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hergestellt werden. Schwarze Farbe, die man in ers-
ter Linie für starke Konturen benötigte, erhielt man
durch Verkohlung tierischer Stoffe und Verrußung
von Öl und Harz. Schwarz ist auch die Grundfarbe
der Schrifttinte, mit der allerdings auch gezeichnet
und konturiert werden konnte. Lichtechte, wasser-
feste Tinte wurde aus der Rinde des Schlehendorns
gewonnen, die mehrfach aufgekocht, mit Wein ein-
gedickt und in Pergamentsäckchen getrocknet wur-
de. Beim Schreiben wurde die trockene Substanz
mit Wein wieder angelöst und durch Zugabe von
Eisen oder Ruß farblich variiert. Weniger gebräuch-
lich waren während des Mittelalters Tinten aus Ruß
und Gummi. Schwarze, lichtempfindliche, aber
wasserfeste Eisengallustinten waren hingegen von
der Antike bis ins 20. Jahrhundert gängig. Diese
Tinten wurden aus Eisensulfat, Galläpfeln und Rin-
den hergestellt und mit Wasser, Wein und Gummi
gebunden. Nachteilig wirkten bei diesen Tinten die
Metallsalze, die zum Tintenfraß führen und sowohl
Papier als auch Pergament zerstören.
Der Farbklang der Deckfarbenmalerei wurde
durch die Edelmetalle Gold und Silber kontrastiert.
Wie unvollendete Codices, beispielsweise das Evan-
geliar aus Mönchengladbach des Hessischen Lan-
desmuseums in Darmstadt (Inv.-Nr. AE 680) be-
legen, wurden Metalle noch vor der farbigen Aus-
gestaltung der Seite aufgebracht. Da sich Silber aber
durch Oxidation schwarz verfärbt, ist die ursprüng-
liche Wirkung solcher Seiten manchmal nur noch
zu erahnen, wie etwa beim Maria Laacher Sakra-
mentar, dessen ornamentierte Rahmen und Figuren
in Gold und unterdessen teilweise verfärbtem Sil-
ber appliziert sind (vgl. Abb.46, 47). Bis um 1200
wurden die Metalle in erster Linie als Metalltusche,
d.h. in pulverisierter und mit Gummi oder Eiweiß
gebundener Form verarbeitet (vgl. Abb.31). Erst
danach setzte sich die Applikation von Blattgold
und Blattsilber auf einem farbig vorbereiteten Un-
tergrund mithilfe von Eiklar als Haftmittel durch.
Die farbige Vorbereitung des Untergrunds intensi-
vierte den Farbwert des Goldes, Rot beispielsweise
verlieh dem Gold einen wärmeren Ton, und diente
außerdem als Poliergrund. Nachdem das hauch-
dünne Blattmetall aufgelegt war, wurde es mit ei-
nem Tierzahn oder einem Achat poliert, wobei Ris-
se entstehen konnten, die der farbige Untergrund
nivellierte. In gotischen Handschriften finden sich
oftmals punzierte Goldgründe, d.h., mit Punkt-
stempeln wurden florale oder geometrische Muster
in die Metallauflage, die dafür auf einem dickeren
Gipsgrund aufgebracht werden musste, eingedrückt

(vgl. Abb.62, 63, 66). Auf den Goldauflagen wur-
den außer Punzierungen noch weitere Techniken
der Gold- und Silberschmiede imitiert, etwa die
Niellotechnik. Daneben konnte Pinselgold oder
-silber verwendet werden sowie preisgünstigere Er-
satzmaterialien aus Kupfer, Bronze oder Zinn. Um
vor allem Gold- und Silberauflage vor Abrieb zu
schützen, wurden bereits im Mittelalter kleine
Stofftücher eingenäht, die aufgrund ihrer vorhang-
ähnlichen Funktion lateinisch als „velum" bezeich-
net werden (vgl. Abb.69). Vergleichbar dazu wer-
den aus konservatorischen Gründen heute Seiden-
papiere in die Handschriften eingelegt.
2. Layout, Text und
Buchschmuck
Ein mittelalterliches Buch, ob einfache Gebrauchs-
handschrift oder repräsentativer Prachtcodex, ist
zwar immer als Überlieferungsträger eines be-
stimmten Textes von Bedeutung, die materiellen
Aspekte, das Layout der Seiten, die Gestaltung der
Schrift und das Verhältnis von Text, Initialen, Bild
und dekorativen Buchmalereien tragen jedoch ganz
wesentlich zu seinem Wert als historischem Doku-
ment bei und machen es oft sogar zum künstleri-
schen Monument. Dabei ist die Ausführung sowohl
vom Anspruch einer Handschrift als auch von der
jeweiligen Entstehungszeit, von den Arbeitsmetho-
den und Traditionen des Skriptoriums, von der
Menge des unterzubringenden Textes und von der
jeweiligen Vorlage abhängig. Schon beim Einrich-
ten der Lagen wurde das Layout der Buchseiten
bestimmt, indem vor allem die Begrenzung des
Schriftraums und die Anzahl der Spalten und der
Zeilen festgelegt wurden. Um einen einheitlichen
Schriftspiegel mit gleichen Zeilenzahlen und Zei-
lenhöhen innerhalb einer Handschrift zu erreichen,
wurden Markierungspunkte bei aufeinandergeleg-
ten Bögen durchgestochen. Diese teilweise noch an
den Seitenrändern mancher Handschriften erhalte-
nen Punkturen (vgl. Abb. 10) wurden dann mit
einem Lineal verbunden. In Handschriften des frü-
hen Mittelalters sind es Blindlinien, also ins Perga-
ment gedrückte Linien, während ab dem 12.Jahr-
hundert mit Metallstiften und später auch mit
dünner Tinte liniert wurde. Auch der Platz für Il-
lustrationen konnte im Zuge dieses Arbeitsschrittes
festgelegt werden, indem etwa Bildrahmungen ge-
zogen wurden. Der Schreiber sparte diese Stellen
dann aus. Dort wo in einem späteren Arbeitsgang

nAus Skrip-

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• torium und
Werkstatt
 
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