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N°. 77

Kunst-Blatt.

Dienstag, 23. September 1 8 3 2.

Ucbcr die Kunstwerke des königlichen Landhauses
Rosen stein bcy Stuttgart.

Zweiter Bericht.

(Beschluß.)

Die zweite Scene, welche den Kreis aller vorher-
gehenden Darstellungen vollendet, vergegenwärtigt das
Hochzeitmahl von Amor und Psyche. An der Tafel sitzen
Jupiter und Juno; rechts von diesen Amor und Psyche,
die Neuvermählten, welche in seliger Umarmung nur sich
selbst angehören, während Juno den Tönen Apolls und
seiner Begleiterinnen lauscht, Jupiter seine Blicke auf den
mit Auffüllen der Schale beschäftigten Ganymed heftet.
Dieser kniet bei seinem Geschäfte vor einem großen Wein-
kruge, in welchen ein Amorin ein kleineres Gefäß aus-
leert. Ein anderer Amorin, welcher mit diesen vor dem
Tische sich befindet, berauscht sich aus einer Trinkfchale;
zwei weitere füllen einen Korb mit Früchten und ein drit-
ter sieht ihnen zu. Zur Seite des Königspaares sitzen
Bacchus und Ariadne, neben Amor und Psyche hingegen
Vulcan und Venus am Tische. Auf den Schoos der Ve-
nns legt ein Amorin sein Köpfchen mit verschlungenen
Armen. — Auch diese schvngeordnete Mittelgruppe ist von
einem reichen. Kreis umgeben. Auf der Seite des Amor
und seiner unsterblichen Psyche spielt Apollo das Hochzeit-
lied. Um-ihn her sitzen vier Musen, spielend und singend.
Dreie tanzen, und zwei ernstere sitzen weiter zurück.
Herrlich ist diese Gruppe, so harmonisch im Ganzen, als
reizend in ihren einzelnen Gestalten. Auf der entgegen-
gesetzten Seite sitzt Pan, in den Gesang der Musen und
das Spiel des Citharöden mit seiner Orgelpfeife einstim-
mend. Ceres und Flora deuten erfreut, nach den Glück-
lichen hin. Triton stützt sich auf eine umgelegte große
Vase, der Wasser entströmt, und hält das Ruder in der
Rechten fest: seine Augen sind nach der vorigen Scene
hinnbergewendet, in welcher Psyche den Trank der Un-
sterblichkeit empfängt. Vor ihm liegt Saturn, das ma-
gere, doch uicht häßliche Gegenbild zu der Heroenfülle des
Herkules und zu der Lebensfrische und dem.Jugendreize

der übrigen Göttergestalten. Hinter diesen Figuren tan-
zen in lieblicher Umschlingung die Grazien, lieber dem
Ganzen in der Mitte, zunächst über der olympischen Ta-
fel, schweben die Horen und streuen duftige Blumen auf
den Tisch herab.

Diese beiden großen Scenen sind durch die.Gestalten
des Neptun und der Thetis, unter welchen das Meer
in großartiger Stille ruht, und durch die des Pluto
und der Proserpina, unter denen aus dem Aetuakrater
das höllische Feuer hervvrbricht, auf eine sehr an-
genehme Weise verknüpft und abgeschlossen. Thetis ist in
einen blauen Mantel gehüllt und beugt sich vorwärts;,
eine treffliche Gestalt. Neptun ruht auf einem Delphin,
Pluto an den Cerberus gelehnt; jener halt den. Drei-,
dieser den Zweizack. Die Aufmerksamkeit dieser Figuren
ist nach den verschiedenen Scenen gewendet; sie ist es,
die vorzüglich beide Kuppclbilder unter sich zum wohlge-.
fälligen harmonischen Ganzen vereinigt.

Das milesi'sche Mährchey des Agulejus ist eine will-
kürliche Uebcrarbeitung und zi Th. Umgestaltung, des alten
iuhaltvollen. Mythus, von welchem sich manche Darstel-
lungen auf. antiken Denkmalen erhalten haben, wie solches
von Hirt (in den Abhandlungen der König!. Academie
der Wissenschaften zu Berlin in den Jahren 1812 — 1S15)
znsammengestellt und gedeutet worden ist. So anmuthig
sich diese Ausschmückung durch den späteren Platoniker le-
sen läßt, so ist es doch nicht selten schwer, den rechten
Sinn, welcher dem Mährchen zum Grunde liegt und seine
Verwandtschaft mit der älteren philosophischen Mythe ver-
räth, wahrzunebmen. Namentlich ist cs nun die Aufgabe
des wahren Künstlers, in der Bearbeitung dieses Stoffes
neben dem Augenfälligen, was für die äussere Darstellung
sich eignet, und über dem Fremdartigen, was den rechten
Standpunkt der Erzählung sehr leicht verrücken mgg, di.«
eigentlichen Elemente der ganzen Fabel festzuhalten und
vorauzustelle». Diese sind unstreitig die Vorzüge, der
Psyche; ihr dadurch herbeigeführtes.Verhältnis! zu Amor;
ihre Schuld; das damit verbundene Leiden, Prüfungen,
Buße, Sühnung; endlich die selige Wiedervereinigung mit
Amor. In der antiken Mythe ruht das Ganze auf einem
Register
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