jene Fremdlinge geneigte Rücksicht zu nemmen pflege, die solche wegen ganz besonderer
Geschicklichkeit in dieser oder jener Arbeit, welche nicht bald einer oder nur wenige der
hiesigen Bürgers Söhnen mit gleicher Künstlichkeit verfertigen können, verdienen, so wer-
de man auch im gegentheiligen Befund einem um das BürgerRecht Supplicierenden in sei-
ner Arbeit minder geschickten Fremdling mit solchem Gesuch jederzeit abzuweißen von
selbsten bedacht seyn, so wie mit nämlichem Petito ersagter Weindel, zumahlen derselbe
nach dem vorgeben einer Ehrsamen Goldschmieds Profession für ein die hiesige Bürgers
Söhne in der Arbeit ganz nicht übertrefendes somit keines Vorzugswürdiges Subject zu hal-
ten seyn, abzuweißen ist.
Expost erscheinet obbenamßter Weindel mit der Anfrage, da ihme von der ehrsamen Gold-
schmieds Profession die Verfärtigung seines bereits in des Herrn Oberachtmeisters Behau-
sung angefangenen Prob Stücks (das ursprüngliche Wort „Meisterstück“ wurde gestrichen)
niedergeleget worden seye, wie er sich nun zu verhalten habe. Hierauf wurde ihme Weindel
vorstehendes resolutum eröfnet, mit dem Beyfügen, daß ihme zwar sein angefangenes
Prob Stück in einem PrivatHauß vollends auszuarbeithen und wohllöbl. Magistrat zur An-
sicht vorzulegen unverwehret sei.634 Zwei Monate später präsentierte Weindel dem Rat sein
„Probstück“ verbunden mit der Bitte um Aufnahme ins Bürgerrecht und um Erlaubung der
Hochzeit mit der dahiesigen BürgersTochter Johanna Kolbin. Der Rat war über die Arbeit
so verblüfft, daß sein Erstaunen in die Worte gefaßt wurde: wird das vorgewiesene Prob-
Stück so zierlich und künstlich (das ursprüngliche Wort „gut“ wurde gestrichen) bearbeithet
erfunden, daß wohllöbl. Magistrat sich nicht entsinnen waißt, von einem Bürgers Sohn je-
mahls ein besseres Stück gesehen zu haben; weßtwegen dann ihme Weindel die Hochzeit
mit Johanna Kolbin erlaubt und das Bürger Recht gegen Erlegung der gebühr ertheilet
wird.635
2.2.5. Frauen
Obwohl Frauen seit der Neuzeit bis in die Zeit der Industrialisierung keinen Handwerksbe-
ruf erlernen oder Mitglied im Handwerk sein durften, spielten sie doch im Gewerbeleben, so
auch im Goldschmiedehandwerk, eine wichtige Rolle. Sie erscheinen in den Archivalien als
„Goldschmiedin“, „Goldschmiedswitwe“, „Goldschmiedstochter“ oder als „Goldschmieds-
magd“.
„Goldschmiedin“
Diese Bezeichnung ist irreführend, da es keine gelernte Goldschmiedin als Pendant zum ge-
lernten Goldschmied gab. „Goldschmiedin“ wurde die Ehefrau des selbständigen Gold-
schmieds genannt, und wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, durfte ein unver-
heirateter Meister keine eigenständige Werkstatt betreiben. Somit mußte es in reichsstädti-
scher Zeit neben einem Goldschmied normalerweise auch immer eine Goldschmiedin gege-
ben haben, Ausnahmen bildeten dabei die älteren Witwer.
Wie zahlreiche Eintragungen in den Archivalien belegen, war die Ehefrau des Gold-
schmieds nicht nur für die Haushaltsführung und Kindererziehung zuständig, sondern viele
von ihnen betrieben das, was man heute als ,Management’ bezeichnen würde. Während der
634 (Sta Gd) RP 1784, 27. Mai 1784, S. 23.
635 (Sta Gd) RP 1784, 29. Juli 1784, S. 35 a.
