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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Heilmeyer, Alexander: Die neuen Isarbrücken Münchens mit ihren tektonischen und plastischen Schmuckformen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0019

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Die neuen Isarbrücken Münchens mit ihren tektonischen

und plastischen Schmuckformen.

Mauern und Pfeilern an eine Verteidigungs- und
Befestigungsanlage, wehrhaft und trotzig stemmt
sie sich den andringenden wassern entgegen. Sie
wirkt monumental durch ihre wuchtigen Formen
und ihre Dimensionalität. hier hat die Bildner-
kunst keinen Raum; auf eine Besprechung der Mas-
ken, die an der dem Flusse zugekehrten Seite ange-
bracht sind, wollen wir uns lieber gar nicht ein-
lassen.

Die Corneliusbrücke mit ihren einfachen tektoni-
schen Formen bildet den Übergang zu einer Reihe
anderer Bauten, in deren äußerer Erscheinung die
nioderne Konstruktion und Organisation der Brücken
in einfachen aber doch anziehenden Formen zum
Ausdruck kommt.

Die kräftigen aus Quadern erbauten Uferschutz-
mauern, die massiven steinernen Joche init den straff
gespannten Bogen geben diesen Brücken ein ungemein
charakteristisches Aussehen — es sind Isarbrücken.
Bildnerischer Schmuck ist bei den von Theodor
Fischer ausgeführten Brückenbauten sparsam ver-
wendet; wo er aber auftritt, sitzt er immer an der
rechten Stelle. Sieht man bei der wittelsbacher- j
brücke (Abb. ^9) von den aus dem Geländer-
ter Fahrbahn vorspringenden Erkern ab, so enthält
die Brücke nur ein Hauptstück dekorativer bildnerischer
Aunst: einen Reiter aus einer weithin sichtbaren Stelle
aufgestellt (Tafel \).

Aus der Südseite der Brücke besindet sich ein
Anbau von überaus origineller Art, eine in das
Flußbett hinabführende Stiege, aus deren Grund-
mauern ein schlanker Pfeiler herauswächst. Dieser
Pfeiler trägt den von Georg W r b a aus Stein ge-
meißelten Ritter. Der trutzig blickende Ritter in früh-
mittelalterlicher Rüstung soll Otto von Wittelsbach
darstellen. Bon wrba, der schon so viele originelle
Brunnen und schinucke Bildwerke in Airchen, Rat-
und Bürgerhäusern geschaffen hat, durfte man schon
etwas erwarten.

Wrba ersann ein gutes Bild, es regte sich was
in ihm, als er es sorgsam bedachte. Rain es jedoch
so zutage, als er es der Verwirklichung entgegen-
führte? Jetzt, da der Reiter am Orte aufgestellt
ist und in seiner Wirkung beurteilt werden kann,
erschallt auch schou der Ehorus der kritischen
stimmen.

Man tadelt die gezwungene Haltung, archa-
istische Steifheit des Reiterbildes, die sich besonders
auffällig in der Gestalt des Pferdes ausspricht, in
dem einfach statt einer kräftigen Stütze eine steinerne
Wand wie ein Brett zwischen den Füßen eingekeilt
ist. Die Absicht des Aünstlers, ein weittragendes
Gegeuslandsbild zu geben, wird dadurch in seiner

^7. Vtto von Wiltelsbach; Wittelsbacherbrücke. Von (3g. Wrba,
München-Berlin.

Wirkung entschieden beeinträchtigt. In diesem Sinne
wirkt auch der schildtragende Arieger am Boden vor-
der Brust des Pferdes unklar. Offenbar wollte der
Aüustler durch die Geschlossenheit und Gedrungenheit
der Massen den Ausdruck von Ruhe und Daucr
verstärken. Denn die Architektur selbst wirkt hier
! vornehmlich durch ihre Größenverhältnisse und ihre
Massen; die Plastik kann an dieser Stelle nicht anders
als wuchtig und monumental auftreten. Es besteht
aber immer Gefahr, wenn das architektonisch Struk-
tive bestimmend auf den Charakter der Skulptur
einwirkt, daß das organisierte freie Leben der Form
 
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