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formatorischen Position herzustellen versucht.
Der Ablaßbrief als konkretes hinweisendes Zeichen für die Sünd-
haftigkeit des Menschen war jedoch aus vorreformaiorischer Sicht ein
geeignetes Objekt zur Darstellung der gottabgewandten Welt in
der Fastnacht und dürfte im Schembartlauf als bestimmendes Ele-
ment der Einzelmaske eine solche Betrachtung evoziert haben.
Die so beschriebene normative Funktion des Kleides begründet
das Verhalten des Rates und erklärt die offenbar problemlos er-
folgte Integration des Kostüms im Schembartlauf. Die auf den Ab-
400
laßzetteln notierten Verse beschreiben die Ausgelassenheit
in der Fastnacht und sind für das Verständnis der Maske ohne
Belang.
Im Kieler Schembartbuch werden zwei Einzelmasken gezeigt, deren
Funktion es offenbar war, die Lasterhaftigkeit der Spielleiden-
schaft. zu demonstrieren. So jedenfalls muß die Existenz von
164 Würfel- und Spielkartenkleidern eingestuft werden, wenn wir die-
se Phänomene in eine Reihe mit den bisher besprochenen Kostü-
men stellen wollen. Die eindringliche Wirkung der Predigttätig-
keit Capistrans in Nürnberg zeigte ja noch 1539 Konsequenzen,
als man zur Brandmarkung Osianders das Spielbrett als Laster-
zeichen wählte. Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß auch
die Fastnachtsveranstalter vorangegangener Jahre die Wertungs-
horizonte des christlichen Systems kannten und umsetzten.
Betrachtet man Darstellungen von Höllenszenerien, so ist oft-
mals zu beobachten,daß den Sünderfiguren Spielkarten zugeord-
net werden. So beispielsweise auf dem Bildwerk eines anonymen
Malers mit dem Titel "Das jüngste Gericht", das um 1490 in
Schwaben entstanden ist. Dort wird gezeigt, wie der Teufel einem
165 Verdammten Spielkarten in den Mund stopft - Ausdruck wohl auch
des Grundsatzes, daß die Strafe dem Vergehen entsprechen müsse.
Auf dem Regensburger Altarflügel von 1480 wird eine Personi-
fikationsallegorie der armen Seele, die sich bereits im Höllen-
rachen befindet, mit der Spielkarte versehen.
formatorischen Position herzustellen versucht.
Der Ablaßbrief als konkretes hinweisendes Zeichen für die Sünd-
haftigkeit des Menschen war jedoch aus vorreformaiorischer Sicht ein
geeignetes Objekt zur Darstellung der gottabgewandten Welt in
der Fastnacht und dürfte im Schembartlauf als bestimmendes Ele-
ment der Einzelmaske eine solche Betrachtung evoziert haben.
Die so beschriebene normative Funktion des Kleides begründet
das Verhalten des Rates und erklärt die offenbar problemlos er-
folgte Integration des Kostüms im Schembartlauf. Die auf den Ab-
400
laßzetteln notierten Verse beschreiben die Ausgelassenheit
in der Fastnacht und sind für das Verständnis der Maske ohne
Belang.
Im Kieler Schembartbuch werden zwei Einzelmasken gezeigt, deren
Funktion es offenbar war, die Lasterhaftigkeit der Spielleiden-
schaft. zu demonstrieren. So jedenfalls muß die Existenz von
164 Würfel- und Spielkartenkleidern eingestuft werden, wenn wir die-
se Phänomene in eine Reihe mit den bisher besprochenen Kostü-
men stellen wollen. Die eindringliche Wirkung der Predigttätig-
keit Capistrans in Nürnberg zeigte ja noch 1539 Konsequenzen,
als man zur Brandmarkung Osianders das Spielbrett als Laster-
zeichen wählte. Es ist daher höchst wahrscheinlich, daß auch
die Fastnachtsveranstalter vorangegangener Jahre die Wertungs-
horizonte des christlichen Systems kannten und umsetzten.
Betrachtet man Darstellungen von Höllenszenerien, so ist oft-
mals zu beobachten,daß den Sünderfiguren Spielkarten zugeord-
net werden. So beispielsweise auf dem Bildwerk eines anonymen
Malers mit dem Titel "Das jüngste Gericht", das um 1490 in
Schwaben entstanden ist. Dort wird gezeigt, wie der Teufel einem
165 Verdammten Spielkarten in den Mund stopft - Ausdruck wohl auch
des Grundsatzes, daß die Strafe dem Vergehen entsprechen müsse.
Auf dem Regensburger Altarflügel von 1480 wird eine Personi-
fikationsallegorie der armen Seele, die sich bereits im Höllen-
rachen befindet, mit der Spielkarte versehen.