K. Westermaier, München
K. Westermaier, München
Das Postulat, das Möbel dürfe eigentlich nicht mehr
als eine „räumliche Weiterbildung der neutralen
wandfläche" fein, müsse streng im Sinne absoluter
Sachform geometrisch linear konstruiert, alles solche
Forderung Trübende meiden, ist ebenfalls ent ge-
wesenes und wurde durch Kräfte überholt, die sich
nicht binden lassen.
So waren auch trotz eifriger Dekretierung und llber-
sehens, jene künstlerisch stärkeren, disziplinierteren
Kräfte innerhalb der Dekorationsmalerei nicht an
der Erprobung und Entfaltung ihres Könnens zu
hindern. Durch Tüchtigkeit hoben sie sich aus der
zur Anonymität genötigten Durchschnittsleistung des
Handwerks — dem sie nicht selten die Herkunft
dankten — und traten damit fordernd in den Kreis
treibender Mächte, ihren künstlerischen Qualitäten,
sie vorwärts zu führen, vertrauend.
Daß persönliche Tüchtigkeit — um nicht Sonderart
zu sagen — über Theoreme siegt, sie beseitigt,
wäre nicht zum ersten Male als Faktum zu buchen.
Daß ein Stand, ein Gewerbe, als mehr oder minder
homogene Masse tätig wirkend, Gleiches im breiteren
Wirkungsbereiche zu erreichen vermag, auch dafür
gibt gerade die neuere Gewerbegeschichte Bürgschaft.
So besteht heute ein Bund deutscher Dekorations-
maler, unter dessen programmatischen Sätzen einer
lautet: „Unser Ziel ist die Wiederaufrichtung
manuellen Könnens in der deutschen Dekorations-
malerei, die Scheidung des Talentes von der In-
dolenz und kunsthandwerklicher Unfähigkeit." —
Zu diesem Bund, dessen Präsident Julius Mössel
ist, gehört auch Anton Kiesgen, dessen Arbeiten auf
der ersten Wanderausstellung des Bundes deutscher
Dekorationsmaler im Berliner Künstlerhaus vom
Januar dieses Jahres unter die besten Leistungen
gezählt wurden. Kiesgens handwerkliche Sicherheit,
die Beweglichkeit seiner künstlerischen Ausdrucks-
mittel sind Gewähr dafür, daß er versteht, das rechte
Verhältnis für die Funktion der Bauglieder im
Gesamtverband der Architektur durch die Mittel
seiner formalen und farbigen Kunst zu finden.
Seine bisher wohl reifste Arbeit, der Rapportsaal
des Fischerschen neuen Polizeigebäudes in München
(Abb. S. \38), ist Beweis dafür, wie er durch gute
Gewölbeflächenaufteilung, die er an gehöriger
Stelle aus dem Tektonischen mit kluger Reserve ent-
wickelt, dem Architekten dient und doch in seiner
Formenwahl selbständig bleibt. Er folgte einer
farbigen Note, welche die braunen Marmorsäulen
dem Raum geben. Die verwendeten Farben sind
stumpfschwarzbraun, grau, schwefelgelb mit wenig
blauen Früchten, und diskrete Verwendung grüner
Konturen; der mit breiten Strichen entmonotoni-
sierte hellwarmgraue Grund wirkt in den großen
Feldern überaus lebendig, ohne die Mauerfläche
zu entmaterialisieren, die „wand" ist geblieben.
Die wände sind gelb, die Lamprises schwarz. Diese
Arbeit Kiesgens ist das Ergebnis einer engeren
Konkurrenz aus vier Münchener Ateliers. Abb.
S. u. ^37 bringt die Skizze einer Restaurant-
ausmalung: Farbige Stimmung in Gelb, Grau,
Grün und Schwarz. Im Gewölbe gelbes Blattwerk,
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K. Westermaier, München
Das Postulat, das Möbel dürfe eigentlich nicht mehr
als eine „räumliche Weiterbildung der neutralen
wandfläche" fein, müsse streng im Sinne absoluter
Sachform geometrisch linear konstruiert, alles solche
Forderung Trübende meiden, ist ebenfalls ent ge-
wesenes und wurde durch Kräfte überholt, die sich
nicht binden lassen.
So waren auch trotz eifriger Dekretierung und llber-
sehens, jene künstlerisch stärkeren, disziplinierteren
Kräfte innerhalb der Dekorationsmalerei nicht an
der Erprobung und Entfaltung ihres Könnens zu
hindern. Durch Tüchtigkeit hoben sie sich aus der
zur Anonymität genötigten Durchschnittsleistung des
Handwerks — dem sie nicht selten die Herkunft
dankten — und traten damit fordernd in den Kreis
treibender Mächte, ihren künstlerischen Qualitäten,
sie vorwärts zu führen, vertrauend.
Daß persönliche Tüchtigkeit — um nicht Sonderart
zu sagen — über Theoreme siegt, sie beseitigt,
wäre nicht zum ersten Male als Faktum zu buchen.
Daß ein Stand, ein Gewerbe, als mehr oder minder
homogene Masse tätig wirkend, Gleiches im breiteren
Wirkungsbereiche zu erreichen vermag, auch dafür
gibt gerade die neuere Gewerbegeschichte Bürgschaft.
So besteht heute ein Bund deutscher Dekorations-
maler, unter dessen programmatischen Sätzen einer
lautet: „Unser Ziel ist die Wiederaufrichtung
manuellen Könnens in der deutschen Dekorations-
malerei, die Scheidung des Talentes von der In-
dolenz und kunsthandwerklicher Unfähigkeit." —
Zu diesem Bund, dessen Präsident Julius Mössel
ist, gehört auch Anton Kiesgen, dessen Arbeiten auf
der ersten Wanderausstellung des Bundes deutscher
Dekorationsmaler im Berliner Künstlerhaus vom
Januar dieses Jahres unter die besten Leistungen
gezählt wurden. Kiesgens handwerkliche Sicherheit,
die Beweglichkeit seiner künstlerischen Ausdrucks-
mittel sind Gewähr dafür, daß er versteht, das rechte
Verhältnis für die Funktion der Bauglieder im
Gesamtverband der Architektur durch die Mittel
seiner formalen und farbigen Kunst zu finden.
Seine bisher wohl reifste Arbeit, der Rapportsaal
des Fischerschen neuen Polizeigebäudes in München
(Abb. S. \38), ist Beweis dafür, wie er durch gute
Gewölbeflächenaufteilung, die er an gehöriger
Stelle aus dem Tektonischen mit kluger Reserve ent-
wickelt, dem Architekten dient und doch in seiner
Formenwahl selbständig bleibt. Er folgte einer
farbigen Note, welche die braunen Marmorsäulen
dem Raum geben. Die verwendeten Farben sind
stumpfschwarzbraun, grau, schwefelgelb mit wenig
blauen Früchten, und diskrete Verwendung grüner
Konturen; der mit breiten Strichen entmonotoni-
sierte hellwarmgraue Grund wirkt in den großen
Feldern überaus lebendig, ohne die Mauerfläche
zu entmaterialisieren, die „wand" ist geblieben.
Die wände sind gelb, die Lamprises schwarz. Diese
Arbeit Kiesgens ist das Ergebnis einer engeren
Konkurrenz aus vier Münchener Ateliers. Abb.
S. u. ^37 bringt die Skizze einer Restaurant-
ausmalung: Farbige Stimmung in Gelb, Grau,
Grün und Schwarz. Im Gewölbe gelbes Blattwerk,
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