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— 27 —

die drei Städte vorstellen: der Typus »>>d die Anordnung (
derselben gehören unstreitig Hrn. Heim; etwas Aehnliches ^
kann nur durch einen Mann von wahrem valent er. >
funden und ansgeführt werden; das Publikum wird
dieses Werk das Verdienst dieses Mannes schähen lernen,
von dem alle Künstler schon lange überzeugt lind.

Neunter Saal. Der Maler des Plafonds ist Hr.
Ingres. Das Gemälde stellt den vergötterten Homer
vor, dem alle großen Männer ans der Schwelle keines
Tempels ihre Ehrfurcht bezeugen.

Der göttliche Dichter sizt auf einem goldenen Thron;
unter ihm sind die Figuren zweier Frauen, wovon die
Eine die Ilias und die Ändere die Odyssee ist. Orpheus,
Linus und die Musen sieht man in der Ferne. Naher
bei dem Sänger Achills sind einerseits Hervdot, Pindar,
Sokrates und Plato, andererseits Aeschyles, Sophokles,
Euripides, Menander, Apelles; auch Raphael ist unter
diese Personen des Alterthums eingereiht.

Das Ganze bildet zwei Gruppen, welche der alte Ho-
mer gleichsam beherrscht. Der Vordergrund des Gemäl-
des wird von Personen neuerer Zeiten eingenommen, de-
ren Verdienst oder Talent durch die Poesie Homers ent-
wickelt wurde, oder die sich mehr oder weniger durch ihre
Celebritat demselben nähern; so sieht man z. B. Bossuet,
Fenelon, Corneille, Racine und Bvileau bei Longin stehen,
der gleichsam als Uebergang von der alten auf die neue
Zeit dient. Hr. Ingres stellte Raphael zu den Mesonen
des Alterthums; Ponssin scheint er als den MeMr der
Kunst bei den Neuern vorzustellen; er ist in Gesellschaft
mit Dante, Tasso, Camoi-ns und Shakspeare.

Diese ganz originelle Compvsition, in der sich Schön-
heiten vom ersten Rang befinden, verräth den ausgespro-
chenen Geschmack des Hrn. Ingres für die Schule von
Florenz. Sein Gemälde ist ein bildlicher Traum in der
Art desjenigen, wozu Bostius im fünften Jahrhundert
den Typus gegeben hat; es erinnert an Dante's göttliche
Komödie und Petrarcha's Triumphe. Bei dieser Comxo-
sition läßt nichts auf Nachahmung schließen; denn sie
stammt offenbar von den nämlichen Ideen von Philosophie
und Poesie ab, denen Raphaels Disput« und Schule von
Athen ihr Entstehen verdanken.

(Der Beschluß folgt.)

Ucber einige Glasmalereien im Kloster Wiblingen
bei Ulm.

In dem merkwürdigsten Zeitabschnitte des sechszehnten
Jahrhunderts, zugleich einem der fruchtbarsten in der gan-
zen Lebensgeschichte des deutschen Volkes, der die Geschichte
des Neformativnswescns einschließk, suchten sich die so hef-

j tig aufgeregten Gemüther der einander gcgenüberstehende»

I Feinde auf jede ersinnliche Weise Luft zu schaffen. Keine
! der beiden Parlhien wollte sich hierin von der andern
I überbieten lassen. Selbst in dem trägsten Gemüth regte
sich wenigstens etwas Mutterwitz, den es nun nach seiner
;Qirt und Weise über die Andersdenkenden ergoß. Daß
diese Art und Weise nicht immer eine feine war, läßt
sich erwarten von dem Zustande der Rohheit, aus dem all-
mählich erst die Menschheit sich mühsam heranszuarbeiten
begann. Man schrieb nicht nur Büchlein und Traktallein
gegen einander, gegen welche Reichs - und Städtetäge ver-
geblich Verbote ergehen ließen, sondern auch die Künste
wurden zu Hülfe genommen, um dem satirischen Witz zu
dienen. Davon geben zwei Glasmalereien Zeugniß, die
einst im Kloster Wiblingen zu sehen waren, und später
im Archiv zu Ulm aufbewahrt wurden, wo sie noch zu
sehen seyn sollen. Ein Eustachius Günzburger, ein An-
hänger der alten Lehre, dessen Namen ich auf vielen Brie-
fen der damalige» Zeit gelesen habe, ließ dieselbe verfertigen.

Die eine dieser Malereien theilt sich in zwei Felder,
deren Scheide von einer Statue gebildet wird, die ein
ziemlich heidnisches Aussehen bat. Auf einem etwas ho-
hen Fuße erhebt sich eine sich nach oben zu erweiternde
Säule, die einem weiblichen Oberleibe zum Ruhepunkt
dient, der nackt, ohne Arme, mit vollen Brüsten (die an
die Naturvergölterung der Alten erinnern) eine Krone
als Kopfbedeckung hat. Soll diese weibliche Figur das
Sinnbild des alten Glaubens seyn, so deuten vielleicht die
abgeschlagenen Arme und der entblößte Leib aus Schmä-
hungen und Kränkungen des alten Glaubens durch die
Protestirenden, wenigstens auf Enthüllung der kirchlichen
Mysterien, die gar nicht im Sinn der Anhänger des al-
ten Glaubens lag. Diese Deutung ist wohl die richtige,
wenn man sieht, daß die Figuren des innern Feldes ge-
rade nach diesem Bilde ihre Schritte richten. Vorne geht
der Papst mit einer Kirche auf der linken und dem Krumm-
stab in der rechten Hand. Er ist in vollem Ornat. Ihm
folgt ein Kardinal mit seinem Hute. Hinter ihm erscheint
ein Bischoff und diesem folgte paarweise ein Zug von Mön-
chen und Nonnen, alle in der ihnen eigenthümlichen Or-
densxracht. Sämmtliche Figuren haben die Haube gefal-
tet und sehen nach dem geschändeten Bild des Glaubens
andächtig, aber mit sichtbarer Betrübniß hin. Oberhalb
dieser Scene erblickt man in Wolken die Mutter Gottes
mir dem Jesuskind und Gott den Vater mit der Weltkugel.

Unterhalb der Scene stehen die Worte:

Bleybt standhaft In dcmiedikaylt
Bay der allgemeinen Cristenvaytt.

Da» st, hatt gewiß die Rechte ler,

Darcnnb sich niemand von ir ker.

Das andere Bild versinnlicht das Wesen und Treibe«
der Evangelischen, vorzüglich ihrer Lehrer. Die Vorftc!-
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