Die frühesten Zeugnisse berichteten in erster Linie von auswärtigen Händlern, die Rohmate-
rial, meist dubioser Art, nach Gmünd brachten, um es hier verarbeiten zu lassen, und ver-
mutlich war es gerade diese Dubiosität, die die auswärtigen Händler veranlaßte, nach
Gmünd zu kommen, denn die Gmünder Goldschmiede genossen bekanntlich seit Ende des
17. Jahrhunderts einen zweifelhaften Ruf, was die Qualität ihrer Produkte anbelangte (vgl.
Kapitel B. 2.1.7. Das „Mittel“ und das „Schauamt“ als Kontrollorgane?). So verwundert es
auch nicht, daß vor allem zwielichtige Gestalten als Auftraggeber auftauchten, von denen
die Goldschmiede meist nicht einmal die Namen wußten, wie im Falle des Goldschmieds
Jakob Mayer, der 1694 41ötige „silberne“ Ringe an einen Ihme ohnbekannten vom Bodensee
herunderkommenen mann, welche sie also verlangt habe, verkauft habe.1288 Interessant an
diesem Beispiel ist auch die Tatsache, daß der Unbekannte die Ringe teilweise in Gmünd an
eine hiesige Umträgerin weiterverkaufte, die sie sodann einem Frembden um 45 xr wider-
umben verkauffet. Wenn man bedenkt, daß jeder der Beteiligten aus dem Handel einen Ge-
winn ziehen wollte, so ist leicht vorzustellen, wie gering der Preis war, für den der Gold-
schmied die Ringe gefertigt hatte.1289
Bis 1770 war es meist allgemein üblich, daß auswärtige Händler den Gmünder Goldschmie-
den entweder Aufträge erteilten (vgl. Kapitel C. 3.2. Auftraggeber) oder direkt bei ihnen
Ware bezogen. Dabei spielten Händler aus Augsburg sowohl als Auftraggeber (vgl. Kapitel
C. 3.2. Auftraggeber) als auch als Vertreiber1290 eine wichtige Rolle. So ist zum Beispiel be-
merkenswert, daß zwischen 1724 und 1796 - mit Ausnahme weniger Jahre1291 - ausschließ-
lich Händler aus Augsburg Gmünder Silberwaren nach Altötting lieferten: von 1724 bis
1736 Franz Anton Mezger (die „Ladlrechnungen“ der Jahre 1737 bis 1742 fehlen), danach
bis 1765 übernahm seine Witwe die Handelsgeschäfte, und von 1766 bis 1796 hieß der
Händler Johann Wolfgang Mayrhofer.1292 Leider geben die Archivalien keine Auskünfte, ob
die Händler ihre Waren direkt bei den Gmünder Goldschmieden kauften, oder ob sie diese
über einen Kauf- oder Handelsmann bezogen, was nach Verabschiedung eines diesbezüg-
lich lautenden Dekrets vom 20. Februar 1770 vorgeschrieben war1293. Damit wurde den
Gmünder Goldschmieden jeglicher Kontakt mit der „Außenwelt“ und mit ihren Einflüssen
verwehrt: Ihr einziger Ansprechpartner blieb der Gmünder Kauf- und Handelsmann, und auf
sein Wohlwollen waren sie angewiesen.
1288 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 13. Juli 1694, S. 101.
1289 Ähnlich ist auch der Fall der Gmünder Umträgerin Salome Mayerin, die 1695 ,Geschäftsbeziehungen’ zu ei-
nem frembden Kerl pflegte, der in Augsburg gekauftes Bruchsilber in Gmünd geringlötig verarbeiten ließ
und ihr die Ware zum Teil verkaufte (Sta Gd, RP 1689 bis 95, 28. April 1695, S. 120 a).
(Sta Gd) RP 1702 bis 07, 11. Januar 1702, S. 9. Ein mann von Nesselwang, welcher Ehedessen Einige
Pfundt metall mit Einem Silberstich alhör etlichen Goldtschmidten zue verarbaithen gebracht, wurde be-
straft.
1290 (Sta Gd) RP 1707 bis 11, 17. Dezember 1709, S. 154. Der Goldschmied Jakob Mayer verkauft seine Waren
an den Augsburger Händler Jakob Mezger.
(Sta LB) Bestand 178 Bü 123 (S. 823), 10. April 1715. Der auf Filigran spezialisierte Goldschmied Philipp
Hartmann fordert von demselben Augsburger Händler Jakob Mezger die Bezahlung seiner Waren.
1291 (AAö) AR 1480, „Ladlrechung“ von 1725. Der Gmünder Goldschmied Johann Debler belieferte neben dem
Augsburger Händler Franz Anton Mezger den Wallfahrtsladen.
AR." 1484 bis 1486, „Ladlrechnungen“ von 1755 bis 65. Der Handelsmann Franz Debler aus Gmünd beliefer-
te neben der Witwe des verstorbenen Händlers Franz Anton Mezger aus Augsburg den Wallfahrtsladen.
1292 (AAö) AR 1480 bis 1490, „Ladlrechnungen“ von 1724 bis 1796.
1293 (Sta LB) Bestand 178 Bü 121 (S. 800). Dekret vom 20. Februar 1770. Auswärtige Händler dürfen ihre ge-
wünschten Silberwaren nicht mehr direkt beim Goldschmiede kaufen, sondern müssen diese ausschließlich
über Gmünder Handels- und Kaufleute beziehen.
