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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Berlepsch-Valendas; Hans E. von: Das Kunstgewerbe-Museum zu Flensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0352

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Das Aunstgewerbe-Museum zu Flensburg.

(Abb. 12\—726), kommen dabei in Betracht, vielmehr handelt es sich
um Herstellung farbiger, auf dem Webstuhl oder vielfach geradezu vir-
tuos freihändig verfertigter Stuhl- und Bankkissen, bei denen der einge-
kuotete Wollbüschel „Noppe" das charakteristische der Erscheinung bildet
(Abb. 727—729), oder um andere, wo die auf leinenem Grundgewebe
dicht gefetzten Büschel ausgeschnitten und zur sammetartig wirkenden
Fläche vereinigt werden. Daneben existiert plattsticharbeit, gobelinartig
gewebter Stoff, und endlich spielt die Spitzenklöppelei seit dem ersten Drittel
des \7. Jahrhunderts eine nicht unwesentliche Rolle. Durch einen Uauf-
mann, Steenbock aus Tondern, eingebürgert, durch brabantische Arbeite-
rinnen, die im s7. Jahrhundert ins Land gekommen sein sollen, stärker
verbreitet, hat sie den Rahmen des pausfleißes weit überschritten. Noch
im Jahre ^8 f2 sollen ca. zwölf Tausend Personen die Spitzenklöppelei
betrieben und dabei ein vortreffliches Auskommen gefunden haben, zu
Wohlstand gekommen sein. Nicht allein im Lande selbst waren diese
Arbeiten hoch geschätzt; sie fanden ihren Weg durch ganz Europa, selbst
bis nach Ost- und Westindien. Pauptsitze der Spitzenindustrie waren

Mögeltondern, poy-

7>5. Flensburger Kunstgewerbe-
museum: Buutbehaudeltes Löffel-
brett. Insel Röm.

Flensburger Kunstgewerbe-Musounr: Mangelholz,
grün, blau, rot, orange und gold, von der Insel Röm.
Deutsch-dänisches Sprachgebiet.

er, Ballum, Lügum-
kloster und Tondern.

Im südlichen Teile

des Landes spielte die Netzstickerei eine ganz hervor-
ragende Rolle. Das Hamburger Museum besitzt Pro-
ben von einer Qualität, die den italienischen Arbeiten
gleichen Genres in nichts nachsteht. So verhalt es
sich auch mit anderen, von Frauenhand hergestellten
Textilien. Brustlätze, noch aus dein sy. Jahrhundert
stammend, verraten eine Schulung des Farbengefühls,
einen Sinn für Raumverteilung, eine Zwecksicherheit,
die weit davon entfernt sind, wie „verbauerte Run st"
auszuseheit. Es ist Bauernkunst im besten Sinne.
Wer die Möglichkeit einer solchen in Abrede stellt, hat
diese Dinge entweder nicht gesehen oder er hat nicht
begriffen, daß sie ihren eigenen Entwicklungsgang hinter
sich haben. Die eingehendste Aufklärung darüber gibt
das Hamburger Museum, dessen Bestände an Ar-
beiten der Volkskunst, an Trachten z. B. im ganzen
wie in allen Einzelteilen (Brustlätze, Brusttücher,
Anöpfe, Fibeln usw., alles mit einschlägigen pa-
rallelen) von geradezu unerschöpflichem Reichtums
sind und durch Anmengen zeichnerischer und photo-
graphierter Aufnahmen in jeder pinsicht bis in die
subtilsten Aleinigkeiten ergänzt werden. Nach dieser
Seite ist Justus Brinckmanns Schöpfung wirklich ein
Museum im idealsten Sinne des Wortes, dem hoffent-
lich recht bald eine geeignete Behausung geschaffen
wird. Das Flensburger Museum, dem, wie schon
bemerkt, glücklicherweise von Anfang an das Prinzip
zugrunde lag, den Ureis seiner Erwerbungen geo-
graphisch nicht allzuweit zu bemessen, sondern ein
möglichst klares Bild heimischer Uultur zu geben,
enthält einen ganz außerordentlichen Reichtum an all
diesen Dingen. Entweder sind sie auf schleswig-

Aunü und tzandwerk. 57. Jahrg. tzeft U.

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