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— 135 —

Straße Gros-Chenet, zu scheu ist. Obgleich dies leztcre
Bild uicht für das beste feines Urhebers gilt, mag es uns
doch behülflich se»n, unsre Lobeserhebungen und Kritiken
über die neudeutsche Schule zu rechtfertigen. Beim ersten
Anblick konnte ein Liebhaber, der alte Gemälde nicht ge-
rade sehr ernstlich studirt hätte, das Bild, auf welchem
Hr. Heß den Apoll in der Mitte der neun Musen dar-
gestellt hat, für ein Werk aus dem Anfang des löten
Jahrhunderts halten. Die Anordnung der Figuren, ihr
antikes, mehr dem Raphael und Mantcgna, als den grie-
chischen Statuen nachgcahmtes Costüm; der enge Raum,
welcher die Figuren umgibt; die ängstliche Genauigkeit,
womit die Landschaft ausgeführt ist, und eine gewisse rau-
chige und röthliche Farbe des Fleisches; kurz Alles erin-
nert an den wenig erfreulichen Anblick eines Gemäldes
von Giulio Romano oder irgend eines seiner Mitschüler.
Trotz dem erkennt man, sobald sich das Auge mit dieser
Umhüllung malerischer Gelehrsamkeit vertraut gemacht hat,
die reellen Eigenschaften des Werks und das Verdienst
des Künstlers. Man findet eine wahre Zeichnung, Stel-
lungen und Mienen voll Naivetät und gründliche Einsicht
in die Kunst der Composition und in die Wissenschaft des
Modellirens. Aber der Mangel an Studium der Antike
und die Uebertreibung des Stpls der Meister aus dem
löten und töten Jahrhundert, widerstreitet offenbar der
Vernunft und verlezt den Geschmack eines jeden, der die-
sen etwas gothischen Parnaß beschaut. Der Apollo vor
allen ist bizarr in seinen Formen, und man weiß nicht,
warum der Maler, um sich noch inniger dem Styl der
alten Schulen anzuschließen, nicht dem Gott eine Violine,
statt einer Leier, in die Hand gegeben hat 9).

») Gegen diese übertriebene und etwas boshafte Kritik wird
jeder Hrn. Heg gern in Schutz nehmen, der das erwähnte
Dild mit unbefangenem Auge betrachtet hat. Der Vcr-
■ gleich mit Mantcgna in Hinsicht des Costüms ist ganz
unstatthaft, und eher könnte man tadeln, daß einige Fi-
guren fast unverändert antiken Vorstellungen »achgebildct
sind. Im Allgemeinen nähert sich die Auffasfungsweisc
allerdings der des Raphael und Giulio Romano, ohite
sich doch die Freiheiten ZN gestatten. die sich Raphael in
seinem Parnaß genommen bat. Wer hat aber den Geist
der Aniikc nach dem Stand der damaligen Kenntnisse
besser aufgcfaßt. als die beide» genannten Meiner? Diese
Frage wird der sranz. Kritiker belachen und ebne Vc-
benken zur Antwort geben: David und seine Schtilc!
Aber obgleich Raphael dem Apollo unschicklicherweise die
Geige in die Hand gab, und weit weniger vom griechi-
schen Costüm wußte, als David, steht er lcziercm doch
weit voran in frischer und lebendiger Behandlung des
antiken Stoffs. Und wen» Davids Werke längst auch un-
ter de» Franzosen alS Theaterrcprästntationen anerkannt
sind, werden Giulio Romano's Compositivnen noch mit
ihrer ursprünglichen und a<vt antiken Heiterkeit uns be-
zaubern. Daß der Parnaß von Heß auch in Hinsicht
der Färbung mit einem Bilde von Giulio Romano rcr-

Achnliches Lob und ähnliche Vorwürfe kann man
Hrn. Cornelius über sein Titelblatt der Nibelungen ma-
chen. Wir gestehen, daß wir eben so um seiner Schön-
heiten, wie um der Trockenheit der Ausführung und der
völlig gothischen Anlage der Composition Willen, beim
ersten Anblick auf den Gedanken kamen, dies Werk ftp
von Albrecht Dürer oder einem seiner Zeitgenossen. Ob
dies Werk in Deutschland eine populäre Wirkung gemacht,
ist uns unbekannt; aber versichern können wir, daß zu
Paris nur die kleine Anzahl derer seinen Werth erkannt
und Geschmack daran gefunden hat, welche Gelehrsamkeit
besitzen und die alten Kupferstiche und alten Meister ken-
nen. Was uns persönlich betrifft, die wir dies Werk sehr
hoch halten, so setzen wir es in die Klaffe derer, die, wie
Bnrier's Uebersetzung des Herodot, voll von Verdiensten
und dennoch schwer zu verstehen sind.

(Die Fortsetzung folgt.)

glichen wirb, kan» den Kennern, welche wissen, wie vor-
trefflich dieser Künstler z. B. in dem Bilde des heiligen
Stephanus in Genua colorirt bat, nicht als Tade! er-
scheinen ; unser Kritiker nennt aber die Farbe rauchig
und röthlich, ohne Zweifel in Vergleich mit den bunten,
blendenden und geschminkten Bildern der »euere» franzör
fischen Meister i» der Gallcric Lüpembourg, neben denc»
freilich auch der schönste Raphael und Tizian schwärzlich
und räucherig erscheinen müßt?. Mir ist. außer Echict's
Apoll unter den Hirten. kein größeres Oelgemälde neue-
rer Zeit bekannt. das mehr Kraft und Wahrheit der
Farbe, mehr Transparenz der Töne und mehr Zartheit
in Ausführung des Einzelnen besäße, als der Parnaß
von Heß. Einige Figuren. »amciitlich die im Vorder-
grund sitzende Muse, können als Meisterwerke in dieser
Hinsicht gelte». Die Massen sind sehr verständig geord-
net und die Kraft und Klarheit, womit sie behandelt
sind, zeigt von der tiefen Einsicht des Künstlers in die
Gesetze des Helldunkels. Rur das Gebüsch hinter dein
Apoll ist zu dunkel^geratben. Es ist z» bedauern, daß
Hr. Heß nicht einmal eine» Umriß von seinem Gemälde
bekannt gemacht hat, woraus man wenigstens hätte sehen
können, wie übertrieben die Vorwürfe sind, welche der
sranz. Kritiker der Eompositiv» und Zcichnnnq ma»t.
Auch haben andere französische Blätter dies Gemälde weit
günstiger benrtheilt.

Rom, den l o. Aug u ft.

Das Julius-Bulletin des Instituts archäologischer
Korrespondenz enthält folgende interessante Nachrichten:
Im Bezirk der alten Stadt Falern, jezt daS Eigen-
thum des Grafen Lozzano, hat man angefangen, ein altes
Theater auszugraben. Seine Breite soll über mm Pariser
Fuß betragen. Es ist von Peperin gebaut. Man hat da,
wo die Scene war, verschiedene Sachen gefunden, alS da
sind: die Statue einer Frau von carrarischem Marmor,
11 Palme 2 One. hoch, an welcher der rrchte Arm fehlt.
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