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gel bestanden Vorder- und Rückdeckel aus Holz,
die dann noch eine Lederhülle als Einband erhiel-
ten. An den Deckeln befestigte Schließen ließen
sich an der Seite des vorderen Schnitts so ineinan-
der einhaken, dass die Bögen in geschlossenem Zu-
stand aneinandergepresst blieben. Zum Schutz, aber
auch als Zierelement wurden weitere Messingbe-
schläge an den Ecken der Deckel und in der Mitte
montiert. Als Buckel bezeichnete Erhebungen die-
ser Beschläge gewährleisteten bei der üblichen lie-
genden Aufbewahrung der Bücher einen besonde-
ren Schutz für die Bucheinbände (Abb. 8, vgl.
Abb.71). Ohnehin bestimmten Aufbewahrungsge-
wohnheiten und Funktion der Bücher deren äußere
Form: Taschenbibeln, die einer ortsunabhängigen
individuellen Lektüre dienten, erhielten kleine Ok-
tavformate wie die 18,4 x 13,6 cm messende Bibel
Hs 670 (vgl. Abb.19), die annähernd den uns heute
von Taschenbüchern vertrauten Abmessungen ent-
sprechen. Dagegen stellen Bücher im Kleinstformat
von 6 x 5 cm wie ein um 1320 in Frankreich ent-
standenes Psalterium (Darmstadt, ULB, Hs 1110)
eine auch für mittelalterliche Bücher besondere
Form dar, die in der Ausstattung den üblichen For-
maten übrigens nicht nachsteht. Am anderen Ende
der Messskala stehen Größtformate, beispielsweise
ein um 1490 entstandenes Festgraduale, das vor al-
lem die Gesangstexte für die Weihnachtsmesse und
das Dominikaneroffizium enthält, dessen Buch-
block beachtliche 77,5 x 52 cm misst und dessen
übergroße Schriftzeichen beim gemeinsamen Chor-
gesang aus weiterer Distanz gesehen werden konn-
ten (Darmstadt, ULB, Hs4154). Bücher, die in Le-
sesälen an Pulten zur Lektüre bereitlagen, wurden
mit Ketten gesichert und folglich als Kettenbuch
(lat. „catenatus") bezeichnet. Für Bücher, die man
stets bei sich tragen konnte, entwickelte sich im
Spätmittelalter die Form des Beutelbuches, bei dem
der Ledereinband an einer kurzen Seite verlängert
wurde, sodass es daran am Gürtel befestigt werden
konnte. Da das Buch so eingebunden wurde, dass
seine Oberkante nach unten hing, konnte sein Be-
nutzer es auch einfach zur Hand nehmen und darin
lesen, ohne es aus seiner Befestigung am Gürtel zu
lösen. Besonders leicht und handlich sind vor allem
solche Bücher, die nicht zwischen stabile Deckel
gepackt, sondern von einem als Koperteinband be-
zeichneten Pergament- oder Lederumschlag umge-
ben sind. Diese Form des Einbands, die für Hand-
schriften mit geringer Blattzahl und kleine Formate
geeignet ist, verfügt zumeist noch über eine aus
dem verlängerten Umschlag gebildete Klappe, die


Mit Streicheisenlinien und Blindstempeln verzierter
Ledereinband, mit Buckeln auf den Messingbe-
schlägen und Schließen. Unter dem zerfledderten
Einband des Buchrückens schauen die Bünde her-
vor, Köln, ca. 1485. Hs 874 (37,1 x 26,3 cm).

mit Riemen oder Kordeln geschlossen werden kann
und so den vorderen Schnitt schützt. Ein besonders
feiner, rot gesäumter Kopert mit trapezförmiger
Klappe umgibt den um 1140 in Paris entstandenen
Codex mit Schriften und Übersetzungen des Boe-
thius (Abb.9, 10).
Beim Binden werden die einzelnen Lagen teil-
weise mit Falzstreifen verstärkt, dann mit Schnüren
oder Lederstreifen an Bünde genäht, die wiederum
an den Buchdeckeln befestigt werden, sodass über
den Buchrücken Vorder- und Rückdeckel eines Bu-
ches beweglich miteinander verbunden sind. Die
Bünde, meistens sind es sogar Doppelbünde, geben
auch dem Buchrücken sein typisches Aussehen, da

31 1. Materialien
und
Techniken
 
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