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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Laffer, Mortiz Otto: Neue Münchener Plakate
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0383

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Keue Münchener Plakate.

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ECHTE- KAMEELHAAR-& SOiAFW°ü-L°DE"M

76{. Plakat; von Ludw. kfohlwein, München.

indem sie Ludwig pohlwein mit dem Entwurf für
ihre Plakate betrauen. Und der liefert nun brillante
Plakate, künstlerisch wertvolle Kataloge usw. Jetzt,
in neuester Zeit erscheint es einem überhaupt, als
ob ein wenig künstlerische Kultur unter den Ge-
schäftsleuten Einzug hielte, aber breitzutreten braucht
man dies Thema noch lange nicht.

Es verschlägt nichts, daß hier von Inseraten,
nicht aber von Plakaten die Rede ist. Denn was
uns auf der Straße serviert wird, bekommen wir ja
meist, nur verkleinert eben, in der Zeitung wieder
vorgesetzt. Mir brauchen uns also hier nicht zu
berichtigen; aber nach einer andern Richtung mag
ein aufklärendes U)ort wohl am Platze fein. Wir
sprachen nämlich vom Tiefstand speziell des Mün-
chener Plakats und sofern es Kaufleute, Brauereien,
Handel und Industrie vertritt, sind unsere Worte am
rechten Platz, aber eben auch nur so weit. Denn
die Ausstellungen bilden der Kunst, bspw. Sezession,
Glaspalast, Künstlerhaus uff. können mit Stolz auf
ihre Plakate verweisen und niit freudiger Genug-
tuung Namen wie Stuck, Bruno Paul, Julius Diez,
Münzer nennen, freilich, in dem wenig ansprechen-
den Bilde unserer Straßenzüge machen es einem die
einzelnen guten Zeichnungen und Malereien erst recht
klar und augenscheinlich, wie schlecht das meiste ist,
bei uns — und auch sonst.

Allein München sollte nicht nur als Kunst-,
sondern auch als die eminente Fremdenstadt, die es
ist, energisch mit diesem schändlichen Wust auf-
räumen! Zwar von Plakatausstellungen u. dgl.
würden wir uns nickt viel versprechen. Aber das
Beispiel Frankfurts am Main sollte man nachahmen.
Dort hat nämlich der Architekt Paul paravicini für
das Plakat, für gute moderne Darbietungen getan,
was überhaupt zu tun war. Auf feine Veranlassung
erwarb die Stadt in belebter Lage eine Anschlag-
fläche, auf der stets, künstlerisch geordnet, neue her-
vorragende Afflchen und Plakate erschienen bzw.
heute noch erscheinen. Ich glaube, diese öffentliche,
unentgeltliche Ausstellung wechselt alle Woche. Derlei
müßten wir doch in München auch noch fertig be-
kominen. Daß eine derartige „offene Ausstellung"

— und sie könnte in recht großem Stil gehalten sein

— die Künstler anregen, die Besteller aber erziehen
würde — darüber bedarf es wohl keines Streits!
Ist doch in der bildenden Kunst das Beispiel alles.

Übrigens, nebenbei ein Wort an die Architekten!
Wie wäre es, wenn auch sie sich mit der leidigen
Angelegenheit „Plakat" beschäftigen würden, Stellung
nähmen gegen das sinnlose und abscheuliche Be-
klexen, Beschmieren, Bekleben schier jeder paus- und
anderen Fläche? Auch wäre es gut, dem plakat-
rahmen, der Anschlagsäule, dem Firmenschilds, der
Reklame mit einem Worte hier und dort, an der
Fassade und im Interieur Beachtung und ernstes
Studium zu schenken.

Ja, es wäre überhaupt gut, die Affiche ernster
aufzufassen und von ihr als von einer ganz all-
gemeinen Sache zu sprechen. Denn — wie schon
einmal gesagt — sie kann heute nicht mehr entbehrt
werden. Man braucht sie vielmehr jeden Tag aufs
neue, jOfach, f 00 fach, f000 fach. Und wie dem
Schriftsteller in der Presse, so ist dem Künstler, dem
Maler hier ein Gebiet erschlossen, um das er sehr
froh sein sollte und könnte. Denn des Plakats kann
sich keine Photographie, und sei sie selbst farbig,
bemächtigen; die „angewandte Illustration" wird
nie entbehrt werden können und keine Wissenschaft,
keine Vptik und Mathematik wird sie ersetzen, so
wenig als ein Glasgemälde, als — koloristische
Leistungen.

Die Künstler sollten also alles daran wenden,
auch ihrerseits zur pebung dieser Kunstsparte beizu-
tragen; sie sind nicht etwa ohne Schuld an den
traurigen Vorkommnissen, die wir vorstehend berührt
haben. So müßten sie sich unter anderem nicht dazu
herbeilassen, dem schlechten Geschinack der Kunst-
anstalten und ihrer sonstigen Auftraggeber Konzessionen
zu machen, wohl aber dazu verstehen, den törichten,

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