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Küster, Jürgen
Spectaculum vitiorum: Studien zur Intentionalität und Geschichte des Nürnberger Schembartlaufes — Remscheid: Kierdorf-Verl., 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.73509#0146
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3.6. Die Aktionen der Läufer
Nur Hans Sachs lieferte detaillierte Informationen über die Aktionen
der Schembartläufer sowie über die Wegstrecke des Umzuges und sei-
ne Stationen. Er nahm dabei mit einiger Sicherheit Bezug auf die
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Fastnachtsveranstaltung des Jahres 1539 , kannte den Brauch aber
wahrscheinlich bereits aus seiner Jugendzeit. Daher können wir da-
von ausgehen, daß die Überlieferungstreue der beschreibenden Passa-
gen des "scheinpart-spruches" gewährleistet ist. Die Schembart-
bücher verzeichnen in diesem Zusammenhang nur wenige Merkmale, die
jedoch den Ausführungen des Meistersingers entsprechen. So er-
wähnen die meisten Bilderhandschriften die Erstürmung und Verbrennung,
der "Hölle" und zeigen ferner, daß die Läufer der ersten Jahre nach
1449 mit Fischtaschen, -trögen oder -spießen ausgerüstet waren.
Die Rotte sammelte sich zwischen 24 und über 100 Mann stark auf
der Burg, von wo aus sie mit großem Lärm, begleitet von den Stadt-
pfeifern und ausgerüstet mit Schellen, Feuerwerkskolben und Speeren,
"samb wers das wütend heer" zum Rathaus herab stürmte. An der Spitze,
als "Zugpolizei", liefen Narren, es folgten Nuß- und Eierwerfer,
Teufelsgestalten und Wildleute und dahinter die von den Musikanten
begleitete Rotte der Läufer.
Vom Hauptmarkt aus nahm der Umzug seinen Verlauf: zunächst ging es
zur "Fleischbrücke", dem Handelsplatz der Metzger, weiter vor das
Frauenhaus, wo getanzt wurde, dann zum Deutschen Hof. Dort
dürfte sich der Zug geteilt haben, weil nun die Bürgerhäuser auf-
gesucht wurden und, angesichts der für manche Jahre belegten großen
Zahl von Teilnehmern, kaum anzunehmen ist, daß dutzendweise ver-
mummte Läufer geschlossen einzelne Häuser besucht hätten. Bei die-
ser Gelegenheit werden die Fische und später das Geld eingesammelt
worden sein, wie es die Schembartbücher vermerken. Dann zog man zu-
rück zum Hauptmarkt, wo die mitgeführte "Hölle" erstürmt und ver-
brannt wurde. Ein gemeinsames Essen am Abend, bei dem man traditio-
nell die gesammelten Fische verspeiste oder das erhaltene Geld
umsetzte, dürfte das Fest beschlossen haben.
 
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