126
Geschicklichkeit in dieser oder jener Arbeit, welche nicht bald einer oder nur wenige der
hiesigen Bürgers Söhnen mit gleicher Künstlichkeit verfertigen können, verdienen, so wer-
de man auch im gegentheiligen Befund einem um das BürgerRecht Supplicierenden in sei-
ner Arbeit minder geschickten Fremdling mit solchem Gesuch jederzeit abzuweißen von
selbsten bedacht seyn, so wie mit nämlichem Petito ersagter Weindel, zumahlen derselbe
nach dem vorgeben einer Ehrsamen Goldschmieds Profession für ein die hiesige Bürgers
Söhne in der Arbeit ganz nicht übertrefendes somit keines Vorzugswürdiges Subject zu hal-
ten seyn, abzuweißen ist.
Expost erscheinet obbenamßter Weindel mit der Anfrage, da ihme von der ehrsamen Gold-
schmieds Profession die Verfärtigung seines bereits in des Herrn Oberachtmeisters Behau-
sung angefangenen Prob Stücks (das ursprüngliche Wort „Meisterstück“ wurde gestrichen)
niedergeleget worden seye, wie er sich nun zu verhalten habe. Hierauf wurde ihme Weindel
vorstehendes resolutum eröfnet, mit dem Beyfügen, daß ihme zwar sein angefangenes
Prob Stück in einem PrivatHauß vollends auszuarbeithen und wohllöbl. Magistrat zur An-
sicht vorzulegen unverwehret sei.634 Zwei Monate später präsentierte Weindel dem Rat sein
„Probstück“ verbunden mit der Bitte um Aufnahme ins Bürgerrecht und um Erlaubung der
Hochzeit mit der dahiesigen BürgersTochter Johanna Kolbin. Der Rat war über die Arbeit
so verblüfft, daß sein Erstaunen in die Worte gefaßt wurde: wird das vorgewiesene Prob-
Stück so zierlich und künstlich (das ursprüngliche Wort „gut“ wurde gestrichen) bearbeithet
erfunden, daß wohllöbl. Magistrat sich nicht entsinnen waißt, von einem Bürgers Sohn je-
mahls ein besseres Stück gesehen zu haben; weßtwegen dann ihme Weindel die Hochzeit
mit Johanna Kolbin erlaubt und das Bürger Recht gegen Erlegung der gebühr ertheilet
wird.635
2.2.5. Frauen
Obwohl Frauen seit der Neuzeit bis in die Zeit der Industrialisierung keinen Handwerksbe-
ruf erlernen oder Mitglied im Handwerk sein durften, spielten sie doch im Gewerbeleben, so
auch im Goldschmiedehandwerk, eine wichtige Rolle. Sie erscheinen in den Archivalien als
„Goldschmiedin“, „Goldschmiedswitwe“, „Goldschmiedstochter“ oder als „Goldschmieds-
magd“.
„Goldschmiedin“
Diese Bezeichnung ist irreführend, da es keine gelernte Goldschmiedin als Pendant zum ge-
lernten Goldschmied gab. „Goldschmiedin“ wurde die Ehefrau des selbständigen Gold-
schmieds genannt, und wie bereits im vorangegangenen Kapitel erwähnt, durfte ein unver-
heirateter Meister keine eigenständige Werkstatt betreiben. Somit mußte es in reichsstädti-
scher Zeit neben einem Goldschmied normalerweise auch immer eine Goldschmiedin gege-
ben haben, Ausnahmen bildeten dabei die älteren Witwer.
Wie zahlreiche Eintragungen in den Archivalien belegen, war die Ehefrau des Gold-
schmieds nicht nur für die Haushaltsführung und Kindererziehung zuständig, sondern viele
von ihnen betrieben das, was man heute als ,Management’ bezeichnen würde. Während der
634 (Sta Gd) RP 1784, 27. Mai 1784, S. 23.
635 (Sta Gd) RP 1784, 29. Juli 1784, S. 35 a.
126