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rial, meist dubioser Art, nach Gmünd brachten, um es hier verarbeiten zu lassen, und ver-
mutlich war es gerade diese Dubiosität, die die auswärtigen Händler veranlaßte, nach
Gmünd zu kommen, denn die Gmünder Goldschmiede genossen bekanntlich seit Ende des
17. Jahrhunderts einen zweifelhaften Ruf, was die Qualität ihrer Produkte anbelangte (vgl.
Kapitel B. 2.1.7. Das „Mittel“ und das „Schauamt“ als Kontrollorgane?). So verwundert es
auch nicht, daß vor allem zwielichtige Gestalten als Auftraggeber auftauchten, von denen
die Goldschmiede meist nicht einmal die Namen wußten, wie im Falle des Goldschmieds
Jakob Mayer, der 1694 41ötige „silberne“ Ringe an einen Ihme ohnbekannten vom Bodensee
herunderkommenen mann, welche sie also verlangt habe, verkauft habe.1288 Interessant an
diesem Beispiel ist auch die Tatsache, daß der Unbekannte die Ringe teilweise in Gmünd an
eine hiesige Umträgerin weiterverkaufte, die sie sodann einem Frembden um 45 xr wider-
umben verkauffet. Wenn man bedenkt, daß jeder der Beteiligten aus dem Handel einen Ge-
winn ziehen wollte, so ist leicht vorzustellen, wie gering der Preis war, für den der Gold-
schmied die Ringe gefertigt hatte.1289
Bis 1770 war es meist allgemein üblich, daß auswärtige Händler den Gmünder Goldschmie-
den entweder Aufträge erteilten (vgl. Kapitel C. 3.2. Auftraggeber) oder direkt bei ihnen
Ware bezogen. Dabei spielten Händler aus Augsburg sowohl als Auftraggeber (vgl. Kapitel
C. 3.2. Auftraggeber) als auch als Vertreiber1290 eine wichtige Rolle. So ist zum Beispiel be-
merkenswert, daß zwischen 1724 und 1796 - mit Ausnahme weniger Jahre1291 - ausschließ-
lich Händler aus Augsburg Gmünder Silberwaren nach Altötting lieferten: von 1724 bis
1736 Franz Anton Mezger (die „Ladlrechnungen“ der Jahre 1737 bis 1742 fehlen), danach
bis 1765 übernahm seine Witwe die Handelsgeschäfte, und von 1766 bis 1796 hieß der
Händler Johann Wolfgang Mayrhofer.1292 Leider geben die Archivalien keine Auskünfte, ob
die Händler ihre Waren direkt bei den Gmünder Goldschmieden kauften, oder ob sie diese
über einen Kauf- oder Handelsmann bezogen, was nach Verabschiedung eines diesbezüg-
lich lautenden Dekrets vom 20. Februar 1770 vorgeschrieben war1293. Damit wurde den
Gmünder Goldschmieden jeglicher Kontakt mit der „Außenwelt“ und mit ihren Einflüssen
verwehrt: Ihr einziger Ansprechpartner blieb der Gmünder Kauf- und Handelsmann, und auf
sein Wohlwollen waren sie angewiesen.
1288 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 13. Juli 1694, S. 101.
1289 Ähnlich ist auch der Fall der Gmünder Umträgerin Salome Mayerin, die 1695 ,Geschäftsbeziehungen’ zu ei-
nem frembden Kerl pflegte, der in Augsburg gekauftes Bruchsilber in Gmünd geringlötig verarbeiten ließ
und ihr die Ware zum Teil verkaufte (Sta Gd, RP 1689 bis 95, 28. April 1695, S. 120 a).
(Sta Gd) RP 1702 bis 07, 11. Januar 1702, S. 9. Ein mann von Nesselwang, welcher Ehedessen Einige
Pfundt metall mit Einem Silberstich alhör etlichen Goldtschmidten zue verarbaithen gebracht, wurde be-
straft.
1290 (Sta Gd) RP 1707 bis 11, 17. Dezember 1709, S. 154. Der Goldschmied Jakob Mayer verkauft seine Waren
an den Augsburger Händler Jakob Mezger.
(Sta LB) Bestand 178 Bü 123 (S. 823), 10. April 1715. Der auf Filigran spezialisierte Goldschmied Philipp
Hartmann fordert von demselben Augsburger Händler Jakob Mezger die Bezahlung seiner Waren.
1291 (AAö) AR 1480, „Ladlrechung“ von 1725. Der Gmünder Goldschmied Johann Debler belieferte neben dem
Augsburger Händler Franz Anton Mezger den Wallfahrtsladen.
AR." 1484 bis 1486, „Ladlrechnungen“ von 1755 bis 65. Der Handelsmann Franz Debler aus Gmünd beliefer-
te neben der Witwe des verstorbenen Händlers Franz Anton Mezger aus Augsburg den Wallfahrtsladen.
1292 (AAö) AR 1480 bis 1490, „Ladlrechnungen“ von 1724 bis 1796.
1293 (Sta LB) Bestand 178 Bü 121 (S. 800). Dekret vom 20. Februar 1770. Auswärtige Händler dürfen ihre ge-
wünschten Silberwaren nicht mehr direkt beim Goldschmiede kaufen, sondern müssen diese ausschließlich
über Gmünder Handels- und Kaufleute beziehen.
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