Gero erscheint jedoch in den Miniaturen nur als
einfacher Priester, dem nicht nur das Pallium über
den Schultern, sondern auch die Dalmatik unter der
Kasel fehlt. Das bedeutet, dass Gero sein Evangelis-
tar schon gestiftet haben muss, bevor er 969 zum
Erzbischof aufstieg. Hatte Gero, der sächsische
Adlige, damit den übrigen Domgeistlichen bewie-
sen, dass er die nötigen materiellen Ressourcen mit-
brachte, um dieses Amt auszufüllen?
Stiftungen liturgischer oder devotionaler Hand-
schriften durch (zumeist adlige) Laien, Männer wie
Frauen, hat es das ganze Mittelalter hindurch gege-
ben. Doch ab 1200 nahm die Zahl von solchen Auf-
trägen immer mehr zu, die dann im Privatbesitz
blieben. Für die meisten profanen Handschriften
wie den Münchener Tristan (Bayerische SB, Cgm51,
vgl. Abb.54) kann man das ohnehin vermuten, ob-
wohl es auch hier die Ausnahme gab, dass ein Klos-
ter ein solches Buch anschaffte. Ein weltlicher Stif-
ter konnte mit seinem Bild in der gespendeten
Handschrift erscheinen, zwar selten noch im frü-
hen Mittelalter, häufiger dann im späten. Damit ließ
sich das Eingedenken der Zelebranten für die Zu-
kunft sichern, in der es für die Verstorbenen darum
ging, durch Fürsprache die Last der Sünden zu er-
leichtern. Auf uns wirkt es dabei seltsam und wenig
fromm, wenn selbst in Gebetbüchern, die für den
eigenen Gebrauch angeschafft wurden, die Bilder
der Stifter oder der Stifterfamilien erschienen, so
etwa die Familie De Quartes in ihrem Stunden-
buch-Psalter Hs 1963 (Abb.4). Diese offensichtlich
begüterte Familie aus der zum Reich gehörenden
Diözese Cambrai konnte sich die qualitätsvollen
Miniaturen eines Malers aus dem Umkreis des Meis-
ters der Maria von Burgund leisten. Dass solche
Kunstwerke dazu dienten, sich selbst und die Um-
welt zu beeindrucken, stand für die Auftraggeber
nicht im Widerspruch zum eigenen religiösen Ver-
ständnis. Und so ist die Familie hier in und vor ei-
ner Marienkapelle im Gebet zu sehen, die vielleicht
mit noch größeren Kosten von ihr in der Cambre-
ser Kathedrale oder einer anderen Kirche eingerich-
tet worden war.
Erheblich stiller und demütiger ging im Ver-
gleich der in Köln ansässige Johannes Rinck vor.
Der reiche Tuchhändler Rinck bestellte die zwei-
Mitglieder der Familie De Quartes vor und in einer
Marienkapelle. Stundenbuck aus dem Umkreis des
Meisters der Maria von Burgund, Diözese Cambrai,
um 1490. Hs 1963, fol. 168r (18,3 x 12,3 cm).
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fflunpitylB^ta Ihorn
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tt^portuo ep®fo»k&1umur ifylint
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IIImrario oaumrquos
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ffl&fflitos eadj^m mnlfflifä
^cp^u6@fiföi fipnufä^cnata:
01^06 foianaftipmümottuoffiig
tt!ibfflii06fiüteu mos uniobisptt^m
nmi^iltt ingtam.&OTc %!atctir^6
OirtiRiWifa poßmmqfi eqiiii firmelt
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fotyongR tgrotanotie fiah&iepatö
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möiii 0)1116 wo uoim röfcnRm.unpmno
lic b^utttui ^1011101116 uolmumii.
mafaMiw) rhin^Rbolns buigara IDI
no^bia uomUbete^qtfgiOTffdanä
!fflicrönoiia@,offiiiii,b^
tmfönnmfmgiRiinnirmhmratmrc
fernphamos ifo fiii,faRth Ebener
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M^&t^pime trqebiRuu r@ no
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i^imrago wbrtictipb^madia
bttiw.i^os legier mtimfä)morra
twinmsoforalio ittipir.^friff^
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RbRurtuimitmihiQuDui fogmamröfir
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M 6102 fatomotiiß-
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flAbTOt^a übapur
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pabola ttm@manont.& %irautte
mgmata muiffimmhm ph^pw l^piene,
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,^brn^niu ftreputme^^^^
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Vorwort und Beginn der Sprichwörter Salomos.
