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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Laffer, Mortiz Otto: Neue Münchener Plakate
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0384

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Nene Münchener plafatc.

mittelalterlichen Zunftstolz abzulegen, der sie am
frischen Ergreifen der Gegenwart hindert. Doch es
muß wohl rühmlicher fein, endlos ins Blaue hinein
Gemälde zu schaffen, die niemand verlangt, als etwa
sagen zu können, ich habe dem und dein ein gutes
Plakat besorgt! Man sage uns nicht: „ja, das
würden wir ganz gerne, aber man wird zu schlecht
bezahlt." Für eure Bilder bekommt ihr ja gar
nichts, während eine anständige Reklamearbeit doch
ganz gerne mit 30—s00 M. honoriert wird. Zwei-
mal 30 RI. im Monat machen aber JOO M. — und
mit sOO M. im Monat läßt sichs schon leben.

Doch lassen wir alle guten Ratschläge beiseite!
Und beschäftigen wir uns nun inal rein sachlich mit
dem Plakat. Da mag zunächst etwas von dessen
Geschichte nicht uninteressant berühren. 5ie ist noch
nicht alt, die Plakatmalerei. Und von Paris hat
sie eigentlich ihren Ausgangspunkt genommen, ihren
Liegeszug angetreten, so im letzten Fünftel des jß.
Jahrhunderts. Lie fand damals in allen kunst-
übenden Ländern Europas und Amerikas Anklang,
ja eine begeisterte Aufnahme; jetzt soll sie aber,
nach dein und jenem Urteil, schon wieder im Nieder-
gang begriffen sein. Man ging seinerzeit bei der
Zchöpfung von Plakaten von dem Prinzip der ja-
panischen Flächenmalerei aus. Einfachheit, werbende
Kraft, Zilhouettenwirkung, flächige Erscheinung —
das sind auch heute noch die Schlagworte, die bei
den Künstlern in Achtung stehen. Doch gelangte im
Laufe der Zeit auch beim Plakat die persönliche Note
mehr und mehr zur Geltung, und heute wird es
keinem vernünftigen Menschen mehr einfallen, den:
Künstler durch technische, kunstkritische oder sonst
welche Bedenken, Hemmnisse bereiten zu wollen; er
soll sich vielmehr auch auf der Asfichenfläche frei —
aber freilich auch als Plakatkünstler ausleben.
Das Plakat hat natürlich ebenfalls seine mehr oder
weniger berühmten Namen. Mir nennen von den
Franzosen nur Zules Eheret, Eugene Grossst, penride
Toulouse-Lautrec, Forain, A. Millette, Ulalteste,
Steinlen und Alphonse Mucha, dessen linienreiche
Art uns heute aber nur mehr mäßig zusagt. Belgien
prunkt mit den Namen D. Mignot, Privat-Livemont,
F. Toussaint und p. Meunier. Zn England be-
gründete die moderne Plakatmalerei Dudley pardy,
ein berufsmäßiger Plakatmaler. Als besonders kräf-
tig ist noch M. Nicholson zu nennen. Amerika, das
Eldorado aller Reklame, ist natürlich sehr reich an
Plakatkünstlern, doch wir wollen uns mit den Namen
penfield, Mill Bradley, L. Rhead und Gould be-
gnügen.

Zn Deutschland haben sich Künstler der älteren
Richtung ebenso als junge Kräfte im Plakat ver-

762. Plakat; von Ludwig tsohlwein, München.

sucht . . . wir wählen nämlich absichtlich dieses Zeit-
wort, da wir erst wenig wirklich großartige Leistungen
aufzuweisen haben. Fr. v. Stuck muß aber hervor-
gehoben werden, er könnte auch, wollte er nur, eine
große Reihe glänzender Plakate schaffen. Bon
jüngeren seien der geistvolle Th. Th. Peine, V. Tissarz,
A. Zank, A. Münzer genannt.

Da nach Karl von Lützows wahrem Morte
„quellendes Leben, heiterer Geschmack, Farbigkeit
und Glanz die starken Zeiten der österreichischen Kunst
bilden", so darf man Ähnliches wohl auch vom
Miener Plakat erwarten. Zn der Tat hat das öster-
reichische Reklame-Bild häufig Thik, und fast iimner
ist es eigenartig-geschmackvoll, prägt sich auch gerne
dem Gedächtnisse ein. Nur daß es sich vielleicht
öfter zu zart gibt.

Das Münchener Plakat fei hier, als ein Ganzes
genommen, ausgeschaltet, da wir uns eine eingehende
und spezielle Behandlung desselben für ein andermal
Vorbehalten. Nur das möchten wir anmerken, daß
wir es als hoch erfreulich begrüßen würden, wenn
unsere Geschäftswelt und besonders unsere jüngeren
Künstler sich besser verstünden; der Legen wäre für
beide Teile weit größer als man denkt. Mder müssen

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Aunst und Handwerk. 57. Zahrg. Heft \2.

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