter Ricinussamen aus altägyptischen Grabstätten, welche ich
der Liebenswürdigkeit des ägyptischen Museums in Berlin verdanke. Einige derselben
habe ich chemisch und physiologisch untersucht. Während der furchtbare Giftstoff
der Ricinussamen, das Ricin, da es eiweißartiger Natur ist, selbstverständlich durch
sogenannte Autolyse im Laufe der Jahrtausende längst zersetzt ist, wie ja auch bei
dem Mumienweizen der Keimling stets autolytisch zersetzt gefunden wird, ist das
Ricinusöl unserer Samen noch leicht darstellbar und nur wenig ranzig. Gerade
so wie das Ö1 der Ricinussamen hat auch die phrygische Butter zwei und
ein halbes Jahrtausend hindurch sich gehalten und nur durch das Grund-
wasser eine teilweise Umwandlung in Leichenwachs erlitten.
 
Annotationen