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Vorwort

Der Pinsel war das Hauptinstrument des mittelalterlichen Buchmalers,
mit dem Federkiel wurden vor der Verbreitung des Letterndrucks die
Bücher geschrieben: Gemeinsam stehen beide im Titel dieses Bandes,
weil er eine Einführung in die mittelalterliche Buchmalerei ist und da-
mit eine Kunstgattung vorstellen will, in der die Malerei eine au-
ßergewöhnliche Synthese mit dem Medium Buch eingegangen ist. In
keiner Epoche hat diese Einheit aus Schrift und Bild eine so große Rol-
le gespielt wie dem europäischen Mittelalter; umgekehrt spiegelt sich
das Mittelalter in kaum einer Kunstgattung so deutlich wie in der
Buchmalerei. Um diesen inneren Zusammenhang an jedem Punkt
deutlich werden zu lassen, haben wir es nicht darauf angelegt, eine rein
kunstimmanente und vollständige Übersicht über die gesamte Buch-
malerei zu bieten (was im Rahmen des vorgesehenen Umfangs auch
ganz aussichtslos gewesen wäre). Stattdessen haben wir als Schwer-
punkt dieser Einführung eine Geschichte der Buchmalerei angelegt
(Kap.III), in der wir Schlaglichter auf ausgewählte Buchmalereigruppen,
Produktionszentren und Handschriften werfen. Dadurch können wir
die illuminierten Bücher zugleich als Kunstwerke und als Momente
ihres kulturellen und historischen Kontexts zeigen. Wir haben über
dem Interesse an kulturellen und historischen Prozessen aber nicht
vergessen, dass Pinsel und Federkiel in den Händen lebender Men-
schen gelegen haben: Wo immer wir konnten, lassen wir die Einzelper-
sonen sichtbar werden, die diese Bücher und Buchmalereien geschaf-
fen, sie benutzt, ja mit ihnen gelebt haben. Eine große Rolle werden
daneben selbstverständlich die Bücher spielen, in denen die Buchmale-
reien zu finden sind: Die Buchtypen und ihre unterschiedliche Be-
nutzungsfunktion, auch ihr sich im Lauf der Zeit wandelnder
Stellenwert sollen vorgestellt werden. Die wichtigsten Hand-
schriftentypen sind zudem in mehreren Infokästen noch ein-
mal genauer dargestellt.
Wir wollen zudem daran erinnern, dass die Maler wie
auch die Besitzer und selbstverständlich die späteren
Sammler der Bücher Augenmenschen waren, die
diese Buchmalereien sahen, sich von diesen beein-
drucken ließen, in ihnen zu lesen versuchten, sie
mit anderen Kunstwerken verglichen und sich von
ihnen inspirieren ließen. Deswegen haben wir ein
Element in unsere Darstellung gebracht, das man
schnell unter Stilgeschichte verbuchen könnte, das
aber viel mehr sein soll, nämlich (auch) eine An-
leitung zum Sehen, die nicht nur die Darstellungs-


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