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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Gmelin, L.: Die III. Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906, [6]: Weimar, Düsseldorf, Stuttgart, Berlin, etc. Raumkunst und kunstgewerbliche Einzelerzeugnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0100

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Die III. Deutsche Kuiistgewerbeausstellung Dresden ;<)06.

tSS. (Dresd. A.) Brünnchen; Entwurf von Bruno Möhring, Berlin;
Lteinarbeit (Granit) von lvilh. IDölfel, Selb (Bayern); Metallaufsatz
von Gustav Lind Nachf., Berlin.

Berlin, entworfenen Speisezimnrer (Industriehalle)
verhängnisvoll geworden ist.

Das Zimmer, welches Schm uz-Baudiß für
die Agl. Porzellanmanufaktur in Tharlottenburg er-
sonnen hat, muß von anderem Standpunkt beurteilt
werden als die übrigen Räume, indem es lediglich
dazu dient, als vorteilhafter Aufstellungsort und
Hintergrund für die Porzellane der Manufaktur zu
dienen; diesen Zweck erfüllt es vollkommen und der
Raunt ist auch in seiner wohltuenden Gesamtstimmung
diesem Zweck wohl angepaßt. Unter dem Porzellan
findet sich viel Gutes, ja manch künstlerisch her-
vorragendes Stück in neuer Technik, das seinem
Verfertiger alle Ehre macht; für verfehlt, wenn
auch für recht interessant, halten wir aber die Ver-
suche, dünne Porzellanplatten nach Art der Blei-
verglasungen zu Fenstern zusammenzusetzen oder

dainit Schrankfüllungen mosaikartig zu
belegen.

Die Magdeburger Möbelindu-
strie ist durch die vier Räume von Al-
bin Müller glänzend vertreten, am
glanzvollsten wohl — bei aller Aner-
kennung für das Herrenzimmer (Aunst-
tifchlerei Anke, Freiburg i. S.) und das
Mohn- und Empfangszimmer (verschie-
dene Möbelfabriken) — durch das Trau-
zimmer (Möbelfabriken von Encke und
heimst er Abb. (59), das bis zur Aas-
settendecke hinauf durchaus in zartem,
hellbraunem bzw. grauem und schwarzem
Holz (mit Perlmutterintarsien, Fliesen-
einlage und Goldmosaik) getäfelt und
dem auch in seiner Aomposition am
meisten Eigenartiges ausgeprägt ist, frei-
lich nicht ohne phantastische Anwand-
lungen — wie der der Türe Vorgesetzte,
hochlehnige Beamtensitz samt Rückwand
— und seltsame Anspielungen: an den
Seiten der Eingangstüre Darstellung des
„Sündenfalles" durch zwei lebensgroße
Putten in Flachrelief.

Die Saalecker Werkstätten, von
deren Leiter, Paul Schulze-Naum-
burg man sich gemäß seiner geistvollen
literarischen Arbeiten Wunderdinge ver-
sprochen hatte, haben Enttäuschungen ge-
bracht, insofern als die aus drei Räumen
bestehende Iunggesellenwohnung zwar
nicht schlecht ist, aber sich in Mobiliar,
Tapeten, Polster, Aamin rc. so eng an
Empire und Biedermeier anlehnt, daß
ihr Entwerfer sich nicht mehr darüber
aufhalten darf, wenn die Meinung weiter um sich
greift, er erstrebe die Wiedereinführung des Bieder-
meierstils (Abb. (60). Das beste und vielleicht auch
modernste Einzelstück ist eine hellgrünseidene Tisch-
decke mit allerliebster Blumenstickerei in weiß, rot
und braun; schade, daß sie mit langen cyanblauen
Fransen eingefaßt ist; überhaupt mangelt es bei allen
drei Räumen am richtigen Einklang der Farbe.

Sind somit Weimar, Düsseldorf, Darmstadt,
Berlin und die Saalecker Werkstätten hinter den
Erwartungen zurückgeblieben, so haben dafür einige
norddeutsche Aüstenstädte unerwartete Überraschungen
bereitet. Vor allen Dingen Bremen, dessen rühriger
Museumsdirektor, Architekt Emil högg, so zahl-
reiche Aünstler und Handwerker zu gemeinsamer
Tat zu vereinigen gewußt hat, daß man allgemein
sehr erstaunt war über die Summe kunsthandwerk-

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