Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]: Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 (57.1906-1907)

Bayerns kunsthandwerkliche Fachschulen auf der Nürnberger Iubiläums-Tandesausstellung.

29s. Schlafzimmer aus der Schulabteilung der Nürnberger Ausstellung; an der Ausführung sind beteiligt: die kfandwerkerschule
inFürth (Möbel), Stickereischule En ch enr euth (gestickte Bettdecken, tVandbehang, Kissen, Vorhänge), tVebschule Munch der g
(gewebte Bettdecke, geknüpfte Bettvorlage), Franenarbeitsschule München (Bettweißzeug), Korbflechtschule Lichtenfels (Babykorb),

gewesen, als bei den Gebildeten unserer Zeit, nie-
mals das Bedürfnis nach einer Ergänzung des
Lebens durch die Kunst dringender gewesen.

Über diesen persönlichen Interessen dürfen die
öffentlichen nicht ver-
gessen werden. Auch der
Staat hat ein mächtiges
Interesse an der Ent-
fesselung unserer künst-
lerischen Kräfte, nicht
nur mit Rücksicht auf
die Gestaltung unserer
Handelsbilanz, sondern
noch mehr im In-
teresse der Stärkung un-
seres deutschen Volks-
tums im Kampfe mit
fremden Nationen. Alle
Aufwendungen, die sei-
tens der öffentlichen
Gewalten für die He-
bung künstlerischer Kul-
tur gemacht werden,
müssen sich tausend-

297. „Schöberlsopha" (mehrfarbige Stickerei);
in der Stickereischule Euch eure uth ausgef. nach Entwurf
von Mia Eornelius, München,

fällig bezahlt machen. Von diesen Opfern dürfen
wir uns auch nicht durch die Tatsache abbringen
lassen, daß, wie die Dresdner Ausstellung zeigt, die
Künstler es vielfach noch nicht verstanden, die künst-
lerischen formen den
iitodernen Bedürfnissen
anzupassen. Sie wer-
den es freilich aufgeben
müssen, mit eingebil-
deten Bedürfnissen zu
rechnen, sie werden
darnach zu streben ha-
ben, die wahren Be-
dürfnisse der Nation zu
erschließen und sich ih-
nen als Schaffende zu
unterwerfen.

Nur dann wird
ihnen zuteil werden
können, was sie als
Künstler ersehnen: die
Freiheit.

Kunst und Handwerk. 57. Jahrg. Heft 7.

209

29