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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Gmelin, L.: Die III. Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906, [6]: Weimar, Düsseldorf, Stuttgart, Berlin, etc. Raumkunst und kunstgewerbliche Einzelerzeugnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0116

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Die III Deutsche Uunstgewerbeaiisstellung Dresden ;Ivs.

^sz. (Dresd. A.) Silberner Tafelschmuck (mit Kristallglas); Entwurf von tjvgo Leven, Ausführung von Roch und

Bcrgfeld, Bremen.

von diesem Umweg zurückgekommen und dahin
gelangt, wo man ohne diesen Umweg auch hinge-
langt wäre. Man hat den indirekten Weg einge-
schlagen, weil der direkte zu wenig —- amüsant war;
das Endresultat war das gleiche. Nicht als ob wir
zu einem einheitlichen Stil unsrer Zeit gelangt wären!
Aber wozu auch einem Phantom nachjagen, das,
so oft man danach greifen will, im Nebel zerrinnt?
Lassen wir das bewußte Euchen nach einem unbe-
kannten Ziel und suche jeder in Rechtschaffenheit
weiter zu arbeiten und ohne wehmütige Rückblicke
auf Vergangenes oder forschende Seitenblicke auf
Gleichstrebende den sicheren Weg zu gehen, der durch
die sachlich vernünftige Anwendung aller Mittel vor-
gezeichnet ist und den die künstlerische Phantasie zwar
schmücken aber nicht verlassen soll. Es gäbe für
unser Schaffen kein größeres Lob, als wenn spätere
Geschlechter davon sagen würden, wir hätten in
erster Linie auf sachgenräße und solide Erfüllung
der gestellten Ausgaben gehalten und hätten — selbst-
ständig und unabhängig — lieber allen „schönen",
nicht unserem Empfinden entsprungenen, Flitter
verbannt, als ihm zuliebe die Sachlichkeit beiseite
geschoben.

Es sind in der Tat genug Anzeichen dafür da,
daß man nicht mehr mit Anleihen bei der Vorzeit
oder im Ausland sich hervorzutun sucht und wenn
man sich auch vergebens nach einer Luxuskunst um-
schaut, die den Prunkstilen des j8. Jahrhunderts
„ebenbürtig" sind, so ist das kein Unglück; daß es
auch unter Verzicht auf zudringliches Gepränge eine
wahrhaft vornehme Luxuskunst geben kann, davon
zeugen immerhin einige Räume der Ausstellung —

Lossows Spiel- und Zagdzimmer, pankoks Musik-
falon, Ureis' Bibliothek, Uühnes Diele und Winter-
garten ic. Freilich die überwiegende Mehrzahl der
Räume ist im Gedenken an die bessere Bürgers- und
Beamtenwohnung entstanden, wobei man es aber
auch bei reicherer Ausstattung vermieden hat, aus
dem Zimmer ein Märchen zu machen; ebenso hat
man es sich fast ganz abgewöhnt, bewußt sich an
Vergangenes anzulehnen, und wo dies dennoch ge-
schehen zu sein scheint, — z. B. bei Vogeler und
Schultze-Naumburg —, da kann man mit Recht zur
Entschuldigung immerhin anführen, daß der Bieder-
meierstil eben selbst vielfach nach ähnlichen Vernunft-
grundsätzen gearbeitet hat wie die Gegenwart. Daß
man bei der Raumkunst in Dresden auch der nicht
mit Glücksgütern Gesegneten gedacht hat, muß den
Ausstellern ganz besonders zur Ehre angerechnet
werden.

Auch dies ist ein Zeichen dafür, daß man auf-
gehört hat, Werke der Sachkunst nur nach künst-
lerischen Gesichtspunkten zu gestalten; berührt auch
die Sachlichkeit innerhalb der Raumkunst manchmal
die Grenzen der Nüchternheit und Trockenheit — bei
den kunstgewerblichen Einzelheiten z. B. Stickereien
und Metallarbeiten kommt dies seltener vor —, so
bietet dafür die ganze Art, wie heutzutage die
sachlichen Forderungen gehört und befolgt zu werden
pflegen, die Gewähr dafür, daß wir einer Gesun-
dung unseres Kunstgewerbes, unserer Sach-
kunst entgegengehen. In diesem Läuterungsprozeß
wird die III. Deutsche Kunstgewerbeausstellung zu
Dresden allezeit als eine Art Klärbecken d er künst-
lerischen Kultur unserer Zeit erscheinen. 6.


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