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die in der Regel nicht im Hinblick auf den Karneval selbst, sondern
zur Verhütung möglicher Folgeschäden konzipiert sind und in erster
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Linie Ausnahmeregelungen betreffen . Fragwürdig ist auch der inter-
pretatorische Ansatz. Leitet man Sinn und Wesen eines zu untersuchen-
den Phänomens alleine aus der potentiellen sozialen Bedingtheit des
Gegenstandes ab, rubriziert man also Material in Bereiche des hö-
fischen, bürgerlichen und bäuerlichen Festbrauches, so ist die
Grenze des Erklärbaren klar fixiert. Ausschließlich Kulturformen,
die sich aus dem Selbstverständnis einer sozialen Gruppe begründen,
erfahren in dieser Weise eine adäquate Beurteilung. Die Ansicht,
der Schembartlauf sei Ausdruck der Selbstdarstellung einer solchen
Gemeinschaft, erscheint jedoch als gefährliches Vorurteil.
Hier werden offenbar eigene Erfahrungen mit der modernen Klassen-
gesellschaft auf mittelalterliche Zustände projiziert. Es gehört
sicher zu den zentralen Fragen historischer Forschung, ob es um
die Mitte des 15. Jahrhunderts eine Eigengesetzlichkeit in der
Normung kultureller Werte gegeben hat, die jeweils ständespezi-
fisch war und eigene Entwicklungen bedingt hat. Doch scheint
dieses Problem von den Vertretern der sozialhistorischen Forschung
im volkskundlichen Bereich und im Hinblick auf die Untersuchung des
Schembartlaufes überhaupt nicht erörtert worden zu sein. Wir können
wohl nicht ohne weiteres annehmen, eine Brauchtradition, deren Ab-
hängigkeit vom Metzgergewerbe einerseits stets betont worden ist,
sei andererseits der Ausdruck des Selbstverständnisses einer sozial
höher stehenden Gruppe.
Hans Ulrich Roller unternimmt den Versuch, die einzelnen Elemente
des Nürnberger Schembartlaufes in den Rahmen des europäischen Fest-
wesens zu stellen und auf diese Weise den Ansatz Hans Mosers auszu-
bauen.
Die Motive auf den Kostümen der Läufer seien "dem großen Formen-
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reichtum des Spätmittelalters und der frühen Renaissance entnommen"
"eine besondere symbolische Bedeutung aus ihnen herauszulesen, wäre
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sicher verfehlt" . "Die Maskierung der Läufer (bedürfe) keiner Er-
die in der Regel nicht im Hinblick auf den Karneval selbst, sondern
zur Verhütung möglicher Folgeschäden konzipiert sind und in erster
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Linie Ausnahmeregelungen betreffen . Fragwürdig ist auch der inter-
pretatorische Ansatz. Leitet man Sinn und Wesen eines zu untersuchen-
den Phänomens alleine aus der potentiellen sozialen Bedingtheit des
Gegenstandes ab, rubriziert man also Material in Bereiche des hö-
fischen, bürgerlichen und bäuerlichen Festbrauches, so ist die
Grenze des Erklärbaren klar fixiert. Ausschließlich Kulturformen,
die sich aus dem Selbstverständnis einer sozialen Gruppe begründen,
erfahren in dieser Weise eine adäquate Beurteilung. Die Ansicht,
der Schembartlauf sei Ausdruck der Selbstdarstellung einer solchen
Gemeinschaft, erscheint jedoch als gefährliches Vorurteil.
Hier werden offenbar eigene Erfahrungen mit der modernen Klassen-
gesellschaft auf mittelalterliche Zustände projiziert. Es gehört
sicher zu den zentralen Fragen historischer Forschung, ob es um
die Mitte des 15. Jahrhunderts eine Eigengesetzlichkeit in der
Normung kultureller Werte gegeben hat, die jeweils ständespezi-
fisch war und eigene Entwicklungen bedingt hat. Doch scheint
dieses Problem von den Vertretern der sozialhistorischen Forschung
im volkskundlichen Bereich und im Hinblick auf die Untersuchung des
Schembartlaufes überhaupt nicht erörtert worden zu sein. Wir können
wohl nicht ohne weiteres annehmen, eine Brauchtradition, deren Ab-
hängigkeit vom Metzgergewerbe einerseits stets betont worden ist,
sei andererseits der Ausdruck des Selbstverständnisses einer sozial
höher stehenden Gruppe.
Hans Ulrich Roller unternimmt den Versuch, die einzelnen Elemente
des Nürnberger Schembartlaufes in den Rahmen des europäischen Fest-
wesens zu stellen und auf diese Weise den Ansatz Hans Mosers auszu-
bauen.
Die Motive auf den Kostümen der Läufer seien "dem großen Formen-
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reichtum des Spätmittelalters und der frühen Renaissance entnommen"
"eine besondere symbolische Bedeutung aus ihnen herauszulesen, wäre
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sicher verfehlt" . "Die Maskierung der Läufer (bedürfe) keiner Er-