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uch und Bild
im Mittelalter


1. Äußere Form und
kulturelle Funktion
Die Buchmalerei ist wie keine andere Kunstgattung
mit einer einzigen historischen Epoche verbunden:
Sie gehört ins Mittelalter, wie umgekehrt das Mit-
telalter ohne Buchmalerei nicht das Mittelalter
wäre, das wir zu kennen glauben. Hierher gehören
doch dicke, von der Zeit benagte Folianten, in de-
nen sich kleinteilige und farbenfrohe Bilder finden,
die offensichtlich keinen Anspruch auf genaue Dar-
stellung der Außenwelt erheben? Erwarten wir
nicht daneben Texte in altertümlicher, oft kaum les-
barer Schrift, deren mühselige Herstellung in einem
dunklen Gewölbe man sich dank der spärlichen Be-
leuchtung auf den Mittelalterausstellungen gut vor-
stellen kann (auch wenn diese in Wirklichkeit durch
konservatorische Auflagen erzwungen wird)? Der
Laie wird sogar ahnen, was er heute kaum noch
selbst erfahren kann: Diese alten Bücher fühlen sich
nicht an wie moderne Bücher oder wie überhaupt
irgendetwas aus dem heutigen Gebrauch; sie haben
sogar ihren ganz eigenen, fremdartigen Geruch.
Und obwohl wir inzwischen alle wissen, dass die
meisten Vorstellungen über „das" Mittelalter und
die damaligen Schreibstuben oft allzu romantisch
sind, ist es nicht zu leugnen, dass Buchmalereien
und handgeschriebene Bücher sinnlich erfassbare
Reste einer entschwundenen Welt sind. Aber ganz
untergegangen ist diese Welt gerade nicht, denn sie
ist sichtbar unsere eigene Vergangenheit, unser Mit-
telalter, in dem vieles geformt wurde, was es heute
noch gibt: die Universitäten und Städte, die Klöster
und Kirchen, aber nicht zuletzt die Bücher in Block-
form und eine Welt voller Bilder.

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