Zweiter Band der Marienforster Bibel, Köln, vor
1452. Hs 812, fol. Ir (38,5 x 27 cm).
bändige Bibel Darmstadt Hs 1950 und Hs 812 kurz
vor 1452 bei der Kölner Corpus-Christi-Kanonie,
die sich, wie in der Reformbewegung der Windes-
heimer Kongregation nicht unüblich, aus asketi-
schen Gründen der Handschriftenvervielfältigung
widmete. Schon die Auswahl des Skriptoriums war
offensichtlich Programm. Wie man in der Bibel
sieht (Abb.5) und wie es ebenso aus anderen Hand-
schriften bekannt ist, sorgten die Reformkanoniker
auch für eine Ausschmückung der Bücher mit Or-
namentik. Rinck kaufte die Bibel aber nicht für
19 2. Entstehungs-
umfeld und
Auftraggeber
einfacher Priester, dem nicht nur das Pallium über
den Schultern, sondern auch die Dalmatik unter der
Kasel fehlt. Das bedeutet, dass Gero sein Evangelis-
tar schon gestiftet haben muss, bevor er 969 zum
Erzbischof aufstieg. Hatte Gero, der sächsische
Adlige, damit den übrigen Domgeistlichen bewie-
sen, dass er die nötigen materiellen Ressourcen mit-
brachte, um dieses Amt auszufüllen?
Stiftungen liturgischer oder devotionaler Hand-
schriften durch (zumeist adlige) Laien, Männer wie
Frauen, hat es das ganze Mittelalter hindurch gege-
ben. Doch ab 1200 nahm die Zahl von solchen Auf-
trägen immer mehr zu, die dann im Privatbesitz
blieben. Für die meisten profanen Handschriften
wie den Münchener Tristan (Bayerische SB, Cgm51,
vgl. Abb.54) kann man das ohnehin vermuten, ob-
wohl es auch hier die Ausnahme gab, dass ein Klos-
ter ein solches Buch anschaffte. Ein weltlicher Stif-
ter konnte mit seinem Bild in der gespendeten
Handschrift erscheinen, zwar selten noch im frü-
hen Mittelalter, häufiger dann im späten. Damit ließ
sich das Eingedenken der Zelebranten für die Zu-
kunft sichern, in der es für die Verstorbenen darum
ging, durch Fürsprache die Last der Sünden zu er-
leichtern. Auf uns wirkt es dabei seltsam und wenig
fromm, wenn selbst in Gebetbüchern, die für den
eigenen Gebrauch angeschafft wurden, die Bilder
der Stifter oder der Stifterfamilien erschienen, so
etwa die Familie De Quartes in ihrem Stunden-
buch-Psalter Hs 1963 (Abb.4). Diese offensichtlich
begüterte Familie aus der zum Reich gehörenden
Diözese Cambrai konnte sich die qualitätsvollen
Miniaturen eines Malers aus dem Umkreis des Meis-
ters der Maria von Burgund leisten. Dass solche
Kunstwerke dazu dienten, sich selbst und die Um-
welt zu beeindrucken, stand für die Auftraggeber
nicht im Widerspruch zum eigenen religiösen Ver-
ständnis. Und so ist die Familie hier in und vor ei-
ner Marienkapelle im Gebet zu sehen, die vielleicht
mit noch größeren Kosten von ihr in der Cambre-
ser Kathedrale oder einer anderen Kirche eingerich-
tet worden war.
Erheblich stiller und demütiger ging im Ver-
gleich der in Köln ansässige Johannes Rinck vor.
Der reiche Tuchhändler Rinck bestellte die zwei-
Mitglieder der Familie De Quartes vor und in einer
Marienkapelle. Stundenbuck aus dem Umkreis des
Meisters der Maria von Burgund, Diözese Cambrai,
um 1490. Hs 1963, fol. 168r (18,3 x 12,3 cm).
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Vorwort und Beginn der Sprichwörter Salomos.
Zweiter Band der Marienforster Bibel, Köln, vor
1452. Hs 812, fol. Ir (38,5 x 27 cm).
bändige Bibel Darmstadt Hs 1950 und Hs 812 kurz
vor 1452 bei der Kölner Corpus-Christi-Kanonie,
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heimer Kongregation nicht unüblich, aus asketi-
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