Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Küster, Jürgen
Spectaculum vitiorum: Studien zur Intentionalität und Geschichte des Nürnberger Schembartlaufes — Remscheid: Kierdorf-Verl., 1983

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.73509#0131
Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
- 117 -

3.5. Die Kostümierung der Läufer
Auch das Problem der Kostümierung der Schembartläufer ist bisher
nur unzureichend erkannt worden. So wird es nicht genügen, For-
men, Motive und das Material der Maskierung zu beschreiben, wenn
gerade ihre Verwendung in zeitgenössischen Verordnungen negativ
sanktioniert wird. Es ist gar nicht nötig, den "Ursinn" und den
301
"Ursprung" der Maske und Mummerei zu diskutieren , wo es um
ihre Darstellung im Fastnachtsbrauch geht, der als historisch
bedingtes Phänomen anzusehen ist und aus guten Gründen in den
Tagen vor Beginn der Fastenzeit stattgefunden hat.
Einzeluntersuchungen zur Geschichte der geteilten Tracht und zur
Genese der Tierfiguren in der Fastnacht haben gezeigt, daß dort,
wo die Kostümierung im Festbrauch erörtert werden soll, mit
weitreichenden funktionalen Bezügen gerechnet werden muß. Sie
sind im Hinblick auf die Erklärung des Schembartlaufes bis heute
noch nicht aufgedeckt worden.
Zu den formalen Besonderheiten der Kostüme, die die Schembart-
läufer in den Jahren zwischen 1449 und dem Ende des 15. Jahrhun-
derts getragen haben, gehört die Bemalung. Zu diesem Thema liegt
eine parallele Untersuchung für Südwestdeutschland vor , die
zeigt, daß bemalte oder applizierte Gewänder nicht erst eine Er-
findung der Nürnberger Brauchträger Mitte des 15. Jahrhunderts
darstellen' , sondern als Kleidung des Narren schon im frühen 13.
Jahrhundert literarisch belegt sind. So beschreibt Gottfried von
Straßburg das "torenkleid" Tristans mit den' Worten: "Er hiez im
ein toren kleit/ An der stete machen/ Vor iwunderlichen Sachen:/
Einen rok seltsaen getan,/ und eine gugel daran/ Uz snoe dem
tuoche, daz was gra;/ Daruf gesniten hie unt da/ Narrenbilde
uz roter wat,/ Daz nie man gesehen hat/ So toerisch einen rok ge-
stalt." 3°3. In ähnlicher Funktion mögen die applizierten Vogel-
figuren auf der Haube des "Meiers Helmbrecht" 304, des ehrgeizi-
gen Dümmlings, zu betrachten sein.

Jedenfalls gehört das bemalte Kleid, wie die Schelle und der Stab,
 
Annotationen