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zwei Nymphen, von welchen die eine der andern die Mu-
schel darreicht, um sie beim Flechten ihrer Haare zu un-
terstützen. Diese Gruppe schließt auf der linken Seite
vom Beschauer das ganze Bild. Es ist nicht 411 längnen,
daß die Erfindung eben so angemessen als einfach ist. Des
Tages Vorherverkündigung, seine wirkliche -Erscheinung,
seine Spenden und Segnungen und das Erwachen der
Natur, die Arbeit und der Zeitvertreib der Menschen,
dieß alles ist auf eine sinnige, klare und zugleich kräftige
Weise ausgesprochen. Auch ist die Gruppirung im Ein-
zelnen und im Ganzen sehr wohlgefällig. Insbesondere
ziehen den Beschauer die drei leicht verschlungenen Horen
und die beiden Hirten an. In der Ausführung durch die
Hand des Bildhauers M a ck hat die Composition durch-
aus nicht von ihrer Lebendigkeit und Harmonie verloren.
Derselbe hat sich des Hoch-Reliefs bedient und somit meh-
rere Figuren beinahe ganz in den natürlichrunden Ver-
hältnissen der Wirklichkeit hervortreten lassen. Dieß war
für sein Local wohlberechnet. Denn, weil seine Arbeit nur
in den ersten Morgenstunden gute Beleuchtung hat, so
wußte er durch kräftige Massen den Effekt erkaufen. - Der
grünliche Sandstein, aus welchem die Reliefs gearbeitet
sind, eignet sich dafür in hohem Grade, weil er einen
weichen milden Ton hat. Vorzüglich ist die Bearbeitung
dieses Steins bei den weiblichen Figuren und bei dem
Neckargott gelungen, und die Behandlung der Pferde, ob-
wohl der antiken Norm sich annähernd, ist naturgetreu;
wie denn auch dem Künstler die gewünschten Modelle aus
dem königlichen Stalle gewährt worden sind, um ihn zu
fr würdiger Leistung in den Stand zu setzen.

DaS Gegenstück dieser Darstellung auf dem Fronton
der westlichen Seite des Hauses zeigt in der Mitte die
Göttin des Mondes, wie sie in ihrem mit zwei Rossen be-
spannten Wagen die Nacht heraufführt und zugleich ihre
wohlthuenden Stralen verbreitet. Mit der rechten Hand
hält sie die brennende Fackel empor, die Linke ist mit dem
Schleier beschäftigt, den der Nachtwind in schwellenden
Bogen um ihr Haupt flattern macht. Das Diadem schlingt
sich um ihre Stirne, und in schönen Falten legt sich das
Gewand um die hohe Gestalt. Unmittelbar hinter ihr schwebt
der Thau, in weiblicher Jugend, und laßt ans der Mu-
schel seine erquickenden Tropfen auf die Gewächse fallen.
Die Menschen sind schon in den Schlummer gesunken.
Eine Mutter drückt ihr schlafendes Kind sorgsam an die
Brust und nickt über ihrem stillen Wachen ein, während
der Sohn sich mit dem Haupte auf das Knie der Mutter
lehnt und schlummert, von demselben Schleier bedeckt, der
über die Mutter sich herzieht. In der Ecke sitzt mit vorge-
beugtem müden Haupt ein schlafendes Mädchen. Auf der
'andern Seite hingegen im Angesichte der auffahrenden Göt-
tin sitzt, vorwärts nach dem Beschauer gewendet, die per-
sMifiurte Württembergia, mit dem Scheffel aus dem Haup-

te, ernst und streng in den Mantel gehüllt und das Horn
des Ueberflnsses im Arme haltend. Vier Kinder spielen
um sie her. Zwei an ihrer rechten Seite reichen der Mut-
ter Blumen und Aehren dar; ein drittes, links, hält die
Traube hoch empor und zeigt diese dem vierten, welches
scherzend neben dem ruhenden Löwen, dem Wappenhalter
und Symbole des königlichen Wahlspruches, ausgestreckt
ist. Den Schluß dieser Scene bildet der schlummernde
Jäger, Endymion, über welchen zwei Nymphen die Aeste
einer Eiche zur Laube biegen, um die sehnsüchtige Göttin
zum Besuche des Geliebten einzuladen. Aus dem Hinter-
gründe treten die Sterne hervor, um beh Eindruck des
Ganzen zu vollenden. — Diese gelungene Composition
bringt eine höchstbefricdigende Wirkung hervor. . Es ist
eine Ruhe über das Bild ausgebreitet, welche um so mehr
anspricht, als sie unter dem wachsamen Auge der segnen-
den Göttin am Himmel und der De» tutcWis und ihrer
Genien ans Erden gepflegt wird. Die Gruppe der Lan«
dcspatronin und der umgebenden Kinder ist überaus schön,
wie die Gruppe der schlafenden Familie rührend ist. In
der plastischen Ausführung durch den Meisel des Hofbild-
hauers Distelbarth ist das Ganze absichtlich flacher ge-
halten, als bei Mack, und nimmt sich bei fast immer
guter Beleuchtung und gehörigem Raume zur Ansicht an
Orr und Stelle großartig aus. Diana und der Thau sind
mit besonderer Kraft und Naturtreue gefertigt. Einst-
weilen sind die Reliefs in beiden Frontons nur in Gypö
ausgestellt und mit Steinfarbe angestrichen, bis die Bear-
beitung des Steines fertig seyn wird. Vor wenigen Wo-
chen ist Distelbarth mit seinen Figuren zu Ende ge-
kommen, und auch die mühsamere Arbeit Mack's nähert
sich dem Ziele. In den Werkstätten beider Künstler ist
für jetzt noch die nähere Besichtigung ihrer Arbeiten ge-
währt. Man wird auch in der näheren Prüfu g die Treff-
lichkeit des Sandsteines anerkennen, dessen Haltung und
Dauer von den Meistern verbürgt wird, wenn auch die
vorgenannten Werke nicht unter einem Vordach Schutz ge-
gen Regen und Sturm bekämen.

Gehen wir von den zwei größer» Frontons zu den
vier kleineren über, welche die Seitenportale bedecken und
je zwei eines der beiden Hauptportale einschließcn, so be-
gegnet uns auch hier Bildhanerarbeit. Idee und Aus-
führung gehört hier dem Bildhauer Theodor Wagner
an. Nach der ursprünglichen architectonischen Anlage sind
diese Frontons zu klein, um historische oder allegorische
Gruppen. ausnehmen zu können. Weßhalb denn in der
Mitte derselben Nischen in Form von Medaillons ange-
bracht worden sind, in deren jeder die colossale Büste ei-
ner griechischen Gottheit und zu deren Seiten chimärische
Thierfignren stehen. Auf dem westlichen Theile befinden
sich rechts Apollo, links Diana; auf dem östlichen rechts
Neptun, links Flora. Dem Apollo sind zwei Chimären
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