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Konstanz hatte noch ritt Jahr 1653 an den Brüdern
Wolfgang und Sebastian Spengler zwei sehr tüch-
tige Glasmaler. Der erste verehrte dem Stadtrath einen
auf Glas gemalten Schild, die Arbeiten einer Münzstätte
-vorstellend, und erhielt 5» fl. dafür. Diese Arbeit ist noch
auf dem Rathshause vorhanden. Merkwürdig ist sie be-
sonders noch deswegen, weil Spengler als Einfassung des
Schilds die Wappen aller damaligen Magistratsglieder an-
brachte. Sein Bruder lieferte eine in schwarz ausgesührte
Vorstellung der Kreuzigung, die ebenfalls noch vorhanden
ist. Diese kunstreichen Brüder haben ihrer Zeit sehr viele
Arbeiten geliefert, die aber seit 50 Jahren verschwunden
find. Ein sehr übel verstandener Purismus hat die ge-
malten Scheiben beinahe aus allen Kirchen vertrieben.
Zu Konstanz war besonders diese unverständige Geschmacks-
segerci seit langem schon besonders thatig, das alte, ehr-
würdige Münster von allen Zeichen des Alterthums zu
entkleiden, um es recht hell und freundlich zu machen.
Diese Verschvnerungswuth trieb ihr Unwesen besonders in
der Zeit von 1780 — I8oo, und es >ist nur ein Zufall,
wenn hie und da noch ein Fragment alter Kunst erhalten
wurde.

Auch das Städtchen Radolfzell am Unterste hatte im
I7ten Jahrhunderte einen sehr wackeren Glasmaler. —
Er hieß Fr. Joseph Stör. Von ihm hat man auf ei-
ner Zunftstube zu Dießenhofen zwei Glasmalereien vom
Jahre 1627. Eines derselben ist darum merkwürdig, weil
es eine Scene aus Till Eulenspiegel darstellt.

Unter den gegenwärtig in Deutschland lebenden Glas-
malern werden wohl die zu Freiburg im Breisgau sich
aufbaltcnden Gebrüder Helmle, aus dem Schwarzwald,
die vorzüglichsten se»n, sowohl was die Zahl, als die Qua-
lität ihrer gelieferten Arbeiten betrifft *). Bereits seit
mehreren Jahren arbeiteten sie für das treffliche Münster
mehrere Rosetten und andere Gegenstände, womit der
Abgang ersezt wurde, den entweder die Unbild der Zeit,
oder auch hie und da die Lauigkeit der Zeitgenossen ver-
ursacht hatte.

Das Vorzüglichste jedoch, was sie für das Münster
lieferten, ist die Passion nach Rembrand, in einer Reihe
von Gemälden wahrhaft meisterliche ausgeführt. Der Herr
Deutschordenskommandenr, Baron von Steinach, dem Frei-
burg schon so manches schöne Denkmal seines liberalen
Kunstgeschmackes verdankt, hat die Kosten dieser Malereien

*) Dem Hr». Vf. dieser Anzeige sind die trefflichen Glas-
malereien , welche die P'drzellm,Manufaktur in München
für den Dom von Regcnsburg liefert, noch nicht bekannt.
In diesen ist die Farbenpracht der schönsten alte» Glas-
gcmälde mit ausnehmend schöner Composilivn, Zeichnung
und Ausführung der Figuren und Beiwerke verbunden.,

Rest..

bestritten. Man kann diese Malereien kühn dem Besten
an die Seite stellen, was in diesem Fache je geleistet wor-
den ist. Zeichnung und Colorit sind gleich empfehlens-
werth, und die Künstler haben Ms treu an die Vorbilder
gehalten. Ein Beweis von dem so eben Gesagten ist der
Umstand, daß kürzlich einige reisende Engländer, welche
das Münster besahen und besonders die treffliche Glasma-
lerei der Brüder Helmle bewunderten, durchaus nicht
glauben wollten, !)ter Malereien aus der neuesten Zeit
(1826) und hiesiger Künstler vor sich zu haben. Sie hiel-
ten. sie für Erzeugnisse des Mittelalters und gaben ihre
Meinung erst auf, da man sie in die Werkstätte der Künst-
ler führte,, wo sie voll Verwunderung einige eben erst fer-
tig gewordene und andere noch in Arbeit befindliche Stücke
antrafen und alles aufkauften, was man ihnen «Kaffen
wollte.

Voriges Jahr verfertigten die nämlichen Künstler ein
großes Gemälde für die Hauptkirche zu Sigmaringen. Es
ist der Tod des Kapuziners) Fidelis von Sigmaringen, der
zur Zeit der Reformation und bürgerlichen Unruhen in
Graubündten von einigen Bauern erschlagen wurde. Die-
ses Gemälde ist das größte historische, das die Helmle noch
verfertigten.

Diese Künstler sind auch Glasschleifer. Dadurch er-
reichen. sie den Vortheil, ihren Malereien gewisse Halb-
tinten und Lichtparthien zu geben, indem sie die farbigen
Gläser durch das Abschleifen nüanciren. Das Farben al-
ler. Glaser, worauf nicht gemalt wird, geschieht schon auf
der Glashütte. Alles aber, was zur Malerei gehört, ist
Sache der Künstler. Sie beobachten dabei, die bekannte
Methode des Einschmelzens oder Einbrennens der Mine-
ralfarben, weichen aber, ihrer Versicherung nach, von Kun-
kels Vorschrift ab. Worin ihre Verfahrnngsart bestehe,
kann ich nicht sagen, da die Künstler sich hierüber nicht
erklären. Das vortreffliche Rubinglas haben sie bisher
noch nicht bei allen ihren Malereien, angewendet, obgleich
ihr Dunkelroth auch sehr hübsch ist.

Sie wissen übrigens die. Art der Anwendung des so-
genannten Goldpurpurs *) und haben bei der Passion recht
guten Gebrauch davon gemacht. Freilich ist diese Zube-
reitungsart etwas kostbar, .allein da die Kunst dabei ge-
winnt und. ihr Ruf bereits gegründet ist und mit jedem
Jahre, es mehr werden muß, wenn sie sortschreiten; so

Auflösung des Golds durch Königswasser und Nieder-
schlag dnrch Zinnanflöfnng. Das sich darstellende Pulver
wird unter der Bencnming Golbkals oder Goldpurpnr
zum Färben des Glases angcwcnbet und gibt das treff-
liche Nnbinrotb. Der Erfinder des Goldpurpurs war
ein Deutscher, Namens Andreas Kassius, aus denn Schleß-
wigschen und Arzt zu Hamburg, ums Jahr iüZ-. Erst
sein Sohn, der als Arzt zu Lübeck starb, machte, das
Geheimniß. des Goldpurpurs, bekannt.
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