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2. Die Deutung des Schembartlaufes von den Anfängen bis zur
Gegenwart
2.1. Die Wissenschaftsgeschichte
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erscheint erstmals in
größerem Rahmen eine Beschreibung und Erklärung des Schembart-
laufes'. Der Autor, Georg Andreas Will, bezieht sein Wissen aus
verschiedenen Schembartbüchern, ohne die Quellen jedoch im Ein-
zelnen zu benennen. Er verfaßt ein knappes zusammenfassendes Ka-
pitel, in dem er sich zu den Fragen des Ursprungs und der Benennung
des Nürnberger Fastnachtsbrauches äußert. In wesentlichen Punkten
erweist sich Will dabei als Vertreter der Thesen, die schon Jo-
hannes Müllner in den Annalen der Reichsstadt Nürnberg formuliert
g
hatte und die auf noch älteren Vorstellungen beruhten. So habe
sich nach der Auszeichnung der Metzger durch Karl IV. im
Jahre 1349 die "Schönbart-Gesellschaft" als Schutztruppe konstitu-
iert, um die Fleischer, die während ihres Fastnachtstanzes vom
Publikum arg bedrängt worden seien, vor Zusammenstößen zu bewahren.
Diese Truppe habe sich später verselbständigt und sei seit 1449
unter der Führung eines Hauptmannes aufgetreten. Über diese prag-
matische Erklärung hinaus ergänzt der Autor seine Darstellung
um Aspekte, die ob ihrer Kürze und Oberflächlichkeit zwar auf man-
gelnde Kenntnisse über Intentionalität und Geschichte der Fast-
nacht schließen lassen, die andererseits aber als zeittypische
Argumente Beachtung verdient haben. Die Vermummung der Schem-
bartläufer sei ein Überbleibsel aus heidnischer Vorzeit und schon
von der frühen Kirche generell bekämpft worden. Ebenso wie bei-
spielsweise der protestantische Gelehrte Johann Petrus Schmidt,
der 1742 behauptet hatte, daß der "heydnische Greuel" der Fast-
nacht deswegen mit der Einführung des Christentums nicht aufge-
hört habe, weil die Neubekehrten zäh an ihrem alten Gebrauch fest-
gehalten hätten , gehörte Will damit zu denjenigen, die formale
und inhaltliche Bezüge nicht trennen und daher willkürlich Zu-
sammenhänge postulieren, die dem historischen Befund nicht ent-
sprechen. Er weiß jedoch, daß der Fastnachtsbrauch nicht zur
2. Die Deutung des Schembartlaufes von den Anfängen bis zur
Gegenwart
2.1. Die Wissenschaftsgeschichte
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erscheint erstmals in
größerem Rahmen eine Beschreibung und Erklärung des Schembart-
laufes'. Der Autor, Georg Andreas Will, bezieht sein Wissen aus
verschiedenen Schembartbüchern, ohne die Quellen jedoch im Ein-
zelnen zu benennen. Er verfaßt ein knappes zusammenfassendes Ka-
pitel, in dem er sich zu den Fragen des Ursprungs und der Benennung
des Nürnberger Fastnachtsbrauches äußert. In wesentlichen Punkten
erweist sich Will dabei als Vertreter der Thesen, die schon Jo-
hannes Müllner in den Annalen der Reichsstadt Nürnberg formuliert
g
hatte und die auf noch älteren Vorstellungen beruhten. So habe
sich nach der Auszeichnung der Metzger durch Karl IV. im
Jahre 1349 die "Schönbart-Gesellschaft" als Schutztruppe konstitu-
iert, um die Fleischer, die während ihres Fastnachtstanzes vom
Publikum arg bedrängt worden seien, vor Zusammenstößen zu bewahren.
Diese Truppe habe sich später verselbständigt und sei seit 1449
unter der Führung eines Hauptmannes aufgetreten. Über diese prag-
matische Erklärung hinaus ergänzt der Autor seine Darstellung
um Aspekte, die ob ihrer Kürze und Oberflächlichkeit zwar auf man-
gelnde Kenntnisse über Intentionalität und Geschichte der Fast-
nacht schließen lassen, die andererseits aber als zeittypische
Argumente Beachtung verdient haben. Die Vermummung der Schem-
bartläufer sei ein Überbleibsel aus heidnischer Vorzeit und schon
von der frühen Kirche generell bekämpft worden. Ebenso wie bei-
spielsweise der protestantische Gelehrte Johann Petrus Schmidt,
der 1742 behauptet hatte, daß der "heydnische Greuel" der Fast-
nacht deswegen mit der Einführung des Christentums nicht aufge-
hört habe, weil die Neubekehrten zäh an ihrem alten Gebrauch fest-
gehalten hätten , gehörte Will damit zu denjenigen, die formale
und inhaltliche Bezüge nicht trennen und daher willkürlich Zu-
sammenhänge postulieren, die dem historischen Befund nicht ent-
sprechen. Er weiß jedoch, daß der Fastnachtsbrauch nicht zur