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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Wochenversammlungen
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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Hunderts. Die Bilder sind unverändert in ursprünglichem Zu-
stau» erhalten, van Eyck fehlt uns, weil man seinerzeit
fünf Stuck unter der Sammlung ihm zuschrieb und in diesem
guten Glauben die Gelegenheit versäumte, einen echten van
Eyck zu erwerben, bim so besser ist Roegier van der Wey den
vertreten, voran sein Dreikönigsaltar von (460. Der Vor-
tragende beleuchtete eingehend das Wesen der Schule und ihre
Entwicklung: wie sie von den beiden letztgenantlten gegründet
wurde, um eine natürliche, malerische Ausdrucksweise an die
Stelle der inittelalterlichen Lyrik zu bringen, wie sie dabei ohne
Tradition mühsam zit einer hervorragenden Erkenntnis der
positiven Erscheinung gelangte, anderseits aber nicht mit der
Farbe arbeitete, sondern Zeichnungen mit ihr dekorativ belegte.
Anders ist das letztere schon bei dem bedeutenden Vertreter der
Holländer, Dierick Bouts der auch für landschaftliche Zu-
sammenstimmung Verständnis zeigt. Liner seiner Schüler hat
noch im (9. Jahrhundert Rottmann nachweisbar beeinflußt.
Hans Meinling ist ebenfalls hervorragend bei uns vertreten.
Gerhard David mit seiner fast symphonischen Vortragsweise
bildet den Übergang zum (6. Jahrhundert, in welchem der
Realismus zum Naturalismus herabgesunketi ist. Der haupt-
meister für Belgien ist in dieser Zeit (Duantin Massys, für
Holland vail Leyden, welche die Renaissance gebracht und
die vielseitig entwickelte alte Schule beschlossen haben. Wohl-
verdienter Beifall dankte dem Vortragenden.

Dreizehnter Abend — den 5. März — „w irts -
schilder und Gewerbezeichen in Bayern", in Licht-
bildern vorgeführt und geschildert von Inspektor Friedr.
Stützer. Es war eine genußreiche Wanderung, die der Vor-
tragende die Zuhörer au Hand seiner trefflichen Bilder machen
ließ; denn erstens beschränkte er sich nicht nur auf Bayern,
sondern er lenkte auch in die Nachbarländer seine Schritte, be-
sonders nach Tirol. — und zweitens ergaben sich mit den
Bildern der Wirtsschilder und der Gewerbezeichen von selbst
die reizendsten Ltädtebilder aus alter Zeit. — freilich auch so
vieles, was heute nicht mehr ist und dessen Anblick im Bild
wehmütige Gedanken wachrufeu mußte, vorab gilt dies von
München. Nit dem bloßen Wiederanbringen von Gewerbe-
abzeichen ist es eben leider nicht getan; um diese Dinge kümmert
sich heutzutage der Großstädter viel weniger, er hat — verwirrt
durch die ununterbrochenen Firmenschristeu an den Häusern der
Geschäftsstraßen — geradezu gar kein Auge mehr für diese
leicht geschniiedeten Schildträger, die so bescheiden und doch auch
wieder so festlich geschmückt in die Straße hereinragen. Aber
dazu gehören eben auch die alten, unverfälschten Straßen, wie
wir sie noch in den kleineren Städten so zahlreich finden, ganz
besonders schön erhalten z. B. in Sterzing. Mit großeni Ge-
schick wußte der Vortragende seinen Stoff, in dem ja Wieder-
holungen nicht zu vermeiden waren, anregend zu gestalten und
durch Linstreuen von Erlebnissen und anderen Schilderungen
die einzelnen Beispiele in ihrer Erscheinung so verständlich zu
machen, daß die Zuhörerschaft alle Ursache hatte, ihren Dank
für die vorführnng recht lebhaft zum Ausdruck zu bringen.

vierzehnter Abend — den (2. März — Besprechung der
Ausstellung „München (908", eingeleitet durch einen Vortrag
von Bauamtmann B er tsch. Redner legte zunächst die Gründe
dar, die seinerzeit dazu führten, daß v 90^ der Gedanke einer
Kunstgewerbe-Ausstellung und später der einer Elektrizitäts-
Ausstellung aufgegeben wurde, und schilderte, wie namentlich
im Vorjahre immer mehr die Idee einer spezifischen Münchener
Ausstellung Anklang fand, die zeigen solle, was München auf

