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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft III (März 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0056

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neu mit einer unglaublichen Oberflächlichkeit,
haben dafür eine enorme Einbildung und sind
dann später nur äusserst schwer zu einer
wirklichen Formbeachtung zu bringen'. Ich
weiss zwar nicht, womit er diese Behauptung
beweisen will.

Abbildun

Diejenigen
Schüler, die in
das Gymna-
sium eintreten,
haben nämlich
noch gar kei-


g 9.


nen systemati-
schen Zeich-
nungsunter-
richt. Der be-
ginnt erst in
der 5. Klasse
der Volks-
schule und aus
dieser Klasse
treten nur
mehr sehr
wenig Schüler
in das Gym-
nasium über.
Auch hat Herr
Morin niemals
eine Zeichen-

klasse

an

der Volksschule

auch nur mit

einem Fuss betreten, um etwa in unseren
Klassen selbst erkennen zu können, wie unser
neuer methodischer Unterricht die Schüler

,verdirbt'.

Ich lade nun den Herrn Zeichenlehrer
Professor H. Mo-


rin öffentlich ein,
sei ne Schüler der
4 ersten Latein-
klassen zusam-
men mit den Schü-
lern ganz belie-
biger, von einem
guten Zeichen-
lehrer nach der



verurteilten Me-
thode geführten
Volksschul - Ober-
klassen unter sei-
ner u. des betref-
fenden Zeichen-
lehrers gleichzei-
tiger Aufsicht
einen einfachen
Gegenstand nach
der Natur zeich-



nenzulassen. Ich
lade ihn weiter
ein, das gleiche
zu tun mit den
vier oberen Mäd-
chenklassen, wo-
bei die Aufgabe
aus dem von ihm

als Humbug hin-
gestellten dekorativen Zeichnen genommen
werden soll. Er darf aus den 20 Klassen

auswählen, die sich an der Ausstellung be-
teiligt haben und deren Resultate er als
Schwindel bezeichnet hat. Ich bin über-

zeugt. dass das k. Staatsministerium zu
diesem auf dem Gebiet des Turn- und Sing-
unterrichts in Deutschland schon öfters da-
gewesenen Wettkampf Herrn Morin die nötige
Erlaubnis erteilen wird. Denn die Schulauf-
sichtsbehörden müssen das allergrösste In-
teresse daran haben, in dieser wichtigen
Frage klar zu sehenund entscheiden zukönnen,
welche von den beiden diametral sich ent-
gegenstehenden Methoden für allgemein bil-
dende Schulen die wirksamere ist. Da ins-
besondere die Schüler, die Herr Morin zur-
zeit in den 3. und 4. Klassen hat, durch un-
seren Zeichnungsunterricht noch nicht ,.ver-
dorben“ sein können — denn dieser Unter-
richt ist bei uns selbst erst im dritten Jahre
eingeführt —, sondern lediglich unter seiner
Führung zeichnen gelernt haben, so wird das
Ergebnis eine objektive Beurteilung der Frage
durchaus möglich machen. An diesem Ver-
such, der rein sachlich durchgeführt werden
soll, muss nicht bloss die bayerische Schul-
verwaltung das grösste Interesse haben, son-
dern es werden sich die Augen sehr vieler
Schulverwaltungsbehörden ausserhalb Bayern
und Deutschland darauf richten. Denn es
vergeht kein Monat, wo ich nicht aufgefordert
werde, unsere verrückte Zeichenmethode durch
Vorträge ausserhalb Bayern zu erläutern
und durch Ausstellungen zu illustrieren. Erst
vor zwei Tagen ist wieder eine Einladung
aus den russisch-deutschen Ostseeprovinzen
eingelaufen mit dem Ersuchen, 20 Vorlesungen
für die russisch-deutschen Zeichenlehrer in
Reval in einem Ferienkurs zu halten. Ich
habe leider auch hier ablehnen müssen,
wie bei allen anderen Einladungen. Die
schwindelhaften „Resultate“ unserer Aus-
stellung sind zur Zeit von dänischen, eng-
lischen und österreichischen Städten zur
Ausstellung begehrt, während eine Gruppe
dekorativer Arbeiten in der Ausstellung der
Berliner Volkskunst sich befindet. Bei dem
enormen Interesse, das heute alle Kultur-
staaten an einer ausgiebigen Förderung des
Zeichnungsunterrichtes haben, werden daher
sämtliche Kulturstaaten Herrn Morin danken,
wenn er endlich durch den von mir ihm an-
gebotenen Wettkampf beweist, wie töricht es
ist, wenn sich andere Menschen noch mit un-
serer Münchner Methode weiter beschäftigen.
Sollte Herr Morin trotz dieses für ihn wegen
seines ausgewählten Schülermateriales un-
gemein günstigen Angebotes nicht gesonnen
sein, auf das Anerbieten einzugehen, so bitte
ich ihn, in Zukunft das Volksschulwesen
Münchens mit seiner gütigen Fürsorge ver-
schonen zu wollen.“
Der Magistrat erhob von seinem Stand-
punkte aus keine Erinnerung, dass zur Klä-
rung dieser wichtigen Frage der Wettkampf
in der von Schulrat Dr. Kerschensteiner vor-
gesclilagenen Weise zum Austrage gebracht
werde.“
Umschau. DBK. Vereinsbildereien
schlägt Johannes Buschmann in den Kultur-
fragen (H, 5) im Anschluss an Avenarius’ An-
regung zu „Hausbildereien“ vor. Er sieht
 
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