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Die Kunde — 9.1941

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Tacke, Eberhard: Zur Geschichte des Solling-Steingewerbes
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Alpers, Paul: Eine Münchhausen-Ballade wurde Soldatenlied
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https://doi.org/10.11588/diglit.62649#0268

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decker ausrechnen, wieviel Fuder Dachsteine nötig wären. Diese wurden
nämlich erst am Richttage von den Bauern gemeinschaftlich heran-
gefahren, in der Regel mit zwei Pferden, selten mit vieren. Daß sie bei
dem lustigen Fahren nicht zu schwer luden, machte ja bei der großen
Anzahl von Wagen nichts aus. Es wurde so früh gefahren, daß man
etwa mittags ein Uhr am Bauplatze sein konnte.
Von diesen Dachsteinfahrten hört man die Alten, wenn die Rede
darauf kommt, immer noch mit großer Lebhaftigkeit erzählen. So fuhren
einmal nicht weniger als 28 Wagen zusammen vom Speerberge jen-
seits des Jagdhauses. Mitten in der Nacht hatte man angespannt. Auf
der Rückfahrt wurde in Eschershausen bei Johannings Wirtschaft an
der Meinte zum letzten Male gehalten und noch einmal herumgetrunken,
auch ein letzter Imbiß gereicht.
Nun aber trat der Ehrgeiz der Fuhrleute in Kraft, denn jeder
wollte mit seinem Fuder der Erste am Richtplatze sein. Erhielt doch
der zuerst Ankommende ein seidenes Halstuch, während der Letzte
tüchtig ausgelacht wurde. Einzelne, die solange hinten gewesen waren,
brachen jetzt plötzlich aus dem Hinterhalt hervor und versuchten davon-
zujagen. Die Vorderen wollten sie natürlich nicht vorkommen lassen,
und so rasten die Wagen mit ihren allerdings nicht übergroßen Lasten
auf der Landstraße nebeneinander und aneinander vorbei, doch immer
so geschickt, daß man nicht auf- und ineinander fuhr. Es war zu ver-
wundern, wie selten einmal ein Unglück geschah. Manche Dachsteine
freilich flogen von den Wagen und blieben zerschmettert auf den
Straßen liegen. Bei einem solchen Wettfahren in Neuhaus fuhr einer,
weil ihn die anderen nicht vorbeilassen wollten, mit seinem Fuder den
steilen Berg hinauf und wurde dadurch richtig der Erste.
Auf dem Bauplätze angekommen, erhielt jeder Fuhrmann einen
halben Kuchen, den er mit nach Hause nahm. In Dinkelhausen gab's
einen ganzen, der inzwischen schon in das Haus des Fuhrmanns ge-
bracht war."
Eine Münchhausen-Ballade wurde Soldatenlied.
Von Or. Paul Alpers, Celle.
Hannoversches Volksliederarchiv.
Unter den mir eingesandten Soldatenliedern war eins, das mich
gleich mit seinen Anfangsworten stutzig machte, fiel es doch völlig aus
dem Rahmen des heutigen Soldatengesangs heraus: „Jenseits
des Tales standen ihre Zelte". Es war — wie sich bald er-
gab — wirklich die Münchhausensche Ballade „Jenseits" etwas ganz
Absonderliches: eine moderne Ballade, sogenannte „Kunstrichtung im
Munde unserer Feldgrauen! (Freilich so einzigartig ist der Fall nicht.
Z B. v. Münchhausen Balladen S. 83.

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