allen Gebieten kulturellen Schaffens leisten könne. Für eine
Beschränkung auf das Münchener Gebiet spreche auch noch der
Gesichtspunkt, daß die großen Ausstellungen sich immer ge-
ringerer Beliebtheit erfreuen. München müsse darum seine
ganze Kraft darauf legen, im guten Sinne zu spezialisieren,
d. h. danach zu trachten, den Ausstellungsgegenständen ein
eigenartiges künstlerisches Gepräge zu geben. Gelten solle riur
der Gesichtspunkt: Gut und Schön! — Letzterer nur im Sinne
von: Gutgeformt, materialgerecht, sachlich sauber und zweck-
entsprechend gearbeitet. Ls vollziehe sich in dieser Hinsicht
gegenwärtig eine gewisse Umwertung ästhetischer Begriffe, die
besonders prägnant h. Muthesius in seinem Buche: „Kultur
und Kunst" gefaßt habe, wenn es gelinge, in seinem Sinne
in München bahnbrechend zu wirken, dann müsse ein Erfolg
denkbar sein, der dem des Jahres (876 nicht nachzustehen
brauche. In München liege noch eine große Anzahl künstlerischer
Kräfte brach, die zur Entfaltung gebracht und für ein Zu-
sammenarbeiten mit Gewerbe und Industrie nutzbar gemacht
werden müßten. Wenn diese Aufgabe gut erfaßt und durch-
geführt werde, dann werde der „Rechenschaftsbericht", den
München mit seiner Ausstellung vor der Welt ablege, sein An-
sehen steigern und ihm neue Freunde und Verehrer zuführe».
Es gelte in gewissem Sinne eine Inventur aufzunehmen über
das, was München leisten könne, eine Prüfung anzustellen,
welche Betriebe noch einer Ausdehnung in künstlerischer Hinsicht
fähig seien, welche Betriebe Aussicht hätten. „Münchener Spe-
zialitäten" zu werden, kurz — einen Schritt weiter auf dem
Wege der Entwicklung Münchens zur Kunstindustriestadt be-
deuten. Im zweiten Teile seiner Ausführungen ging Bauamt-
inann Bertfch im einzelnen auf das bereits veröffentlichte Pro-
gramm der Ausstellung ein, wobei er nochmals mit Nachdruck
betonte, daß die Art der Darbietung einen hauptreiz der Aus-
stellung bilden müsse und daß sie darum in ausstellungstechnischer
Hinsicht einen Fortschritt bedeuten müsse. An der Hand des
Programms entwickelte er dann auch eine Reihe von Gedanken
über die Beteiligung von Staat und Stadtge>neinde an der
Ausstellung (Tätigkeit auf dem Gebiete der Hygiene und des
Lrziehungswesens) und gab dann auch die bemerkenswerte
Anregung, daß gewissermaßen als Vorbereitung auf die Aus-
stellung die Münchener Geschäftswelt in der kommenden Zeit
ein Hauptgewicht auch auf eine möglichst hübsche und geschmack-
volle Ausgestaltung der Auslagen legen sollte. Mit einer kurzen
Erläuterung des aufliegenden Situationsplanes, der noch weiter
durch ein kleines Modell der hallenbauten ergänzt wurde, schloß
Referent seine mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Aus-
führungen. In der darauffolgenden Diskussion wurden vom
Vortragenden wie von Rechtsrat Dr. Kühles verschiedene
Fragen betr. die künftige Raumverteilung, den Finanzplan rc.
beantwortet. Vr. Kühles im besonderen hob noch hervor, daß
Begeisterung auf allen Seiten notwendig sei, wenn das Ziel,
das im Programm gestellt wurde, erreicht werden solle. Alle
sollten sich als Münchener fühlen, und es sich zur Ehrensache
machen, all das zu zeigen, was in München speziell in den
letzten zehn und 20 Jahren geschaffen wurde, und wie sich
München in künstlerischem Geschmack und in künstlerischer Auf-
fassung von anderen deutschen Städten unterscheide, hinsichtlich
der finanziellen Seite des Unternehmens gab er der Hoffnung
Ausdruck, daß die Münchener Ausstellung bedeutend besser ab-
schließen werde als verschiedene Ausstellungen der letzten Jahre.
An die Vertreter der angewandten Kunst richtete er die Bitte,
bei aller Betonung ihrer Vorrechte und Vorpflichten gegenüber
den anderen Gruppen diese auch voll und ganz mit ihren An-
schaumigen zum Vorteil gelangen zu lassen.

.!ed.. Prof. £. ® me lut, Herausgegeben vom Böser, «unstgewerbeverein. - vrurk und Verlag von R. Oldenbourg, München.
 
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