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Grimm, Herman [Bearb.]
Über Künstler und Kunstwerke — 1.1865

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No. III (März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.47238#0058
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gewesen zu sein, so nachträglich hinzurichten gleichsam, ihn aus-
zuweisen wie ein Gespenst das sich unter einst Lebende einge-
schlichen. Es liegt für mich etwas mörderisches in dem allzu abge-
kürzten Verfahren mit dem Fuccio abgethan werden soll. Ich meine,
es könnte, bevor dieses Verdikt Gültigkeit empfängt, der Versuch
gewagt werden, Fuccio das Bürgerrecht im Gebiete der Unsterblichen
aufrecht zu erhalten. —
Crowe’s Werk und Schnaase’s letzter Theil ergänzen sich vor-
trefflich. Beide Bücher, unabhängig von einander niedergeschrieben,
behandeln dieselbe Zeit. Schnaase von höherem Gesichtspunkte aus,
wie das dem Deutschen zukommt, Crowe mit mehr Detail. Beiden
mufsten sich dieselben Fragen aufdrängen. Oft genug beantworten
sie sie in verschiedener Weise. Es trifft sich sehr glücklich für
den Leser: er lernt die Sache von zwei Seiten kennen; und ferner,
was ein Buch nicht so deutlich sagen könnte (weil ein Buch den
Gegenstand immer zu erschöpfen scheint), sprechen beide zusammen
uni so schärfer aus: dals noch viel zu thun sei bevor man abzu-
schliefsen wagen dürfte. Denn darüber kann kein Zweifel herrschen:
die Kenntnifs und Ausbeutung der Monumente sowohl als der Urkun-
den, auf deren Augenschein und Untersuchung beide Autoren arbeiten,
wurde keineswegs zum äussersten getrieben. Es sind immer nur
Anfänge. Es bleibt Nachfolgenden zu thun übrig.
Gerade die Frage, die sich, wo von Fuccio die Rede sein soll,
als eine der wichtigsten darbietet, dürfte noch mancherlei Antwort
erfahren bevor sich die Welt darüber beruhigen wird: wie sind die
Anfänge der modernen Sculptur zu erklären.
Woher stammt bei Niccolo Pisano, demjenigen mit dem sie zu
beginnen scheint, die plötzliche Vollendung des Technischen, das
Verständnifs der Marmorbehandlung, die Nachahmung der antiken
Arbeit? Stand er allein, und nur das zufällige Beispiel byzanti-
nischer Künstler, verbunden mit dem ebenso zufälligen Auftauchen
antiker Werke in Pisa, erhob ihn zu hohem Aufschwünge? So erzählt
Vasari. Schnaase und Crowe sind verschiedener Ansicht darüber.
Schnaase begnügt .sich damit, die Frage überhaupt aufzustellen.
Weder die Anwesenheit byzantinischer Künstler in Pisa hält er für
erweisbar oder nur wahrscheinlich, noch den Einflufs deutscher
Meister für anzunehmen. Er meint (pag. 320) die blofse Nachah-
mung antiker Bildwerke erkläre Niccolo Pisanos Anschauung genug-
 
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