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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0287
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katholische Gmünd1530, mit Ausnahme der Kirchenämter, übertragbar ist. Zur ersten Klasse
gehörten unter anderem sämtliche Ratsmitglieder, Konsulenten, Advokaten im Ratsdienst,
die Physici ordinari (Ärzte),1531 1532 zur zweiten Klasse der Ratssekretär und -Schreiber, der Re-
gistrator, die Steuerschreiber, die außerordentlichen Ratsadvokaten, der Archivar, die Doc-
tores und Licentiaten der vier damals bekannten Universitätsfakultäten (Theologie, Philoso-
phie, Rechtswissenschaften und Medizin), der Umschlags-Expeditor, der Spitalverwalter,l?32
zur dritten Klasse die äußeren Ratsmitglieder und der Vormundschreiber,1533 zur vierten
Klasse die niederen Ratsbediensteten,1534 zur fünften Klasse der Apotheker, der Buchdruker,
die niederen Spitalbediensteten, Musikanten, Ratsdiener, die Gold- und Silberschmiede,
Künstler und Zuckerbäcker, zur sechsten Klasse die Wirtsleute und die übrigen ehrbaren
Handwerker, und zur siebten Klasse Fuhrleute, Tagelöhner, Hausgenossen und Beisitzer1535.
Zur Aufrechterhaltung der Standesunterschiede und zur Kennzeichnung der Gesellschafts-
klassen dienten die Kleiderordnungen, die exakt Schnitt, Material und Preis der Kleidung
und der Accessoires reglementierten. So durften zum Beispiel Kaufleute, die in der würt-
tembergischen Polizeiordnung von 1712 zur sechsten Klasse gehörten,1536 an ihrem Körper
Geschmuck auf einmahl (. . .) tragen im Wert von 100 fl, während sämtliche ehrbaren
Handwerker und Gastwirte der siebten Klasse äusser Granaten/ Corallen/ güldenen Ringen
von schlechtem Wehrt/ und anderen geringen Sachen/ sonst alles Geschmacks sich zuent-

1530 Albert Deibele beschrieb in seinem Aufsatz „Rangstreitigkeiten in der alten Reichsstadt“ (in: Gmünder Hei-
matblätter 1937, S. 58 bis 59) eine Rangfolge für Frauen nach der städtischen Ämterfolge ihrer Ehemänner,
die beim kirchlichen Opfergang Gültigkeit hatte, ohne jedoch die Quelle dafür anzugeben. Die Reihenfolge
sah wie folgt aus: 1. Die Frau Amtsbürgermeisterin, 2. die Frau, so im Amte folgt, 3. die Frau, die aus dem
Amte kommt (gemeint sind damit die Frauen der drei Bürgermeister, wobei an erster Stelle die Frau des am-
tierenden Bürgermeisters stand, an zweiter Stelle folgte die Frau, deren Ehemann der nächstjährige Bürger-
meister sein wird und an dritter Stelle die Frau, deren Ehemann im vergangenen Jahr das Amt innehatte), 4.
die Frau Amtsoberstättmeisterin, 5. die Frau Oberstättmeisterin, 6. die Frau Syndicus, 7. die Frau Ratskon-
sulentin, 8. die Frau Doktorin 1. Physika!, 9. die Frau Doktorin 2. Physikat, 10. die älteste Frau Stättmei-
sterin, 11. die jüngere Frau Stättmeisterin, 12. die ganz junge Frau Stättmeisterin, 13. die älteste Kassiere-
rin, 14. die zweitälteste Kassiererin, 15. die drittälteste Kassiererin, 16. die Senatorin, 17. die Frau Amts-
vögtin in Spraitbach, 18. die Frau Amtsvögtin in Bargau, 19. die Frau Spitalmeisterin, 20. die Frau Grät-
meisterin, 21. die Frau Steuerschreiberin, 22. die Frau Registratorin, 23. die älteste Kanzellistin, 24. die
jüngere Kanzellistin, 25. die Frau Visierin, 26. die Frau Organistin, 27. des Kantors Frau, 28. des Wacht-
meisters Frau, 29. des Accesisten Frau, 30. des Spitalschreibers Frau, 31. des Kassierschreibers Frau, 32.
die Ober- und Achtmeistersfrauen, 33. die Ratsdieners Frau, 34. des Stättmeistersdieners Frau, 35. des
Schrankschreibers Frau, 36. des Mehlwaagschreibers Frau, 37. beide Stadtknechtsfrauen (S. 59). Die Be-
zeichnungen „älteste“ oder „jüngere“ sind nicht als Altersangabe zu verstehen, sondern sie beziehen sich auf
die Dienstjahre des Ehemannes.
1531 In Schwäbisch Hall zählten außerdem dazu die Pfarrer der beiden Hauptkirchen St. Michael und St. Kathari-
na und der „Archidiakon“. Im Gegensatz zum katholischen Gmünd, wo es eine weltliche und eine kirchliche
Obrigkeit gab, wurden im evangelischen Hall die kirchlichen Ämter vom Konsistorium besetzt, das in der
Mehrzahl aus Ratsmitgliedern bestand.
1532 In Schwäbisch Hall auch die übrigen Stadtpfarrer und die höheren Haalbediensteten (Verwaltung der Salz-
quelle).
1533 Der Äußere Rat war in Schwäbisch Hall ein meist aus Handwerkern bestehendes beratendes Gremium, das
bei Steuerfragen, städtischen Grundeigentumsfragen und bei Fragen des Stadtrechtes mit hinzugezogen wur-
de, aber dem eigentlichen Rat („Innere Rat“) untergeordnet war. Einen „äußeren Rat“ gab es in Gmünd nicht.
1534 In Schwäbisch Hall außerdem die niederen Kirchen- und Haalbediensteten, z. B. Organisten.
1535 Beisitzer, Beisassen oder Schutzverwandte waren Einwohner eines Territoriums, die nicht das volle Bürger-
recht besaßen, z. B. auch Juden. Hausgenossen waren die Dienstboten.
1536 (HsA Stgt) A21 Nr. 224. Unter Herzog Eberhard Ludwig erlassene Polizeiordnung von 1712 für das Herzog-
tum Württemberg. Diese Ordnung umfaßte mehr Klassen und war in einem höheren Maße differenziert als
die aus Schwäbisch Hall. Zitiert nach BISCHOFF-LUITHLEN 1982, S. 151 bis 155.

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